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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo
Autoren: Elizabeth Corley
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gestülpt, Routine, als wäre sie bereits tot. Hände griffen aus dem Licht heraus nach ihr.
    »Nein.« Sie schüttelte sie ab. Die Leute traten zurück.
    »Hat eine Penetration stattgefunden, Nightingale?«
    »Was?« Sie starrte fassungslos in das vertraute Gesicht.
    »Hat eine Penetration stattgefunden? Falls ja, brauchen wir eine Urinprobe. Reine Routine, Sergeant.«
    Sie hörte eine Stimme »um Gottes willen« murmeln, als sie die Faust hochschnellen ließ, die mit einem befriedigenden Knacken das Kinn von Detective Inspector Blite traf.
    »Sie Scheißkerl!«
    Irgendwo lachte jemand.
    »Wayne Griffiths, Sie sind verhaftet …«
    Die Worte drangen über den Rasen hinweg zu ihm, während er zusah, wie sein Freund abgeführt wurde. Er hielt sich seit Stunden versteckt. Sein Plan war ganz einfach gewesen: Er wollte Waynes neuerlichen Versuch, sich seiner Welt würdig zu erweisen, beobachten und kritisieren. Doch jetzt war der Junge verschwunden, und er konnte nichts tun, um ihn zu retten. Er war wütend und verwirrt. Die Festnahme hatte seine Weltordnung auf den Kopf gestellt. Wie war das möglich? Wie war die Polizei Wayne auf die Spur gekommen? Diese Frau, wer war sie? Sie hatten sie Sergeant genannt – war sie Polizistin? Wie konnte der Junge nur so blöd gewesen sein?
    Er war auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen, er hatte sich so sehr auf eine Frau fixiert, dass er in die Falle getappt war. Zugegeben, sie war fast perfekt, aber es gehörte doch gerade zu der Prüfung, sich von Frauen nicht betören zu lassen, und sein Schüler hatte ihn enttäuscht. Wenn sie nicht gewesen wäre … Er unterdrückte den Gedanken. Für Bedauern war keine Zeit.
    Er musste die Wohnung sauber machen, bevor die Polizei die Adresse herausfand. Wenn er alle Spuren entfernte, bestand noch eine Chance, dass die Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichten. Es gab Mittel und Wege, selbst die fundierteste Anklage ins Wanken zu bringen, vor allem, wenn sie sich auf einen Hinterhalt der Polizei stützte. Falls keine anderen Beweise vorlagen, konnte eine gute Verteidigung in den Köpfen der Geschworenen genügend Zweifel säen.
    Er hatte das Geld und die erforderlichen Kontakte, um für die besten Verteidiger zu sorgen. Er wollte seinem Schüler zeigen, dass er ihn nicht im Stich ließ; was nicht heißen sollte, dass er dessen Loyalität in Frage stellte, sie war absolut. Aber er würde nicht versuchen, ihn gegen Kaution freizubekommen. Seine Dummheit hatte Strafe verdient, und ein längerer Aufenthalt im Gefängnis würde dem Jungen eine Lektion erteilen, die er dringend brauchte.
    Derweil würde er von der Bildfläche verschwinden. Er würde bis zum Prozess untertauchen müssen. Falls die Anklage zusammenbrach, könnten sie sich wieder zusammentun und woanders weitermachen.
    Froh darüber, seine Selbstsicherheit wiedergewonnen zu haben, sprintete der Beobachter über das Gras davon und verschwand in der Dunkelheit.

Ein Jahr später
    »Würdest du auch allein reingehen? Ich weiß, ich sollte mitkommen, aber …« Er blickte weg, schämte sich seiner Furcht vor dem, was sie drinnen erwartete.
    »Nein, schon gut, ich mach das allein. Aber warte hier auf mich.«
    Sie stieß eine schwere, mattrot lackierte Eisentür auf und ging an Schildern in einer Fremdsprache vorbei, mit der sie nichts anfangen konnte. Ein unangenehmer chemischer Geruch drang durch ihre zusammengebissenen Zähne und füllte ihre Kehle mit einer beißenden Süße, von der sie würgen musste. Die Luft war kalt, der Korridor leer. Ein nacktes Fenster am hinteren Ende ließ grelles Licht herein, das ihren Schatten zurück Richtung Tür jagte.
    In der Mitte der Decke hing an Stahlketten ein Schild herab, auf dem neben den stilisierten Umrissen einer Kapelle ein schwarzer Pfeil nach rechts zeigte. Sie folgte dem stummen Hinweis und bog ab, ließ das Sonnenlicht vom Fenster am Ende des Korridors hinter sich. Nackte Glühbirnen an den Wänden beleuchteten jetzt ihren Weg.
    Sie gelangte zu einer weiteren massiven Tür, auf der die Umrisse der Kapelle unter einer abblätternden Plastikbeschichtung zu sehen waren. Sie drückte die Klinke herunter, aber die Tür war verschlossen. Alles war totenstill, doch dann hörte sie das leise Klacken von Fingern auf einer Tastatur, und sie ging dem Geräusch bis zu einer Bürotür nach. Sie klopfte leise an und trat ein.
    »Si?« Eine junge Frau mit schweren Lidern und dunklen Augen blickte auf, sichtlich verärgert über die
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