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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
Autoren: Yasmina Khadra
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Wachsamkeit, sein Stolz jedoch nie. Und je heftiger man es bedrängt, umso stärker setzt es sich zur Wehr …«
    »Das haben Sie wohl bei den Pfadfindern gelernt.« Er widert mich an.
    »Ich verhafte Sie, Monsieur Faid. Gott allein weiß, was das für mich heißt. Ich verhafte Sie wegen Mordes an Ben Ouda und Professor Abad. Ich verhafte Sie wegen versuchtem Mord an der Person eines Polizeikommissars in Ausübung seines Dienstes. Ich verhafte Sie wegen Gefährdung der Staatssicherheit. Kurz, ich verhafte Sie, damit das Leben wieder seinen normalen Gang gehen kann, ohne durch Sie behindert zu werden.«
    Seine fetten Flossen knallen auf den Schreibtisch nieder. Er wirft den Kopf in den Nacken und wird von einem dröhnenden Gelächter geschüttelt, das seinen Schmerbauch bis hoch zur Kehle erbeben läßt: Es ist das Lachen einer allmächtigen Hydra, die nicht glauben will, daß es manchmal ganz schnell abwärts geht. Plötzlich verstummt das Gebrüll, und sein Gesicht erstarrt zu einer gräßlichen Fratze. Seine Lippen verziehen sich zu einem kannibalischen Grinsen. Er streckt den Arm nach der Fensterfront zu seiner Rechten aus.
    »Da draußen gibt es nicht einen Winkel, in dem man Dahmane Faid nicht kennt. Mir gehört die halbe Stadt. Mir verdanken die meisten ihren Lebensunterhalt!« Er schlägt sich mit der Hand an die Brust. »Mir allein …! Ich allein habe diese Stadt zu dem gemacht, was sie heute ist.«
    »Zu einer Arena.«
    »Einer veritablen Kapitale, modern und ehrgeizig. Stein für Stein, Ziegel für Ziegel habe ich sie aufgebaut. Ich habe ihr meine besten Jahre geschenkt, mein ganzes Talent in ihren Dienst gestellt. In ihren Adern zirkuliert mein Geld, ihre Gärten sind mit meinem Schweiß getränkt, und wenn ihr Puls heftiger pocht als der einer Jungfrau in der Hochzeitsnacht, dann dank meiner Investitionen. Sehen Sie hin. Sehen Sie genau hin, und Sie werden feststellen, daß sie nur für mich Augen hat, daß sie keinen Gott kennt außer mir. Uns verbindet eine Leidenschaft, die keine Tabus kennt. Wir beide denken mit einem Kopf … Diese Stadt ist mein Eigentum. Ich habe es nie akzeptiert, ihre Schönheit welken zu sehen. Gott allein kennt die Zahl der dümmlichen Slogans, die ihr den Glanz nehmen wollten, der ungehobelten Freier, die sie verführen, der Eselstreiber, die sie verschleudern wollten. Aber ich habe immerzu nur nein gesagt, das kommt gar nicht in Frage. Ich habe sie aus den Fängen der Schmarotzer befreit und ihr die Freiheit zurückgegeben. Dank mir ist sie prächtiger denn je anzusehen. Meine schöne Weiße ist weder eine Odaliske noch eine Towaritsch [*Odaltske = weiße Sklavin in einem türkischen Harem; Towaritsch (russ.) = Genosse]. Sie ist eine stolze Sultanin. Sie braucht Prunk und Prachtentfaltung, rauschende Feste und wilde Reiter, heißblütige Liebhaber und treu ergebene Höflinge. Sie verlangt, daß man sich hingibt für sie, daß man wagt, daß man entweiht, daß man für sie aufgeht, draufgeht, aufs Ganze geht. Es gibt nur diese Art, ihr zu dienen, es ist die einzige Art, sie zu verdienen … Sie ist ein Kunstwerk. Du versuchst dich Skizze um Skizze an ihr, und dann ist sie es, die einen Meister aus dir macht, die deinem Talent zu höchster Entfaltung verhilft. Doch ach! Solch lyrischer Überschwang ist Ihnen fremd, Derrick. Was weiß ein armseliger Polyp schon vom Hochgefühl, welches das Prestige auslöst? Was weiß ein armer Teufel, dem schwindlig wird, wenn er nur aufrecht steht, schon von Höhenluft? Was wissen Sie schon davon, was es heißt, etwas aufzubauen, was wissen Sie vom Ruhm, der Sie überlebt? Nichts. Nichts und nochmal nichts. Der Ruhm läßt nur die Seele erbeben, welche sich seiner würdig erweist, sagt Gogol. Ich untersage mir strikt, auf Majakowskij zu hören. Wenn die Nacht in ihrem Fieberwahn, wenn die Goliaths mich so groß werden ließen, dann, auf daß ich nicht nutzlos sei … Hören Sie? Auf daß ich nicht nutzlos sei. Wie Ihresgleichen. Unsichtbare Schatten, die im Hintergrund hocken. Erbärmliche Verdauungstrakte, anmaßend und hohl …«
    »Sie sollten wirklich den Optiker wechseln, Monsieur Faid.«
    Ich gebe Ewegh mit dem Kopf ein Zeichen, daß der gute Mann sich nach seiner Zwangsjacke sehnt. Schon rasselt der Targi mit den Handschellen.
    Dahmane Faid ist geschockt. Der Anblick der Armbänder traumatisiert ihn zutiefst. Er starrt sie ungläubig an, betrachtet seine feuerroten Handgelenke und weigert sich, sich vorzustellen, daß sie je in
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