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Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Titel: Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels
Autoren: Andrea Camilleri
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verstanden?«
    Sie nickte. Dann, mühsam die Worte hervorpressend, fragte sie:
    »Und du?«
    »Ich springe dann gleich hinterher. Also los.«
    Doch sie legte ihm eine Hand auf den Arm. Montalbano verstand. Er beugte sich vor und küsste sie sanft auf den Mund.
    Anschließend schlich er geduckt die sechs Stufen hinauf und eröffnete das Feuer. Laura schlüpfte an ihm vorbei, dann war sie verschwunden. Da aber vom Steuerstand sein Feuer erwidert wurde, hatte er keine Zeit zu verlieren.
    Er richtete sich auf, erreichte mit ein paar Sätzen die Reling, schwang sich darüber und sprang ins Wasser.
    Er merkte sofort, dass Laura nicht in seiner Nähe war. Die Yacht fuhr mit hoher Geschwindigkeit, und die wenigen Sekunden zwischen ihrem und seinem Sprung hatten offenbar ausgereicht, um einen beträchtlichen Abstand zwischen ihnen zu schaffen.
    Es war inzwischen dunkel geworden, doch die fernen Lichter am Kai sagten ihm, dass er sich mitten im Hafenbecken befand.
    Er entledigte sich seiner Waffen, die er jetzt nicht mehr benötigte, zog Jacke und Schuhe aus und fing an, gegen die Strömung des weiß schäumenden Kielwassers zu schwimmen, das die Yacht hinter sich gelassen hatte.
    »Laura! Laura!«, rief er.
    Stille. Warum antwortete sie nicht? War sie von dem Sprung ins Wasser womöglich betäubt?
    Gerade wollte er erneut rufen, da hörte er von der Hafeneinfahrt Maschinengewehrfeuer. Es klang nach einer regelrechten Seeschlacht.
    Bestimmt versuchte die Yacht, die Blockade der Küstenwache zu durchbrechen und das offene Meer zu erreichen.
    Dann eine schwere Explosion. Auf dem Wasser lag jetzt ein rötlicher Schimmer wie von den Flammen eines gewaltigen Brandes.
    Adieu, Asso di cuori , dachte er, vielleicht war der Tank getroffen worden.
    Und jetzt, im flackernden Feuerschein und nur zwanzig Meter entfernt, entdeckte Montalbano Lauras Körper im Wasser. Er schaukelte mit den Wellen.
    Vor Schreck zuckte er zusammen, schwamm aber sofort mit ganzer Kraft auf sie zu.
    »O Gott, o mein Gott … Ich flehe dich an …«
    War das ein Gebet? Er wusste es nicht, und wenn er tatsächlich betete, war es das erste Mal in seinem Leben.
    Ihre Augen standen offen, als betrachtete sie die ersten Sterne, die am Himmel aufgingen, und trotz des weit geöffneten Mundes schien sie kaum zu atmen.
    Sie schien auch nicht wahrzunehmen, dass Montalbano nun an ihrer Seite war und sie mit einem Arm unter ihren Schultern stützte, um sie über Wasser zu halten.
    Da ertastete seine Hand eine klaffende Wunde.
    Laura war bei ihrem Sprung ins Meer wohl von einem Schuss getroffen worden.
    Aber sie atmete noch, das war das Wichtigste. Er musste sie so schnell wie möglich an Land bringen.
    Er tauchte unter Wasser, glitt an ihrem Körper entlang und tauchte dann wieder auf.
    Jetzt trieben sie Rücken an Rücken im Wasser. Montalbano hielt sie mit der linken Hand fest, mit dem freien Arm und den Beinen schwamm er los.
    Wenige Minuten später wurden sie von einem Scheinwerfer erfasst, von der Seite näherte sich ein Motorboot mit gedrosseltem Motor, und er hörte Fazios Stimme:
    »Lassen Sie sie los, Dottore. Wir übernehmen den Leutnant.«
    Später, im Kommissariat, zog er sich um und schlüpfte in die Schuhe, die Gallo in Marinella für ihn geholt hatte. Die Whiskyflasche, die er Catarella hatte besorgen lassen, leerte er schon mal zur Hälfte, noch bevor Roberta Rollo mit triumphierendem Lächeln hereinkam.
    »Glückwunsch, Commissario. Dank Ihres mutigen Einsatzes …
    Die von der Asso di cuori sind bei der Explosion alle umgekommen.«
    Warum hatte er nicht mit Laura im Krankenwagen mitfahren dürfen?
    »Die Finanzpolizei hat den Koffer mit den Rohdiamanten gefunden. Die Giovannini, Kapitän Sperlì und Alvarez sind verhaftet worden.«
    Ob sie große Schmerzen hatte? Konnte man sie retten?
    »Dem Schmuggel mit Blutdiamanten haben wir einen schweren Schlag versetzt. Davon werden sie sich nicht so schnell erholen.
    In meinem Bericht an die UNO werde ich Ihren wertvollen Beitrag hervorheben, Commissario.«
    Sie hatte ihn um einen Kuss gebeten. Vielleicht hatte sie geahnt, was mit ihr geschehen würde?
    »Morgen werden wir im Polizeipräsidium eine Pressekonferenz abhalten.«
    Wie sie ihn angesehen hatte, als sie ihn auf der Asso di cuori entdeckt hatte!
    »Besser hätte es gar nicht laufen können.«
    Tatsächlich? Besser für wen?
    Erst nach Mitternacht verließ er das Kommissariat.
    Er hatte vielleicht drei-, viermal den Mund aufgemacht, um Fragen zu
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