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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1
Autoren: Michael R. Baier
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vermutlich ein Überbleibsel der Gerüstkonstruktionen, welche in unregelmäßigen Abständen zur Instandhaltung dieser Gebäude errichtet wurden.
    Genau das Richtige!
    Er bog den Draht einigermaßen gerade und fuhr mit ihm um den Quader herum. Das ungefähr einen Meter lange Metallstück verbog sich bereits durch sein Eigengewicht. Pete richtete den Draht mehrfach und wollte schon nach einem anderen Hilfsmittel suchen, als er tief in der Fuge an der Unterseite des Quaders einen Widerstand spürte.
    Er tastete gezielt danach und war sich nach ein paar Minuten sicher, unter der Mittelachse des Steins einen Mechanismus gefunden zu haben. Er stieß den Draht ein weiteres Mal kraftvoll nach hinten.
    Der Quader verschwand vor seinen Augen. Er glitt nicht nach innen oder nach außen – er löste sich förmlich auf.
    Erstaunt taumelte er einen Schritt zurück und wäre beinahe rückwärts von der Pyramidenstufe gefallen. Ein trapezförmiges, dunkles Loch befand sich vor ihm in der Wand. Schwer atmend trat er heran und sah hinein. Ein paar Käfer hingen überrascht im Freien. Sonst nichts als Schwärze! Mit der rechten Hand tastete er sich voran. Er hatte den Arm fast ganz ausgestreckt, als seine Finger in eine unregelmäßig geformte, handtellergroße Mulde griffen. Impulsiv drückte er die Fingerspitzen in die Mulde.
    Nichts .
    Pete zog seinen Arm heraus und sah in die Öffnung. Er wartete, bis sich seine Augen dem Dämmerlicht angepasst hatten.
    Da war etwas!
    An der rechten Seite der Öffnung glaubte er eine gleichmäßige dreieckige Gravur zu erkennen. – Genau genommen waren es vier gleichschenkelige Dreiecke, die wie Strahlen an einer Spitze miteinander verbunden waren.
    Von der linken Seite der Öffnung, etwa einen halben Meter im Innern, beobachtete ihn jemand. Pete blinzelte irritiert. Wind strömte ihm aus dem Inneren der Pyramide entgegen und trieb ihm Tränen über die Wangen.
    »Professor!«
    Er ignorierte den Rufer. Es war eine weitere Gravur! Sie glich einem lidlosen Auge mit zwei übereinanderstehenden Pupillen, von denen eine nach oben und die andere nach unten sah.
    »Professor!«
    Pete drehte sich gereizt um.
    »Was?«
    Eine hübsche junge Frau, in den traditionell bunten Farben des Landes gekleidet, stand am Fuße der Pyramide, die Hände in die Hüften gestemmt, und sah fragend zu ihm auf.
    »Hier stecken Sie! Wir suchen Sie seit einer Stunde. Der Bus wartet. Kommen Sie, Professor.«
    »Sinistra, ich habe hier etwas entdeckt! «
    Ihr dunkles, glattes Haar hatte die Mitarbeiterin des archäologischen Instituts von Guatemala modisch kurz geschnitten. Zwei Haarsträhnen umspielten ihr leicht ovales Gesicht auf Höhe der Nasenspitze. Ihr Lächeln entblößte weiße, perfekte Zähne.
    Ihre kohlschwarzen Augen funkelten Pete spitzbübisch an und ließen keinen Zweifel daran aufkommen, wer hier das Sagen hatte.
    »Da sind sie nicht der Erste, Professor. Sie stehen auf der ältesten Struktur in dieser Stadt, abseits der erlaubten Wege, und wenn ich ein Ranger wäre, würde ich Sie jetzt dafür zur Kasse bitten, dass sie darauf herumturnen.«
    Pete gestikulierte herum. »Nein, nein. Das verstehen Sie falsch. Hier ist etwas.«
    »Kommen Sie, Professor. Es wird dunkel. Sie brechen sich noch den Hals, wenn sie weiter da oben bleiben. Lassen Sie uns fahren.«
    Hilflos sah sich Pete um. Aber die junge Frau hatte Recht. Das Tageslicht wurde zusehends schwächer. Er würde heute hier nichts mehr ausrichten können. Er warf einen letzten Blick in die dunkle Öffnung und setzte sich dann resignierend auf den Stufenabsatz, hängte die Beine über den Rand auf die schräge Wand zur unter ihm liegenden Stufe, überwand ein kurzes Angstgefühl und rutschte über den rauen Kalkbelag die fünf Meter bis zum nächsten Absatz hinunter.
    Seine Jeans würde er wohl nicht noch einmal anziehen können. Von der untersten Stufe führte ihn eine über die gesamte Südseite der Pyramide reichende Treppe zu seiner Führerin.
    Er bleib stehen und sah die mittlerweile vollkommen im Schatten liegende, steil ansteigende Schräge der Absätze hinauf. Die Öffnung war bereits von hier aus nicht mehr zu erkennen. Sinistra hakte sich bei ihm unter und zog ihn auf dem kürzesten Weg um die Pyramide herum, über die kurz gemähten Rasenflächen zurück zum Großen Platz, wo seine Studenten auf sie warteten, um gemeinsam die Rückfahrt nach Floren anzutreten.
    Die Luft war weiterhin drückend. Noch fehlten die letzten Anzeichen für eine
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