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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon
Autoren: Sarah Dessen
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setzte mich im Bett auf und hatte einen Augenblick lang vergessen, wo ich war. Doch dann kam alles wieder: der Zug, Norman, Wrestling, Isabels Schönheitstipps. Die Haut auf meinem Gesicht fühlte sich trocken und gespannt an. Meine Wimpern klebten zusammen – von den Tränen, die ich nicht mehr weinte.
    »Colie?« Miras Stimme, direkt vor meiner Tür. »Liebes, du hast Besuch.«
    »Besuch?«
    »Ja. Unten.« Bevor sie wegging, trommelte sie kurz mit den Fingernägeln an die Tür. Ich kam mir vor wie in einem Traum.
    Ich zog meine Jeans wieder an, öffnete die Tür und blickte die Treppe hinunter. Unten brannten sämtliche Lampen. Das konnte doch nur ein Witz sein. Nicht einmal zu Hause bekam ich je Besuch. Wie dann an einem Ort, an dem ich vor weniger als vierundzwanzig Stunden angekommen war?
    Langsam stieg ich die Treppe hinunter und blinzelte, weil das Licht immer heller wurde. Alles fühlte sich total seltsam an, so als hätte ich eine Ewigkeit geschlafen. Kurz bevor ich die unterste Stufe erreichte, entdeckte ich bei der Tür zwei Füße in Sandalen. Zwei Schritte weiter dann die dazugehörigen Waden, Knie und schließlich eine Wespentaille, um die eine Windjacke geschlungen war. Noch zwei Schritte und ich sah |39| die Spitzen blonder Haare, einen Schmollmund und schließlich jene Augen, die mich aus Schlitzen anschauten, wie schon einige Stunden zuvor. Ich blieb stocksteif stehen.
    »Hi.« Isabel hatte die Arme über der Brust verschränkt. »Hast du einen Moment Zeit?«
    Ich zögerte und dachte an Caroline Dawes und all die anderen Mädchen, die waren wie sie und mit denen ich nichts mehr zu tun haben wollte.
    »Ich wollte nur kurz mit dir reden.« Ihre Stimme klang beleidigt, so als hätte ich bereits mit Nein geantwortet. Doch dann holte sie tief Luft und blickte rasch nach draußen. Aus irgendeinem Grund schien sie das zu beruhigen. »Kommst du eben mit raus?«
    Ich hab echt keine Ahnung warum, aber ich antwortete: »Ja.«
    Isabel wandte sich ab und ging auf die Veranda. Dabei ließ sie die Tür mit dem Fliegengitter einfach hinter sich zufallen, so dass ich sie auffangen musste, bevor ich ihr folgen konnte. Sie lehnte sich an einen Pfosten, biss sich auf die Lippen und schaute in den Garten hinaus. Leider musste ich zugeben, dass sie aus der Nähe betrachtet sogar noch hübscher war: ein ebenmäßig herzförmiges Gesicht, große blaue Augen, helle klare Haut, kein Mitesser weit und breit. Wenigstens wurde es dadurch einfacher, sie nicht ausstehen zu können.
    Wir schwiegen.
    Bis sie unvermittelt sagte: »Also, tut mir
Leid
, okay?« Es klang, als hätte ich eine Entschuldigung von ihr gefordert und sie müsste sich verteidigen.
    Ich sagte nichts, sah sie bloß an.
    »Was ist denn? Was willst du noch?«
    |40| »Isabel.« Aus den Schatten unterhalb der Veranda löste sich Morgans Gestalt. Ihr Gesicht wirkte ernst und streng. »So war das nicht verabredet, das weißt du genau.«
    »Doch«, erwiderte Isabel brüsk.
    »Mach es genauso, wie ich es dir gesagt habe.« Morgan blieb gelassen. »Sag’s noch einmal, und zwar so, als würdest du es auch meinen.«
    »Kann ich nicht . . .«, antwortete Isabel.
    »Los. Jetzt sofort.« Morgan kam die Stufen herauf und nickte mir zu. »Also?«
    Isabel strich ihre Haare glatt und sah mich an. »Okay«, legte sie los, »was ich vorhin gesagt habe, tut mir Leid. Ich kann manchmal sehr kritisch sein, wenn ich etwas nicht . . .« Sie unterbrach sich und blickte zu Morgan hinüber.
    Morgan soufflierte: »Verstehe.«
    »Wenn ich etwas nicht verstehe. Was ich zu dir gesagt habe, war unverschämt und beleidigend und außerdem hattest du mich nicht nach meiner Meinung gefragt. Ich könnte verstehen, wenn du mich jetzt zum Kotzen findest.« Wieder sah sie Morgan mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Aber?«, sagte Morgan auffordernd.
    »Aber«, meinte Isabel grummelig, »ich hoffe, dass du meine Entschuldigung annimmst.«
    Lächelnd nickte Morgan ihr zu. »Danke.« Dann sah sie mich an.
    »Schon gut.« Ich verstand den Wink. »Vergiss es einfach.«
    »Danke.« Isabel war bereits auf dem Rückzug Richtung Treppe.
    |41| »Siehst du?« Morgan drückte kurz ihren Arm. »So schwer war es doch gar nicht.«
    »Ich gehe heim.« Isabel hatte ihre Pflicht getan. Man sah es an ihrem Gang, denn sie hüpfte geradezu die Stufen hinunter und durch den Garten zu dem kleinen weißen Haus hinüber, das ich schon am Nachmittag gesehen hatte.
    Morgan seufzte. Sie sah aus der Nähe älter und spitzer
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