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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1
Autoren: Michael R. Baier
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presste mir dabei spielerisch die Luft aus den Lungen.
    Er war mit Abstand der Stärkste von allen MacAllons, und das konnte er nicht verbergen. Ich befreite mich mit einigem Kraftaufwand und schlug ihm zum Dank mit aller Kraft auf die Schulter. Brian grinste, als er meinen Hieb nur mit dem kurzen Anspannen seiner Muskeln abfing.
    »Aye, mein Guter! Lass uns etwas trinken, Don. Ich habe den Eindruck, du kannst noch etwas Stärkung für morgen gebrauchen.«
    Brian war unser Joker beim Tossing-the-caber, dem schottischen Weitwurf eines gut fünfundsechzig Kilogramm schweren und knapp sechs Meter langen Baumstammes, bei dem er seit zwei Jahren den Rekord bei den Highland Games in Braemar hielt.
    So weit ich sehen konnte, hatten alle ihre Tartans aus handgewebtem Harristweed angelegt, die Männer ihre Kilts, die Frauen in der Mehrzahl lange Wollkleider. Nur mein Vater und ich waren noch nicht im traditionellen Stil gekleidet.
    Obwohl ich das breite Kreuz meines Vaters geerbt habe und mit sechseinhalb Fuß recht stattlich bin, hätte der Schneider aus dem Tartan für Brian gut zwei Plaids und Kilts für mich anfertigen können. Seine Waden hatten in etwa den Umfang meiner Oberschenkel und er ließ die Menschen seiner Umgebung immer wie im Schatten einer besonders großen Pinie erscheinen.
    Trotz seiner mächtigen Statur war er eine Seele von Mensch und einer der wenigen nachhaltig erfolgreichen Börsenmakler schottischer Herkunft in London.
    Brian schob mich wie einen Keil vor sich her durch die Versammelten bis an den Kopf des großen, massiven Holztisches, wo er mir den Platz neben meinem Vater zuwies. Anschließend ging er um den Tisch herum und setzte sich auf den Platz gegenüber, neben seinen Vater, Sir William.
    Kenneth erhob sich bei unserem Eintreffen und deutete auf einen mir unbekannten Gast an seiner linken Seite, der mit einer kontrollierten Bewegung aufstand, als liefe in seinem Inneren ein präzises Programm zur Bewegungskoordination ab.
    »Ich würde dir gern einen alten Freund vorstellen, Donavon.« Mein Vater legte mir seine Hand auf die Schulter und führte mich zu seinem Gast.
    »Das ist George Mason, mit dem ich in den Neunzigern sehr viel zu tun hatte.«
    Bei mir klingelte etwas. In den Neunzigern war Kenneth Verbindungsoffizier der Navy gewesen – und fast nie zu Hause. Wenn er dann überraschend doch einmal gekommen war, hatte er aus seinem Job immer ein riesiges Geheimnis gemacht.
    Ich war einigermaßen gespannt auf eine Bekanntschaft aus jener Zeit.
    George Mason machte einen drahtigen Eindruck. Seine große, schlanke Figur hielt er aufrecht. Trotzdem sah man ihm sein Alter an. Er musste weit über die Sechzig sein. Seine schütteren, weißgrauen Haare waren kurz geschnitten und sorgfältig nach hinten gekämmt. Hinter seiner kleinen Designerbrille sahen mich wasserblaue Augen aus einer Vielzahl kleiner Fältchen fest an. Fast meinte ich, seine Wimpern seien gefärbt, so dunkel erschienen sie im Gegensatz zu den hellen Haaren und Augenbrauen.
    Ich ergriff seine dargebotene Hand, welche einen kurzen und trocken Händedruck verabreichte und in einer dem Aufstehen nicht unähnlichen, geschmeidigen Bewegung wieder an seine Seite zurückfuhr, als führe sie ein Eigenleben.
    »Sehr erfreut, Donavon. Kenneth hat mir immer viel von ihnen erzählt.«
    »Die Freude ist ganz meinerseits, Sir. Mein Vater war seiner Familie gegenüber allerdings immer sehr zugeknöpft, was seinen Beruf anging.«
    Ich betrachtete Mason aufmerksam. Er erwiderte meinen Blick und versuchte ein dünnes Lächeln.
    »George ist auf meine Einladung hin hier. Ich habe es schon immer vorgehabt, ihn einzuladen. Ich denke, die Highland Games sind die richtige Gelegenheit, die Schotten und besonders die MacAllons einmal bei ihren Wurzeln kennen zu lernen.«
    Mason hatte seinen Blick von mir gelöst, um ihn über die angeregt plaudernde Menge hinter uns streichen zu lassen.
    Nach ein paar Sekunden sah er mich erneut an und nickte abwesend.
    »Ich habe mit Kenneth lange zusammengearbeitet. Wir haben uns prima verstanden, aber es trotzdem nicht hinbekommen, einander einmal anders als dienstlich zu begegnen. Ich bin Kenneth für seine Einladung sehr dankbar.«
    Brian winkte uns von seiner Seite des Tisches aus zu, Platz zu nehmen und Mason und mein Vater folgten der Aufforderung, während ich mir aus einer mintgrünen Chinabone-Porzellanflasche noch ein Glas MacAllons 36jährigen einschenkte, Brian zuprostete und genüsslich daran
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