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Crash: Thriller (German Edition)

Crash: Thriller (German Edition)

Titel: Crash: Thriller (German Edition)
Autoren: Mark Alpert
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und sein Avatar war festgeschnallt. Aber er war nicht wehrlos.
    Er vermied es, dem Mann in die Augen zu sehen. Stattdessen richtete er den Blick auf die schwarzen Falten, wo das Kopftuch um seine Kinnlade geschlungen war. »Guten Tag, Bruder Cyrus«, sagte er.
    Der Mann verschränkte die Arme vor der Brust. Er trug schwarze Handschuhe. Kein Stück seiner Haut lag frei. Man konnte unmöglich sagen, ob er weiß oder schwarz oder irgendwas dazwischen war.
    »Guten Tag, Michael«, sagte er schließlich. Seine Stimme war leise, von dem Kopftuch gedämpft. »Bitte entschuldige mein Aussehen. Seit einem Unfall vor ein paar Jahren bin ich verunstaltet. Ich habe festgestellt, dass es für alle weniger beunruhigend ist, wenn mein Gesicht verborgen bleibt.«
    Einen Moment lang fragte sich Michael, was für eine Art Unfall es gewesen war. – Ein Feuer? Eine Explosion? Aber im Grunde spielte es keine Rolle. Er schaute ohnehin nicht gerne in Gesichter. »Wohin bringen Sie mich?«, fragte er.
    »Alles zu seiner Zeit, Michael, alles zu seiner Zeit. Es ist mir eine Freude, dich endlich kennenzulernen. Als junger Mann habe ich einmal Amil Gupta getroffen, deinen Großvater. Er war in den Fünfzigerjahren ein Assistent Albert Einsteins, richtig? Und er hat die Enkelin des großen Mannes geheiratet?« Bruder Cyrus kam näher. Die Falten in seinem Kopftuch verschoben sich, als er seinen Kopf neigte. »Amil war selber ein Genie, einer der besten Physiker seiner Generation. Ich war sehr bestürzt, als ich von seinem Tod erfuhr.«
    Michael wollte nicht über seinen Großvater reden. Amil Gupta hatte sein Versprechen gebrochen und versucht, die Einheitliche Feldtheorie publik zu machen. David hatte Michael gesagt, er solle nicht zu schlecht von seinem Großvater denken; der alte Mann sei krank geworden, sagte David, und die Krankheit hätte ihn veranlasst, all diese schrecklichen Dinge zu tun. Aber Michael glaubte das nicht. Er beschloss, seine zuvor gestellte Frage zu wiederholen, die Bruder Cyrus nicht beantwortet hatte: »Wohin bringen Sie mich?«
    Tamara machte einen Schritt nach vorn. »Michael! Ein bisschen mehr Respekt!« Dann beugte sie sich über seine Trage und schlug ihn ins Gesicht.
    Der Schmerz und die Überraschung waren so heftig, dass Michael Tränen in die Augen traten. Trotzdem wandte er den Blick nicht von Bruder Cyrus ab. Es ist nur ein Spiel, sagte er sich wieder. Nichts als ein Spiel.
    Cyrus zeigte mit einem behandschuhten Finger auf ihn. »Ich habe die letzten beiden Jahre damit verbracht, dich zu beobachten, Michael, und ich habe herausbekommen, dass du ein außergewöhnlicher junger Mann bist. In mancherlei Hinsicht bist du sogar außergewöhnlicher als dein berühmter Ururgroßvater.« Er kam mit seiner Hand näher und richtete seinen Zeigefinger mitten auf Michaels Stirn. »Ich rede jetzt nicht von deinen mathematischen Fähigkeiten, von all den Zahlen und Gleichungen, die du in dein Gehirn stopfen kannst. Nein, ich rede von deiner Unschuld. Von der Reinheit deines Geistes.«
    Michael wollte ihn ein drittes Mal fragen: »Wohin bringen Sie mich?«, aber er hatte Angst, dass Tamara ihm noch eine Ohrfeige geben würde, vielleicht härter als zuvor. Oder Cyrus würde ihn mit dieser großen, behandschuhten Hand schlagen.
    »Gott hat dir ein wundervolles Geschenk gegeben«, fuhr Cyrus fort. »Ja, dein Autismus ist ein Geschenk. Du kannst nicht lügen oder betrügen. Du kannst nicht absichtlich grausam sein. Deinem Geist fehlen all die bösen Antriebe, die das Menschengeschlecht so verachtenswert machen. In einer Welt voller Sünde zeigst du uns den Weg zur Erlösung.« Er spreizte die Finger. Sie schwebten nur ein paar Zoll über Michaels Augen. »Du bist ein Herold der kommenden Welt, mein Kind. Einer Welt ohne Sünde und Verwesung und Korruption. Das Himmelreich, das wir bald auf die Erde bringen werden.«
    »Amen«, flüsterte Tamara. Sie senkte den Kopf und starrte auf den Boden.
    Zu Michaels Erleichterung zog Cyrus seine Hand zurück und machte einen Schritt nach hinten. Seine Augen funkelten allerdings immer noch. »Der Herr hat uns eine große Aufgabe zugewiesen, Michael. Nach Amil Guptas Tod habe ich die Gerüchte über die Theorie gehört, die er aufgedeckt hat. Durch meine Informanten beim FBI und den anderen amerikanischen Geheimdiensten habe ich mir bestätigen lassen, dass es sich um Einsteins Einheitliche Feldtheorie handelt. Und ich sah, dass der Allmächtige mir ein Zeichen gab. Der Herr gab mir die
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