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Conan der Befreier

Conan der Befreier

Titel: Conan der Befreier
Autoren: Lin Carter , L. Sprague de Camp
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hielten ihn für nichts weiter als einen klugen Scharlatan, der auf Macht aus war.
    Doch wie verschieden auch die Meinungen waren, niemand bezweifelte, daß er den König in seinen verhängnisvollen Bann geschlagen hatte. Ob es nun seine angebliche Beherrschung der Alchimie war, die die Habgier des Königs erweckt hatte, oder ob der finstere Thulandra Thuu tatsächlich einen Zauber über den Monarchen verhängt hatte, das wußte niemand mit Sicherheit. Aber es war offensichtlich, daß nicht Numedides, sondern Thulandra Thuu auf dem Rubinthron herrschte. Was ihm gerade in den Sinn kam, wurde Gesetz. Selbst der Kanzler, Vibius Latro, war angewiesen worden, Thulandras Befehle auszuführen, als kämen sie vom König persönlich.
    Inzwischen benahm der König sich immer merkwürdiger. Er ließ die Goldmünzen aus seiner Schatzkammer schmelzen und zu Abbildern seiner selbst formen und sie mit Edelsteinen verzieren. Und oft unterhielt er sich laut mit den blühenden Bäumen und auf ihren Stengeln nickenden Blumen entlang der Wege seiner Lustgärten. Wehe dem Königreich, dessen Herrscher vom Irrsinn besessen ist – und noch schlimmer, wenn dieser Wahnsinnige die Marionette eines verschlagenen und skrupellosen Günstlings ist, gleichgültig, ob es sich bei ihm um einen echten Hexer oder einen gerissenen Scharlatan handelt.
     
    Hinter den Brokatbehängen der bewachten Tür befand sich ein Gemach, dessen Wände mit mystischem Purpur bedeckt waren. Ein grauenvolles Bild bot sich hier dem Betrachter.
    In einem durchscheinenden Sarkophag aus Alabaster ruhte der König wie in tiefstem Schlummer. Sein feister Körper war unbekleidet. Selbst in der entspannten Haltung verriet er ein Leben des Überflusses und der Bequemlichkeit. Seine Haut war fleckig, seine feuchten Lippen hingen schlaff hinab, dicke Tränensäcke falteten sich unter den Augen. Der unförmige Leib quoll krötengleich und abscheuerregend über den Rand des Sarges.
    An den Fußgelenken gebunden hing ein nacktes, zwölfjähriges Mädchen mit dem Kopf nach unten über dem Sarkophag. Ihr zartes Fleisch wies die Spuren grausamer Mißhandlung auf. Ihr langes aschblondes Haar war voller Blut. Die Folterinstrumente lagen jetzt zwischen der herabbrennenden Glut in einem kupfernen Feuerbecken neben einem thronähnlichen Sessel aus schwarzem Eisen, das mit mystischen Zeichen in schwachglänzendem Silber durchzogen war.
    Man hatte das Mädchen getötet wie ein Opfertier, und in dem frischen Blut badete König Numedides.
    Zur Beleuchtung des Inhalts standen in einer exakten Ellipse neunzehn dicke Kerzen um den Sarkophag, jede so hoch wie ein halbwüchsiger Knabe. Diese Kerzen, so munkelte man im Palast, waren aus Talg von menschlichen Leichen gegossen, doch keiner wußte, woher sie stammten.
    Auf dem schwarzen Eisenthron brütete Thulandra Thuu vor sich hin. Er war ein Mann von asketischer Gestalt und offenbar mittleren Alters. Sein von einem rötlichen Goldstreifen, in Form von ineinanderverschlungenen Schlangen, zusammengehaltenes Haar war silbergrau. Die kalten Augen unter den dicken Lidern erinnerten ebenfalls an Schlangen. Seine Miene war die eines Philosophen, doch der harte, stiere Blick verriet den Fanatiker.
    Die Knochen seines schmalen Gesichts waren wie von einem Künstler geformt. Seine Haut war dunkel wie Teakholz. Ab und zu benetzte er die dünnen Lippen mit flinker, spitzer Zunge. Der hagere Leib war großzügig mit Seidenbrokat umwickelt, der eine Schulter unbedeckt ließ, aber auch die dürren Arme einhüllte.
    In unregelmäßigen Abständen hob er den Blick von dem alten, mit Pythonhaut gebundenem Buch, das auf seinem Schoß lag, und schaute nachdenklich auf den Alabastersarg, in dem der aufgedunsene Leib König Numedides' in seinem Bad aus Jungfrauenblut ruhte. Stirnrunzelnd widmete er sich danach wieder den Seiten seines Buches. Das Pergament dieses umfangreichen Werkes war mit feiner Hand in einer Sprache vollgekritzelt, die selbst die Gelehrten des Westens nicht kannten. Zeile um Zeile verschlungener, schräger Buchstaben marschierten wie Soldaten in Reih und Glied die Seiten hinab. Viele der Hieroglyphen waren in grüner, roter oder blauer Tinte gezeichnet, die die Zeit nicht zu bleichen vermocht hatte.
    Auf einem Tischchen in der Nähe schlug eine Wasseruhr aus Gold und Kristall die Stunde mit silbrigem Klang. Thulandra Thuu schaute erneut, etwas länger diesmal, in den Sarkophag. Die zusammengepreßten Lippen und der düstere Gesichtsausdruck verrieten
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