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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster
Autoren: Mira Becker
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Britta noch, es wäre eine Anspielung auf ihre Figur.
    Aber es ist schon geschehen. «Ach ja», stöhnt sie genervt. «Ich wünschte, mein Job würde mir mehr Zeit für Sport lassen, dann würde mich die neue Hose nicht schon wieder am Bauch zwicken.»
    Und ich wünsche mir insgeheim, lediglich ein Figurproblem zu haben, denke ich und hake mich bei meiner Freundin unter. «Was hältst du von ein paar privaten Trainingsstunden? Du hast mich mit so vielen Empfehlungen unterstützt, dass ich mich gern revanchieren möchte», sage ich und biete ihr spontan den Sonntag an. «Da hab ich immer frei, und bei dir könnte es auch klappen.»
    Überrascht blickt Britta mich an. «Nelly, was für eine phantastische Idee! Dafür lade ich dich zu einer Bulette ein.»
    Wie gesagt: Meine Freundin hat ein großes Herz.
    Unsere Stammkneipe ist ein uriges Lokal aus der Gründerzeit mit dunkel gewordener Holztäfelung an Wänden und Decke. Hier werden aber noch keine Busladungen mit Touristen vor der Tür ausgekippt, die Berliner Kneipenluft schnuppern wollen. Hier sind Krethi und Plethi noch unter sich.
    Wir finden zwei freie Plätze in einer gemütlichen Ecke und bestellen Bier und Buletten bei Rudi. Für seine berühmten Fleischklopse verwendet der immer gutgelaunte Wirt ausschließlich Fleisch von garantiert freilaufenden bayerischen Glückskühen, die auf saftigen Bergwiesen nur pestizidfreies Gras gefressen haben.
    «Hast du eine Ahnung, warum die Mitgliedschaften im Einzelnen gekündigt wurden?», erkundigt sich Britta, als wenig später unser Essen kommt. «Ich meine: Sind das faule, übergewichtige Couchpotatos, die lieber auf dem Sofa abhängen? Oder eher diese athletischen Fitnessfreaks, die unbedingt an coolen High-Tech-Geräten trainieren wollen?»
    «Wenn ich das wüsste, Britta», seufze ich deprimiert und stippe die köstlich duftende Bulette in den Mostrich.
    Verwundert blickt sie mich an. «Willst du mir weismachen, dass du deine Kunden nicht kennst? Es muss dir doch auffallen, wer nicht mehr zu den Stunden erscheint.»
    «Ja, das schon», räume ich ein. «Aber den tatsächlichen Grund kenne ich leider nicht. Kündigungen kommen doch schriftlich, und jemanden direkt darauf anzusprechen wäre taktlos. Außerdem hätte da bestimmt jeder eine Ausrede parat.»
    «Mmm», stimmt Britta mir kauend zu. «Dennoch würde ich mir an deiner Stelle mal die Konkurrenz in der Nähe ansehen.»
    Selbstbewusst straffe ich meine Schultern. «Ach, da gibt es nur dieses Sportzentrum in der Turmstraße. Und die bieten kein Yoga an.»
    «Sicher?», fragt meine besorgte Freundin.
    «Ja. Deshalb war Moabit ja so ideal für mich. Der Kiez ist eben noch nicht so ’ne In-Gegend wie Mitte, wo alle naslang ein neues Studio eröffnet. Ich habe die Nebenstraßen rund um die Bremer Straße gründlich gecheckt, bevor ich den Mietvertrag unterschrieben habe. Das kannst du mir glauben. Mein Laden liegt in einer 1-a-Lage mit direktem U-Bahn -Anschluss.»
    Andächtig wischt Britta den Mostrichklecks auf dem Tellermit einem Stück Schrippe zusammen. «Glaub ich dir ja alles, Nelly. Aber das war vor einer Ewigkeit, oder?»
    «Zwei Jahre, beinahe auf den Tag genau», relativiere ich.
    Energisch schiebt Britta ihren Teller zur Seite und mustert mich mit gerunzelter Stirn. «Aufwachen, Nelly! In zwei Jahren kann viel passieren. Man kann heiraten, ein bis zwei Kinder kriegen und sich wieder scheiden lassen. Oder eben mit einem kleinen Yogastudio Pleite machen, weil man immer noch keine eigene Website hat, ausgerechnet sonntags einen Ruhetag einschiebt und den neuen Fitnessclub in der Nachbarschaft ignoriert.» Ihre Stimme klingt vorwurfsvoll. «Moabit wird langsam, aber sicher auch hip. Ist dir nicht aufgefallen, wie in deiner Nachbarschaft immer mehr Häuser renoviert werden? Der Laden in der Turmstraße zieht die Leute magisch an wie ein Millionär arme Mädchen. Und wer auf der Suche nach einem Typen mit dicker Brieftasche ist, lernt ihn dort vermutlich eher kennen als nachts in irgendwelchen Clubs.»
    «Echt?», huste ich ungläubig, weil ich mich bei dieser Hiobsbotschaft glatt an meiner Bulette verschluckt hab.
    «Ja, echt, Miss-Augen-zu-und-schlafen-legen. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Fitnessclub nicht ganz unschuldig an deinem Mitgliederschwund ist. So leid es mir tut, dir das sagen zu müssen, Nelly: Der Laden ist nicht übel. Alles auf dem neuesten Stand. Jede Menge Geräte, dazu Sauna, Massagen und   –»
    «Trainierst du etwa fremd?»,
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