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Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Titel: Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels
Autoren: Andrea Camilleri
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beantworten. Fazio war aufgefallen, dass mit ihm etwas nicht stimmte, und hatte immer wieder zu ihm rübergeschaut.
    Montalbano hatte der Agentin nur zwei Fragen gestellt.
    »Wusstest du, dass Leutnant Belladonna an Bord geblieben war?«
    »Ja klar! Das hatte ich dir ja auch gesagt.«
    Richtig. Jetzt erinnerte er sich wieder. Die Agentin hatte gesagt: »Aber der Leutnant …«, doch er hatte gar nicht weiter zugehört.
    Die zweite Frage war:
    »Und du hättest auf die Yacht schießen lassen, obwohl du wusstest, dass Leutnant Belladonna noch an Bord war?«
    »Nein. Ich habe die Leute von der Küstenwache angewiesen, auf gar keinen Fall das Feuer zu eröffnen, auch wenn wir dadurch die Partie verloren hätten. Aber du hast das Problem gelöst. Und erst als ich gesehen habe, wie ihr ins Wasser gesprungen seid, hab ich ihnen erklärt, dass sie schießen können.«
    Nein, ohne Nachricht von Laura konnte er nicht nach Marinella fahren. Er nahm den Wagen und fuhr nach Montelusa.
    Um diese Uhrzeit durfte man zwar nicht ins Krankenhaus hinein, aber vielleicht gelang es ihm, in der Notaufnahme etwas zu erfahren.
    Doch er sah sofort, dass er sich keine Hoffnung zu machen brauchte. Ein Touristenbus war in eine Schlucht gestürzt, und an die dreißig Verletzte mussten dringend behandelt werden.
    Niedergeschlagen ging er zum Parkplatz zurück, als er hörte, wie jemand seinen Namen rief. Er drehte sich um. Es war Mario Scala, ein Kollege von der Antimafia.
    »Ciao, Salvo. Ich hab vorhin im Polizeipräsidium von deiner reifen Leistung gehört. Mein Kompliment. Was machst du hier?«
    »Ich wollte mich nach einem Leutnant der Hafenmeisterei erkundigen, Leutnant Belladonna, eine Frau, die …«
    Ihm versagte die Stimme. Er brachte gerade noch die Frage heraus:
    »Und du?«
    »Ich hab einen Mafiaaussteiger, einen Kronzeugen der Justiz, der hier unter falschem Namen in Behandlung ist. Aber ich bin etwas unruhig und komme ab und zu vorbei, um nachzusehen … Wie sagst du, heißt dieser Leutnant?«
    »Belladonna.«
    »Warte hier auf mich.«
    Zehn Minuten später kam er zurück. Montalbano hatte sich inzwischen die fünfte Zigarette angesteckt.
    Scalas Miene war ernst.
    »Sie mussten eine Notoperation durchführen. Es grenzt an ein Wunder, dass sie das Krankenhaus lebend erreicht hat, bei dem Blutverlust. Jetzt liegt sie auf der Intensivstation.«
    »Wird sie durchkommen?«
    »Sie hoffen es. Aber ihr Zustand ist kritisch.«
    Der Parkplatz war fast leer. Er stieg ins Auto, ließ den Motor an und stellte sich so hin, dass er den Haupteingang des Krankenhauses im Blick hatte. Im Handschuhfach lagen noch zwei ganze Päckchen Zigaretten.
    Es konnte eine lange Nacht werden. Und es wurde eine lange Nacht.
    Ab und zu vertrat er sich die Beine, ließ den Blick über die Fassade des Krankenhauses gleiten und setzte sich wieder ins Auto.
    Dann, im ersten fahlen Licht des Morgengrauens, sah er einen Uniformierten herauskommen, der per Handy telefonierte.
    Leutnant Garrufo.
    Montalbano sprang aus dem Auto und rannte auf ihn zu, riss ihm die Hand, die das Telefon hielt, vom Ohr weg und fragte:
    »Wie geht es Laura?«
    Die Empörung des Leutnants verflog sofort, als er den Commissario erkannte.
    »Ach, Sie sind’s. Einen Augenblick.«
    Er hielt das Telefon wieder an sein Ohr.
    »Ich ruf dich gleich zurück.«
    »Wie geht es ihr?«, wiederholte Montalbano.
    Garrufos Uniform war zerknittert, man sah ihm an, dass er die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte.
    Er breitete die Arme aus, und Montalbano sank das Herz.
    »Was soll ich Ihnen sagen, Commissario? Sie ist mehr tot als lebendig. Ich war die ganze Nacht bei ihr. Als sie in den OP-Saal gebracht wurde, bin ich im Flur geblieben und habe gewartet. Vor der Operation war sie einen Moment bei Bewusstsein. Dann ist sie wieder weggedämmert.«
    »Hat sie irgendetwas gesagt?«
    Montalbano hatte den Eindruck, dass der Leutnant plötzlich verlegen wurde.
    »Ja. Sie hat zweimal einen Namen genannt.«
    Er zögerte einen Augenblick, bevor er fragte:
    »Sie heißen Salvo, nicht wahr.«
    Seinem Ton nach war das keine Frage, sondern eine Feststellung. Kurzes Schweigen. Dann sagte Garrufo:
    »Wir haben ihren Freund verständigt. Er wird nicht kommen können, er will wohl keine Freistellung vom Dienst beantragen.«
    Blitzartig fiel ihm ein, dass in seinem Traum auch Livia nicht zu seinem Begräbnis hatte kommen wollen. Aber was hatte das damit zu tun? Was für ein Gedanke! Das lag bestimmt an seiner Müdigkeit. Es war
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