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Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Titel: Corum 01 - Der scharlachrote Prinz
Autoren: Michael Moorcock
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Fluch der Schwertherrscher
    Corum begann zu erwachen und bemühte sich, seine Augen zu öffnen. Die Tafel war verschwunden. Verschwunden war auch Arioch. Die riesige Halle lag im Dunkeln, nur durch einige der Türen und von manchen Galerien drang schwaches Licht herein.
    Er erhob sich. Träumte er? Hatte er alles, was bisher geschehen war, nur geträumt? Jedenfalls schien ihm, was er erlebt hatte, wie ein Alptraum. Aber so war ihm die ganze Welt erschienen, seit er vor so langer Zeit die damals noch heile Welt der Burg Erorn verlassen hatte.
    Doch wo war Herzog Arioch? War er vielleicht ausgezogen, um irgendwo auf seinen fünf Ebenen neues Unheil zu stiften? Ohne Zweifel hatte er angenommen, daß seine Macht über Corum länger anhalten würde. Das mochte wohl auch der Grund sein, daß er alle Vadhagh auszurotten wünschte, weil er sie nicht verstehen konnte, nicht vorherzusehen vermochte, was sie vorhatten, weil er sie nicht geistig beherrschen konnte wie seine Mabden.
    Mit einem Mal wurde Corum klar, daß er nun seine vielleicht einzige Chance hatte, zu dem Turm zu gelangen, wo Arioch sein Herz aufbewahrte. Vielleicht glückte es ihm sogar noch zu fliehen, ehe der Schwertritter wiederkehrte, und zu Shool zurückzukommen, um Rhalina abzuholen. Es waren nun keine Rachegefühle mehr, die ihn bewegten. Alles, was er sich wünschte, war, seinem Abenteurerleben ein Ende zu machen und mit der Frau, die er liebte, in Frieden und Ruhe in der alten Burg am Meer zu leben.
    Er rannte quer durch die Halle und die Treppe zu der Galerie mit den glänzenden Marmorwänden empor, bis er zu der Rampe kam, die lediglich aus Licht zu bestehen schien. Das Leuchten war nur noch ein dumpfes Glühen, aber die Rampe führte immer noch zu der Tür mit dem pulsierenden orangefarbigen Zeichen - den acht Pfeilen, die von einer Nabe aus gleichmäßig nach außen strahlten -das Zeichen der Chaosherrscher.
    Heftig atmend rannte er die Spiralrampe hinauf, immer höher, bis der Rest des Palastes tief unter ihm lag; bis er die riesige Tür erreichte, vor der er sich wie ein Zwerg vorkam; bis er stehenblieb und überlegte; bis er sicher war, an seinem Ziel angelangt zu sein.
    Das gewaltige Zeichen pulsierte gleichmäßig wie ein Herz, und sein Schein badete Corums Gesicht und Rüstung in rotgoldenem Licht. Er drückte gegen die Tür, aber es war, als wolle eine Maus das Portal zu einer Gruft öffnen. Er vermochte sie nicht zu bewegen.
    Er benötigte Hilfe. Nachdenklich betrachtete er seine Linke die Hand Kwlls. Konnte er Hilfe aus der düsteren Welt herbeirufen? Sicher nicht, ohne den Erscheinenden eine »Belohnung« bieten zu können.
    Aber da ballte Kwlls Hand sich selbst zur Faust und begann in einem Licht zu glühen, das Corum blendete und ihn veranlaßte, sie so weit wie nur möglich von sich zu strecken, während er schützend seinen rechten Arm vor die Augen legte. Er fühlte, wie Kwlls Hand sich hob und gegen die mächtige Tür schlug. Ein Dröhnen wie das Läuten von riesigen Glocken ertönte. Er hörte ein Krachen, als ob die Erde selbst sich spalte. Und dann hing Kwlls Hand schlaff an seiner Seite. Er öffnete die Augen. Ein Stück der Tür, an der rechten unteren Ecke, war geborsten, und der Ritz war breit genug, daß er sich hindurchzuwinden vermochte.
    »Nun hilfst du mir, so wie ich es immer gern gehabt hätte«, flüsterte er seiner Linken zu. Er bückte sich und kletterte durch den Spalt.
    Eine weitere Rampe führte aufwärts über eine Schlucht glitzernder Leere. Eigenartige Geräusche kamen von irgendwoher, hoben sich, erstarben, näherten und entfernten sich wieder. Ein Ahnen von Gefahr hing in der Luft, ein Ahnen von Schönheit, von Tod, von ewigem Leben, von Gewalttätigkeit, von Frieden. Corum griff nach dem Schwert, ehe ihm die Nutzlosigkeit bewußt wurde. Er setzte den Fuß auf die Rampe und begann sie emporzusteigen.
    Ein Wind schien sich zu erheben, und sein scharlachroter Mantel flatterte hinter ihm her. Kühle Brisen ließen ihn erschauern, und heiße Winde sengten seine Haut. Überall sah er Gesichter, und viele von ihnen glaubte er, erkennen zu müssen. Manche waren riesig, andere unsagbar winzig. Augen beobachteten ihn. Lippen grinsten. Ein Wehklagen erhob sich und erstarb. Eine dunkle Wolke hüllte ihn ein. Ein schrilles Klingeln wie von gläsernen Glöckchen peinigte seine Ohren. Eine Stimme rief seinen Namen und echote ohne Ende. Ein Regenbogen legte sich um ihn, drang in seinen Körper und ließ ihn in allen Farben
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