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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären
Autoren: Yasmina Khadra
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zwischen der algerischen Armee und den unterschiedlichen fundamentalistischen Gruppierungen schon mehr als zehn Jahre andauern, bleiben die Bilder, die an die Öffentlichkeit dringen, auf einige Ausnahmen beschränkt. Nur wenige Fotos und Filmaufnahmen dokumentieren die Situation in dem krisengeschüttelten Land und die Grausamkeit, mit der dieser Krieg geführt wird. In einer Zeit, die von einer medialen Bilderflut geprägt ist, wirkt ein Krisenherd, von dem es kein Bildmaterial gibt, unfaßbar und suspekt. Angesichts des Fehlens von Bildern scheint sich der Konflikt irgendwo in einer unsichtbaren Welt abzuspielen, und die Berichte von blutigen Attentaten und grausamen Massakern, die an die Öffentlichkeit gelangen, werden von einer Aura der Unsicherheit, der Irrealität und des Zweifels umgeben.
    Die verfeindeten Gruppen in Algerien sind durchaus daran interessiert, daß der Krieg weiterhin »unsichtbar« bleibt. Für ausländische Berichterstatter ist es nahezu unmöglich, ein Visum zu erhalten, und die Journalisten, die sich vor Ort befinden, werden durch restriktive Gesetze und Erlässe in Schach gehalten. Neben den Verboten, die von Seiten der algerischen Regierung ausgesprochen werden, sind sie den Drohungen der Fundamentalisten ausgesetzt und damit auch auf diese Art zum Schweigen verurteilt.
    Dennoch - oder gerade deshalb - sind im vergangenen Jahrzehnt so viele Werke algerischer Autoren und vor allem Autorinnen erschienen wie nie zuvor. Vor allem Frauen haben ihre Kriegserlebnisse in autobiographischen Schriften verarbeitet und Zeugnis abgelegt von den Greueln dieses Konflikts. Viele von ihnen sind zwischenzeitlich wieder verstummt, war doch für sie das Schreiben weniger ein literarischer Akt als vielmehr eine Möglichkeit, die Erlebnisse persönlich zu verarbeiten. Parallel dazu brachte der Konflikt aber auch eine neue Generation von Autoren hervor, welche für die algerische Literatur ungewöhnliche Darstellungsweisen wählten, um die Grausamkeit und die Undurchsichtigkeit dieses Krieges zu vermitteln. Zu letzteren zählt auch Yasmina Khadra, greift der Autor mit der Gattung des Kriminalromans doch zu einem für Algerien untypischen Genre, um die Hintergründe des Blutvergießens zu beleuchten.
    Die Anfänge des algerischen Kriminalromans in französischer Sprache finden sich zu Beginn der siebziger Jahre, als eine Reihe von Spionageromanen den Grundstein für die Verankerung der Gattung in Algerien legte. Erst zwei Jahrzehnte später erreichte das Genre mit den Romanen von Yasmina Khadra sprachlich, inhaltlich und formal ihren ersten Höhepunkt. Mit dem roman noir, einer Untergattung des Kriminalromans, in dem die beiden Handlungsstränge von Verbrechen und deren Aufklärung parallel verlaufen, fällt die Wahl des Autors auf ein Genre, das sich weiters dadurch auszeichnet, daß die Ermittlungen mit der Enthüllung und Darstellung spezifischer soziokultureller Aspekte verknüpft werden. Die Gattung enthält also ein kritisches Potential, das Yasmina Khadra vor allem in Morituri und Doppelweiß für die Darstellung des Konflikts in Algerien voll ausschöpft. Diese litterature de temps de crise (Literatur der Krisenzeit), wie Jean-Frangois Vilar den roman noir bezeichnet, bringt im Vergleich zum klassischen Rätselroman á la Agatha Christie auch keine definitiven Lösungen mehr, und es gelingt den Helden am Ende der Romane nur noch vereinzelt, die wahren Täter zu fassen und die alte Ordnung sowie die damit verbundene Sicherheit wieder herzustellen. Ermittlungen können meist nur noch punktuell erfolgreich abgeschlossen werden, aber auch in diesen Fällen sind Schuld und Gerechtigkeit relativ, und bei den Ermittlern bleiben am Ende immer Zweifel und ein Gefühl von Bitterkeit zurück. Zieht man diese Gattungsmerkmale in Betracht, wird evident, daß Yasmina Khadra im roman noir ein maßgeschneidertes Genre gefunden hat, um die verworrene und ausweglose Situation in Algerien zu verarbeiten.
    Daß es in Algerien keine »Wahrheiten« mehr gibt, sondern nur noch Bedrohung, Verrat und Korruption, führt Yasmina Khadra dem Leser in Herbst der Chimären noch drastischer vor Augen als in den vorausgegangenen Bänden. Zunächst fällt auf, daß es sich nicht mehr um einen roman noir im eigentlichen Sinn handelt. Der Ermittler und vor allem der Schriftsteller Llob wird in diesem Roman selbst zum Gejagten, wobei bis zum Schluß offen bleibt, wer den Protagonisten zum Schweigen bringen will. Auf der Ebene der Gattung
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