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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon
Autoren: Sarah Dessen
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Bildschirm. »Naja,« sagte ich, »Wrestling ist doch nichts weiter als . . .«
    »Also so was!« Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen und ihre rosa gelackten Zehen wackelten, während sie gebannt das Geschehen auf dem Fernsehschirm verfolgte. »Er wendet die Vierer-Griffkombination an. Armer Rex,
das
wird er morgen in den Knochen spüren. Ich verstehe trotzdem nicht, was El Gigantico an dieser Lola findet. Sie hat so was Billiges . . .«
    Ich hielt es nicht mehr aus: »Mira, weißt du nicht, dass Wrestling . . .« Endlich riss sie sich vom Bildschirm und damit von dem armen Rex Runyon los, dessen Kopf in einer Ecke des Rings gerade systematisch gegen die Bodenmatte gehämmert wurde, wieder und wieder und wieder, während das Publikum laut mitzählte.
    »Was soll ich wissen?«, fragte sie gut gelaunt. Und einen Augenblick lang wünschte ich mir, dass auch sie beschriftet wäre, ein Hinweisschild trüge, damit ich wusste, was ich als Nächstes zu tun hatte.
    |26| »Nichts. Ich . . . ich habe vergessen, was ich sagen wollte.« Sie nickte und widmete sich wieder dem Kampf im Fernsehen. Ich war die Neue hier und hatte wahrhaftig nicht vor gleich am ersten Tag ins Fettnäpfchen zu treten und ihr schonend beizubringen, dass Wrestling reine Show ist.
    Deshalb schaute ich mit ihr zu, wie Rex Runyon neuen Aufschwung bekam und zum Gegenangriff gegen El Gigantico überging. Er sprang auf seinen Rücken und brachte ihn zu Fall, wie David, als er Goliath besiegte. Über dem Wasser ging allmählich die Sonne unter. Norman zog seine Schaufensterpuppen an ihren kopflosen Hälsen ins Haus. Mira applaudierte, jubelte und war mit vollem Ernst bei der Sache. Kater Norman saß auf der Fensterbank und leckte sich sorgfältig die Pfoten, eine nach der anderen. So begannen meine Sommerferien.

|27| 2
    Eine Stunde lang schauten wir uns gemeinsam Wrestling an. Ergebnis: vier Kämpfe, jede Menge Zoff und zwei Schiedsrichter, die zwischen die Fronten gerieten und zusammengeschlagen wurden.
    Erst als die Regionalnachrichten anfingen, schaltete Mira den Fernseher aus. »So, jetzt brauche ich dringend ein Sandwich oder so was. Hast du Hunger?«
    »Ja.« Es fiel mir jetzt erst auf, aber es stimmte: Ich hatte Hunger.
    »Oben an der Ecke ist ein kleines Restaurant, in dem man sehr gut essen kann!«
    »Okay.« Ich kramte in meiner Tasche nach dem Geld, das meine Mutter mir zugesteckt hatte, als ich in den Zug gestiegen war.
    »Warte, ich bezahle, zur Feier deines ersten Tages hier.« Aus ihrer Handtasche – einem gigantischen Teil aus pinkfarbenem Vinyl, das garantiert vom Flohmarkt stammte – zog sie einen Zwanziger und hielt ihn mir hin.
    »Kommst du nicht mit?«
    »Nein, ich bleibe hier. Ich war heute schon einmal in der Stadt. Und du kannst gleich deine neue Umgebung ein bisschen besser kennen lernen und bekommst ein Gefühl dafür, wie es bei uns zugeht«, sagte sie beiläufig. |28| Beim Sprechen zog sie den Kugelschreiber aus ihrer Nicht-Frisur und platzierte ihn mit Schwung an einer anderen Stelle in dem Vogelnest auf ihrem Kopf. »Außerdem hat das Fahrrad nur einen Sitz. Es sei denn, du möchtest auf der Lenkstange mitfahren. Aber als wir das neulich versuchten, fuhr ich prompt gegen einen Stein, Norman wurde runtergeschleudert und landete an einem Zaun, mitten in die Brennnesseln. Ausgerechnet! Es war eine Katastrophe.«
    »Moment.« Ich kam nicht ganz mit. »Ich soll mit dem Fahrrad fahren?«
    »Natürlich. Es steht vor dem Haus.« Sie stand auf und knotete den Gürtel ihres Kimonos enger. »Keine Angst, es hat Licht und alles. Und zum Last Chance geht es immer geradeaus. Du musst nur auf das große Schlagloch und auf den Rottweiler der Masons aufpassen und schon hast du es geschafft.«
    »Ach ja?«
    »Der Salat mit Croûtons, Parmesan und gegrilltem Hühnerfleisch ist fantastisch.« Beim Sprechen ging sie Richtung Küche. Die Tür knarrte, als Mira sie öffnete. »Und du bestellst dir einfach, was du möchtest.«
    Ich wollte noch etwas sagen, aber sie war verschwunden. Ich hörte, dass sie nebenan leise vor sich hin summte, als habe sie meine Anwesenheit schon längst wieder vergessen. Ich ging auf die Veranda. Beim Anblick des Schildes neben der Tür   – KLINGEL – kam ich mir endgültig vor, als sei ich im Zentrum eines wilden Wirbelsturms gelandet. Genau wie Dorothy, als sie nach Oz hineingeschleudert wurde; nur dass in meinem Fall weit und breit keine gute Hexe in Sicht war, die mich hätte retten können.
    |29| Aber
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