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Cosm

Cosm

Titel: Cosm
Autoren: Gregory Benford
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die interessierte Nachwelt die gemessene Strahlendosis ohnehin nur noch auf ihrem Grabstein lesen.
    Noch einmal bedankte sie sich bei allen, die die Umstellung von Gold auf Uran ermöglicht hatten, und bei den vielen Experten, die für die reibungslose Funktion des BRAHMS-Systems, einer der komplexesten Anlagen der Welt, verantwortlich waren. Und zugleich starrte sie wie gebannt auf die Bildschirme.
    »Zak, mein Junge, komm her.« Sie umarmte ihn. »Esist gar nicht die Liebe, die dafür sorgt, daß die Welt sich dreht – es sind die Postdocs!«
    Schallendes Gelächter. »Und die Diplomanden«, fügte sie hinzu und klopfte ihrem Schützling Brad Douglas anerkennend auf den Rücken.
    In diesem Zusammenhang fielen ihr die alten Blasenkammerdetektoren von Brookhaven ein, Druckbehälter, in denen die Elementarteilchen Blasenspuren hinterließen, die mit Bogenlampen sichtbar gemacht und mit Kameras aufgezeichnet wurden. Es kursierten viele Geschichten darüber, aber eine war besonders berühmt. Eine Propangasflasche war explodiert, und die Diplomanden hatten fluchtartig das Labor verlassen. Nur einem Postdoktoranden war plötzlich eingefallen, daß er womöglich seine Daten verlieren würde. Also war er wieder zurückgelaufen und – den Ausdruck mit den Daten in der Hand – von einer zweiten Explosion aus der Tür geschleudert worden. Kein Mensch hatte sich gewundert, daß er noch einmal hineingegangen war.
    »So viele Daten, ist das nicht herrlich?« Sie strahlte die Bildschirme an wie ein kleines Mädchen den Weihnachtsbaum.
    Die Urankerne strömten zügig dahin. Keine Störung. Großartig. Die Nuklei gelangten zuerst in einen gewöhnlichen Linearbeschleuniger, passierten dann den Booster-Ring und wurden schließlich in das große, kreisförmige Alternating Gradient Synchrotron geschleust. Damit wurden selbst Erfindungen, die einst den Nobelpreis gewonnen hatten, zu Handlangern der späteren Beschleuniger degradiert; ehemals berühmte Anlagen mußten sich nun damit begnügen, RHIC mit schnellen Kernen zu füttern.
    Zu Anfang, in jenen Goldenen Zeiten, die jetzt ihrem Ende entgegengingen, hatte die ganze Physikergemeinde wie gebannt auf diese Teilchenbeschleuniger gestarrt, die immer tiefer in das Gefüge der Wirklichkeit eindrangen und immer kleinere Nüsse knackten. Zwischen dem ersten Tisch-Zyklotron und jenem unglückseligen Superconducting Supercollider in Texas – der gar nicht mehr so super aussah, als er in die Luft flog und ein mehr als drei Milliarden Dollar teures, rennbahnförmiges Loch, eine kostspielige Wohnanlage für Feuerameisen und Präriehunde hinterließ – hatten Welten gelegen.
    Trotzdem war die Zuversicht ungebrochen, und von jedem neuen, noch größeren Beschleuniger wurde nach wie vor eine reiche Ernte an neuen Elementarteilchen und damit an neuen physikalischen Erkenntnissen erwartet. Dabei war der Teilchenzoo, wenn man dem Standardmodell glauben konnte, inzwischen nahezu komplett. Schließlich war, angefangen von den fetten Protonen bis hinunter zu den winzigen Leptonen und – Mitte der neunziger Jahre – zu den noch exotischeren Quarks mit jeder Erhöhung des Energieniveaus auch brav eine neue Teilchenspezies auf der Bildfläche erschienen. RHIC jagte nun nach größerem Wild – nach einem neuen Materie-Regime.
    »Zeichnet tadellos auf«, rief sie Zak zu.
    »Stimmt, ist das nicht großartig?« Dies war der erste Versuch, den er von Anfang an miterlebte, und seine Augen funkelten vor Erregung.
    »Ihr Core-Element ? Es funktioniert also?« fragte ein Techniker.
    »Hervorragend«, sagte sie und nickte stolz.
    Das Core-System war der Beitrag der University of California zum BRAHMS-Experiment des Brookhaven-Labors. Alicia hatte, seit sie vor drei Jahren an die UCI gekommen war, ausschließlich daran gearbeitet, den Teilchendetektor, über den sie schon ihre Dissertation an der UC-Berkeley verfaßt hatte, mit einem kleinen Team aus Diplomanden und Postdoktoranden zu planen und auch zu bauen. Nun kam er endlich zum Einsatz, und sie war so unaussprechlich glücklich, daß sie wie auf Wolken schwebte.
    Ein Teilchendetektor, der zuverlässig lief, war entweder veraltet, oder er reizte die technischen Möglichkeiten nicht bis ins letzte aus. Doch ihr Team hatte monatelang unermüdlich gearbeitet, um alle am Core-System auftauchenden Probleme zu überwinden.
    Nun entnahmen die Erfassungscomputer in regelmäßigen Abständen kleine Kostproben aus dem Datenstrom und lieferten Bilder von interessanten
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