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Copy

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Titel: Copy
Autoren: David Brin
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Luft.
    Atme!
    Die zitternde Inhalation hatte nichts von einem nach Luft schnappenden Menschen. Es klang eher wie ein Stück Fleisch, das man auf ein Schneidbrett wirft und dann aufschneidet, wobei darin enthaltene Luft entweicht. Etwas Sauerstoff ersetzte das aus meinem lippenlosen Mund strömende Wasser und gab mir gerade genug Kraft, ein Bein auf die Planken zu heben.
    Mit einer letzten Anstrengung zog ich mich aus dem Fluss aufs Dock und machte den hungrigen Fischen einen Strich durch die Rechnung.
    Mein Golemkörper zitterte und zuckte. Etwas, ein Teil von mir, löste sich, fiel ab und verschwand im Fluss. Die Fische freuten sich und machten sich darüber her.
    Mir schwanden immer mehr die Sinne. Vage wurde mir klar, dass ich ein Auge ganz verloren hatte, und das andere hing halb aus der Höhle. Ich drückte es vorsichtig zurück und versuchte aufzustehen.
    Alles fühlte sich schief an, aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich schleppte mich eine kurze Treppe hinauf, die zum Hausboot führte. Lichter wurden heller, und ich bemerkte eine pochende Vibration.
    Irgendwo erklang Musik.
    Als mein Kopf über die Reling kam, zeigte sich mir ein verschwommenes Bild: flackernde Flammen auf dünnen weißen Säulen, spitz zulaufende Kerzen – ihr Licht spiegelte sich auf Silberbesteck und kristallenen Kelchgläsern wider. Und etwas weiter entfernt bewegten sich schlanke Gestalten an der Steuerbordreling.
    Reale Personen. Elegant gekleidet für eine Dinnerparty. Sie blickten über den Fluss.
    Ich öffnete den Mund, um mich höflich für die Störung zu entschuldigen… und wäre vielleicht jemand so nett, meinen Eigentümer zu benachrichtigen, damit er rechtzeitig kam, bevor dieses Gehirn zu Brei wurde?
    Aber ich brachte nur ein sabberndes Stöhnen hervor.
    Eine Frau drehte sich um und sah, wie ich aus der Dunkelheit getorkelt kam. Sie schrie auf, als wäre ich ein Monstrum, das aus den Tiefen des Flusses kam. Gar nicht so verkehrt.
    Ich hob die Hand und stöhnte.
    »Oh, liebe Mutter Gaia«, kam es von den Lippen der Frau, und dann veränderte sich ihre Stimme, als sie verstand. »Jameson! Bitte rufen Sie Clara Gonzalez drüben auf der Catalina Baby an. Sagen Sie, dass ihr gottverdammter Freund schon wieder einen seiner Ditos verlegt hat… Er sollte ihn besser holen kommen!«
    Ich versuchte, zu lächeln und ihr zu danken, aber der Ablauf ließ sich nicht länger hinauszögern. Meine Pseudoligamente wählten diesen Moment, um sich aufzulösen, alle gleichzeitig.
    Ich fiel auseinander.
    Ich erinnere mich nicht an die Dinge, die danach geschahen, aber man hat mir erzählt, dass mein Kopf zum Eiskasten rollte, der Champagner kühlte. Ein Gast der Dinnerparty war so aufmerksam, ihn hineinzulegen, neben eine sehr gute Flasche Dom Perignon Jahrgang ’38.

 
DITO-MEISTER
 … ODER WIE REALALBERT MIT EINEM SCHWEREN TAG FERTIG WIRD…
     
     
    Na schön, der Grüni schaffte es also nicht in einem Stück nach Hause. Als ich eintraf, war nur noch der gekühlte Schädel übrig… und eine Brühe aus verdunstendem Pseudofleisch, die Flecken bildete auf dem Deck von Madame Frenkels Hausboot.
    (Notiz für mich: Madame ein hübsches Geschenk kaufen, denn sonst lässt mich Clara hierfür bezahlen.)
    Natürlich bekam ich das Gehirn rechtzeitig – andernfalls hätte ich nicht das zweifelhafte Vergnügen gehabt, noch einmal einen ausgesprochen miserablen Tag zu erleben, den »ich« damit verbrachte, durch die Unterwelt der Dito-Stadt zu schleichen und durch Abwasserkanäle zu kriechen, um Betas Versteck zu finden, was dazu führte, dass mich seine gelben Schlägerditos erwischten und verprügelten, worauf Flucht, eine Verfolgungsjagd und der schreckliche Marsch durch den Fluss folgten.
    Noch bevor ich den feuchten Schädel mit dem Perzeptron verband, war mir klar, dass mich wohl kaum angenehme Erinnerungen erwarteten.
    Seien wir aufrichtig dankbar für das, was wir empfangen.
    Die meisten Leute lehnen einen Inload ab, wenn es um unangenehme Erfahrungen geht. Ein Rig kann entscheiden, ob er sich an die von der Kop erlebten Dinge erinnern möchte oder nicht. Das war ein weiterer praktischer Aspekt der modernen Duplikationstechnik – man konnte einen schlechten Tag einfach verschwinden lassen.
    Aber ich finde: Wenn man ein Wesen erschafft, ist man dafür verantwortlich. Jener Dito wollte eine Rolle spielen. Er versuchte mit ganzer Kraft, am Leben zu bleiben. Und jetzt ist er Teil von mir, wie mehrere hundert andere, die es für den Inload nach
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