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Congo

Congo

Titel: Congo
Autoren: Michael Crichton
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noch mehr als dreihunderttausend Dollar betragen. Der Aufsichtsrat würde zetern: Wie konnte man ein unerprobtes Kind von vierundzwanzig Jahren, eine Frau, mit einer solchen Verantwortung in den Busch schicken? Noch dazu bei einem so wichtigen Projekt, bei dem so ungeheuer viel auf dem Spiel stand, und bei dem sie zeitlich bereits in Verzug waren und längst den Kostenrahmen überschritten hatten. Und Karen Ross, die so kühl und unnahbar war, würde sich wahrscheinlich als schlechte Expeditionsleiterin erweisen und die anderen Teilnehmer vor den Kopf stoßen.
    Andererseits, dachte Travis, sprach auch einiges für den Ross-Gletscher. Aus seinen Regenmacherzeiten hatte er die Manager-Philosophie mitgebracht, daß man ein Projekt am besten dem anvertraute, dem ein Erfolg am meisten nützen oder dem ein Fehlschlag am meisten schaden würde.
    Er wandte sich seiner Konsole zu, die neben seinem Schreibtisch stand. »Travis«, sagte er, und der Bildschirm leuchtete auf. »Psychographische Unterlagen«, sagte er. Auf dem Bildschirm erschien eine Liste von Abrufpositionen. »Ross, Karen«, sagte Travis.
    Auf dem Bildschirm flackerte KURZE DENKPAUSE. Das war die übliche Angabe in solchen Fällen. Sie bedeutete, daß Daten herausgezogen wurden. Er wartete.
    Dann wurde das zusammengefaßte Psychogramm auf dem Bildschirm ausgegeben. Alle bei der ERTS Beschäftigten wurden drei Tage lang gründlichen psychologischen Tests unterzogen, bei denen es nicht nur um Fähigkeiten und Kenntnisse, sondern auch um mögliche Tendenzen ging. Er war sicher, daß die Einstufung von Karen Ross den Aufsichtsrat beruhigen würde.
    HOCHINTELLIGENT LOGISCHES DENKVERMOEGEN FLEXIBEL FINDIG SPEZIELLE BEGABUNG FUER UMGANG MIT DATEN DENKPROZESS RASCH WECHSELNDEN ECHTZEITSITUATIONEN ANGEPASST GROSSE ANTRIEBSSTAERKE BEI BEKANNTEN VORGEGEBENEN ZIELEN GEISTIG HOCH UND DAUERHAFT BELASTBAR Das sah aus wie die Beschreibung des idealen Leiters der nächsten Kongo-Expedition. Er ließ den Blick weiter über den Bildschirm laufen, um die einschränkenden Angaben zu lesen. Sie waren weniger beruhigend.
    JUGENDLICH-RUECKSICHTSLOS SCHWACH ENTWICKELTE FAEHIGKEIT ZU MENSCHLICHEN BEZIEHUNGEN DOMINIEREND INTELLEKTUELLE ARROGANZ MANGELNDES FINGERSPITZENGEFUEHL SUCHT ERFOLG UM JEDEN PREIS Und dann folgte die abschließende »Umkipp«-Analyse. Die Vorstellung, daß jeder vorherrschende Charakterzug unter extremen Bedingungen plötzlich in sein Gegenteil umschlagen konnte, war bei den Testverfahren der ERTS entwickelt worden. So konnten väterliche Männer und mütterliche Frauen »umkippen« und zu infantilen Quenglern werden, und wer zur Hysterie neigte, konnte unter solchen Bedingungen eiskalt werden. Logisch denkende Menschen wurden plötzlich impulsiv.
    UMKIPP-MUSTER: DIE VORHERRSCHENDE {MOEGLICHERWEISE UNERWUENSCHTE} OBJEKTIVITAET KANN VERLORENGEHEN, WENN DAS ANGESTREBTE ZIEL IN SICHT KOMMT DAS ERFOLGSSTREBEN KANN ZU GEFAEHRLICH IMPULSIVEN REAKTIONEN FUEHREN DIESE RICHTEN SICH VOR ALLEM GEGEN VATERFIGUREN DAHER IST ABGEFRAGTE PERSON BEI ZIELORIENTIERTEN VERFAHREN IN DEN ENDPHASEN ZU UEBERWACHEN Travis sah auf den Bildschirm und kam zu dem Ergebnis, daß eine solche Situation bei der nächsten Kongo-Expedition höchst unwahrscheinlich war. Er schaltete den Computer ab.
    Karen Ross war nahezu berauscht von ihrer neuen Aufgabe. Kurz vor Mitternacht ließ sie sich die Liste der freien Mitarbeiter auf ihren Datenplatz geben.
    Die ERTS arbeitete mit den verschiedensten Tierexperten zusammen, die sie mit Geldern aus einer gemeinnützigen Stiftung, dem Earth Resources Wildlife Fund, förderte. Die Liste war nach Fachgebieten geordnet. Unter »Primaten« waren vierzehn Adressen aufgeführt, einige in Borneo, Malaysia, und Afrika, andere in den Vereinigten Staaten. Unter den letzteren beschäfigte sich nur einer mit Gorilla-Forschung, ein Primatologe namens Dr. Peter Elliot an der University of California in Berkeley.
    Den Bildschirmangaben zufolge war Elliot neunundzwanzig Jahre alt, unverheiratet und Privatdozent am Zoologischen Institut. Sein Hauptforschungsgebiet war offensichtlich »Kommunikation von Primaten (Gorilla)«. Die von der ERTS gewährten Beiträge wurden für ein »Projekt Amy« verwendet. Sie sah auf die Uhr. Es war gerade Mitternacht in Houston, in Kalifornien demnach zehn Uhr abends. Sie wählte Elliots Privatnummer.
    »Hallo«, meldete sich eine zurückhaltende männliche Stimme. »Spreche ich mit Dr. Peter Elliot?«
    »Ja…« Es klang so, als zögerte der
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