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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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Oder beruht alles auf bloßer Annahme?«
    »Morgen bekommen wir einen Durchsuchungsbefehl für ihr Haus. Aller Voraussicht nach dürfte sie die Zähne behalten haben. Das sage ich dir, weil ich dich respektiere und dir vertraue.«
    »Gut«, erwiderte ich. Auf meinem linken Knie flammte
fallen
auf. »Ich muss Amma rausholen.«
    »Heute Abend passiert noch nichts. Du kannst ganz normal nach Hause gehen. Verhalte dich so natürlich wie möglich. Morgen nehme ich deine Aussage auf, sie wird den Fall weiter erhärten.«
    »Sie hat mir und Amma Medikamente gegeben, uns vergiftet.« Mir wurde wieder übel.
    Richard nahm die Hand von meinem Bein.
    »Camille, wieso hast du mir nichts davon gesagt? Wir hätten dich untersuchen lassen. Verdammt, das wäre so wichtig für den Fall gewesen.«
    »Danke für das Mitgefühl.«
    »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du überempfindlich bist?«
    »Noch nie.«
     
    Gayla stand an der Tür, ein wachsamer Geist im Haus auf dem Hügel. Dann war sie weg, und als ich neben der Veranda parkte, ging im Esszimmer das Licht an.
    Schinken. Ich roch ihn, bevor ich die Tür erreicht hatte. Kohl und Mais. Alle saßen reglos da wie Schauspieler, die darauf warten, dass sich der Vorhang hebt. Szene: Beim Abendessen. Meine Mutter steif am Kopf der Tafel, flankiert von Alan und Amma, mein Platz am gegenüberliegenden Ende. Gayla rückte mir den Stuhl zurecht und kehrte mit raschelnder Schwesterntracht in die Küche zurück. Ich konnte keine Krankenschwestern mehr sehen. Unter den Dielenbrettern rumpelte die Waschmaschine wie ehedem.
    »Hallo, Liebes, war’s nett heute?«, rief meine Mutter zu laut. »Setz dich, wir haben auf dich gewartet. Wir wollen doch noch einmal alle zusammen essen, bevor du fährst.«
    »Wer sagt, dass ich fahre?«
    »Sie werden deinen kleinen Freund verhaften, Liebes. Sollte ich etwa mehr wissen als die Reporterin?« Sie wandte sich an Alan und Amma und lächelte wie eine freundliche Gastgeberin, die Häppchen herumreicht. Dann läutete sie ihr Glöckchen, und Gayla trug den Schinken in wabbliger Gelatine auf einem Silbertablett herein. Ein Stück Ananas war seitlich heruntergerutscht.
    »Du schneidest an, Adora«, sagte Alan zu meiner Mutter.
    Zarte blonde Strähnen flatterten ihr ins Gesicht, während sie den Schinken in fingerdicke Scheiben schnitt. Ich schüttelte den Kopf, als Amma mir meine Portion geben wollte.
    »Kein Schinken«, murmelte meine Mutter. »Die Phase hast du also immer noch nicht überwunden.«
    »Die Phase, in der ich keinen Schinken mag? Nein, in der Tat nicht.«
    »Meinst du, John wird hingerichtet?«, fragte Amma. »Denk nur, dein John in der Todeszelle.« Meine Mutter hatte sie mit einem weißen Sommerkleid mit rosa Bändern ausstaffiert und die Haare zu festen Zöpfen geflochten. Der Zorn drang ihr wie ein unangenehmer Geruch aus allen Poren.
    »In Missouri gilt die Todesstrafe, und die Art, wie die beiden Mädchen getötet wurden, schreit geradezu nach der Todesstrafe. Falls überhaupt jemand die Todesstrafe verdient hat«, sagte ich.
    »Haben wir noch den elektrischen Stuhl?«, erkundigte sich Amma.
    »Nein«, meinte Alan. »Iss dein Fleisch.«
    »Todesspritze«, murmelte meine Mutter. »Als schläferte man eine Katze ein.«
    Ich stellte mir meine Mutter vor, auf einer Liege festgeschnallt, wie sie Nettigkeiten mit dem Arzt austauscht, bevor er die Nadel einführt. Wie passend für sie, an einer vergifteten Nadel zu sterben.
    »Camille, welche Märchenfigur wärst du am liebsten?«, fragte Amma.
    »Dornröschen.« Es wäre himmlisch, sein Leben im Traum zu verbringen.
    »Ich wäre gern Persephone.«
    »Keine Ahnung, wer das sein soll«, sagte ich. Gayla klatschte mir Kohl und frischen Mais auf den Teller. Ich zwang mich zu essen, Korn für Korn. Bei jedem Bissen würgte es mich.
    »Sie ist die Königin der Toten«, meinte Amma strahlend. »Sie war so schön, dass Hades sie in die Unterwelt entführte und zur Frau nahm. Ihre Mutter zwang Hades, Persephone zurückzugeben. Aber nur für sechs Monate im Jahr. Also verbringt sie eine Hälfte ihres Lebens mit den Toten und die andere mit den Lebenden.«
    »Amma, was reizt dich bloß an dieser Figur?«, fragte Alan. »Manchmal bist du schauderhaft.«
    »Persephone tut mir leid, weil sich die Lebenden vor ihr fürchten. Und selbst bei ihrer Mutter ist sie nicht glücklich, weil sie weiß, dass sie bald wieder unter die Erde muss.« Sie grinste Adora an und schob sich ein dickes Stück Schinken in den
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