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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers
Autoren: Andrea Camilleri
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wieder heiß.«
    Kaum hatten sie sich von dem Schreck erholt, der ihnen in die Glieder gefahren war, nachdem sie den Toten erkannt hatten, einigten sie sich über das weitere Vorgehen: Bevor sie la liggi, das Gesetz in Gestalt der Polizei, verständigen wollten, galt es noch einen anderen Anruf zu tätigen. Die Nummer des Abgeordneten Cusumano wußten sie auswendig. Saro wählte, doch Pino fuhr dazwischen, ehe es auch nur einmal geläutet hatte. »Leg sofort wieder auf«, sagte er bestimmt. Saro folgte aufs Wort.
    »Hast du etwas dagegen, daß wir ihm Bescheid geben?«
    »Laß uns noch mal kurz nachdenken, die Sache ist wichtig. Also, du weißt genausogut wie ich, daß der Abgeordnete nichts als ein pupo ist.«
    »Und was heißt das im Klartext?«
    »Daß er eine Marionette des Ingegnere Luparello ist, der alle Fäden in der Hand hält, oder besser gesagt, hielt. Mit Luparellos Tod ist Cusumano ein Nichts, eine Niete.«
    »Ja und?«
    »Nichts und.«
    Sie machten sich auf nach Vigàta, aber nach ein paar Schritten hielt Pino seinen Freund mit einer brüsken Armbewegung an. »Rizzo«, stieß er hervor.
    »Den ruf ich nicht an, da hab' ich Schiß, den kenn' ich nicht.«
    »Ich auch nicht, aber ich ruf ihn trotzdem an.«
    Pino ließ sich die Telefonnummer von der Auskunft geben. Es war erst Viertel vor acht, aber Rizzo antwortete gleich nach dem ersten Läuten. »Avvocato Rizzo?«
    »Am Apparat.«
    »Entschuldigen Sie, Awocato, daß ich Sie um diese Uhrzeit störe, wo… aber wir haben den Ingegnere Luparello gefunden… sieht aus, als wäre er tot.«
    Es trat eine Pause ein. Dann sprach Rizzo. »Und warum erzählen Sie mir das?«
    Pino runzelte die Stirn. Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit dieser Antwort. Sie kam ihm höchst eigenartig vor.
    »Wie? Sind Sie denn nicht… sein bester Freund? Wir haben es für unsere Pflicht gehalten…«
    »Ich danke euch. Aber zuallererst solltet ihr eurer Pflicht als ordentliche Bürger nachkommen. Guten Tag.«
    Wange an Wange mit Pino hatte Saro das Gespräch mitgehört. Die beiden sahen sich erstaunt an. Rizzo hatte reagiert, als hätten sie ihm von der Leiche irgendeines Unbekannten erzählt.
    »Also, so 'n Idiot, schließlich war er doch mit ihm befreundet, oder etwa nicht?« raunzte Saro. »Woher wollen wir das wissen? Wäre doch möglich, daß sie sich in letzter Zeit zerstritten haben«, tröstete sich Pino.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Jetzt tun wir unsere Pflicht als ordentliche Bürger, wie der Awocato es nennt«, schloß Pino. Sie gingen auf das Städtchen zu, in Richtung Kommissariat. Sich an die Carabinieri zu wenden wäre ihnen nicht einmal im Traum eingefallen. Dort führte ein Mailänder Oberleutnant das Regiment. Der Kommissar hingegen stammte aus Catania und hieß Salvo Montalbano. Und wenn der etwas verstehen wollte, dann verstand er es auch.

Zwei
    »Noch mal.«
    »Nein«, sagte Livia und sah ihn mit leidenschaftlich glühenden Augen an. »Ich bitte dich!«
    »Nein, ich habe nein gesagt.«
    »Ich mag es gerne, wenn ich ein wenig gezwungen werde«, so hatte sie ihm, erinnerte er sich, einmal ins Ohr geflüstert.
    Damals hatte er in seiner Erregung sein Knie zwischen ihre geschlossenen Schenkel gezwängt, während er mit eisernem Griff ihre Handgelenke umfaßt hielt und ihre Arme auseinanderriß, bis sie wie eine Gekreuzigte dalag.
    Sie sahen einander kurz in die Augen, atemlos, dann erlag sie ihm plötzlich. »Ja«, hauchte sie. »Ja! Jetzt!«
    Und genau in diesem Moment klingelte das Telefon. Ohne die Augen zu öffnen, streckte Montalbano einen Arm aus, weniger um nach dem Hörer zu greifen als nach den wallenden Enden des Traumes, der erbarmungslos dahinschwand. »Pronto!«
    Er war wütend auf den Störenfried. »Commissario, wir haben einen Kunden.«
    Er erkannte die Stimme des Brigadiere Fazio; sein ranggleicher Kollege, Tortorella, lag noch im Krankenhaus wegen eines scheußlichen Bauchschusses, den ihm einer verpaßt hatte, der sich als Mafioso aufspielen wollte, in Wirklichkeit aber nur ein miserabler Dreckskerl war, keinen Pfifferling wert. In ihrem Jargon war ein Kunde ein Toter, um den sie sich kümmern mußten. »Wer ist es?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Wie haben sie ihn umgebracht?«
    »Wissen wir nicht. Besser gesagt, wir wissen nicht mal, ob er überhaupt umgebracht wurde.«
    »Brigadiere, ich glaub', ich hör' nicht recht. Du weckst mich hier in aller Herrgottsfrühe, ohne auch nur den leisesten Schimmer von irgendwas zu
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