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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri
Autoren: Yasmina Khadra
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Problem, Llob, ist die Stagnati-
    on. Du bist die gleiche Vogelscheuche geblieben,
    die du vor dreißig Jahren warst. Wirklich jammer-
    schade. Wann wirst du lernen, über deine Nasen-
    spitze hinauszuschauen?“
    „Meine Nase ist leider zu lang.“
    Er schüttelt den Kopf, verzieht den Mund und
    grunzt: „Du weißt ja gar nicht, was für eine Jam-
    mergestalt du abgibst, Alter. Eines Tages wirst du
    dich nicht mehr trauen, deinem Spiegelbild gege-
    nüberzutreten. Man spuckt auf keinen vorbeifah-
    renden Zug. Dabei bekommt man nur seine eigene
    Spucke ins Gesicht.“
    Er verschwindet.
    Eine Art Gräfin bemerkt mich und deutet mir nä-
    herzukommen. Ich sehe mich um, ob nicht noch
    jemand da ist. Die Gräfin verneint mit der Nasen-
    spitze und zeigt energisch mit dem Finger auf
    mich. Dann brandet sie mit ihrem Pottwalleib auf
    mich zu und streckt mir ihre Flosse entgegen.
    „Oh!“ frohlockt sie und wiegt sich schlangen-
    gleich in den Hüften, „Kommissar Llob, endlich,
    Sie hier vor mir, in Fleisch und Blut. Ich wollte Sie
    schon so lange kennenlernen! Wissen Sie eigent-
    lich, daß Sie mein Lieblingsschriftsteller sind?“
    „Das ist mir neu.“
    „Doch, doch. Sie sind der Beste. Sie haben un-
    glaublich viel Talent.“
    „Das kommt daher, daß ich nicht genug Geld ha-
    be …“
    „Das stimmt nicht. Das hat damit gar nichts zu
    tun.“ Sie tritt zurück, um mich in Augenschein
    nehmen zu können. „Was machen Sie denn für ein
    Gesicht!“
    „Dazu müßte ich erst eines haben.“
    Laut lachend wirft sie den Kopf ins Genick, so
    weit, daß man fast das Muster ihres Slips erkennen
    kann, dann nimmt sie mich, gerührt über mein
    frustriertes Neidhammelgesicht, beim Arm und
    drückt mich heftig gegen ihren Busen:
    „Hören Sie, Kommissar. Ich plane, einen Gala-
    Abend bei mir zu geben, um eine Hilfsorganisation
    zu gründen. Ich würde mich sehr freuen, Sie unter
    meinen Freunden begrüßen zu können.“
    „Das ist sehr freundlich von Ihnen, Madame …“
    „Lankabout, Fatima Lankabout, die Gattin von
    Sid. Freunde nennen mich Fa, wie die Kosmetik-
    marke. Noch etwas, Kommissar. Bitte verzeihen
    Sie vielmals meine Indiskretion – wir Frauen sind
    nun einmal so –, aber ganz ehrlich, sind Sie Auto-
    didakt?“
    „Nur autochthon.“
    Sie verschlingt mich mit den Augen. Kein Zwei-
    fel, sie ist fasziniert von mir. Aber eher würde ich
    ein Mausoleum schänden, als ihr den versteckten
    Teil meines Eisberges zu zeigen. Ich schenke ihr
    ein keusches Lächeln und beeile mich, zwischen all
    den hohen Tieren unterzutauchen.
    Der Schwiegersohn von Ghoul Malek überfällt
    mich mit der Gefräßigkeit eines Ameisenlöwen.
    „Du bist also doch gekommen!“ jauchzt er. „Dein
    Chef war skeptisch, aber ich war mir sicher, daß du
    auftauchen würdest. Du hast vielleicht deine Prin-
    zipien, aber deine Neugier kannst du nicht im
    Zaume halten.“
    „Berufskrankheit.“
    „Nun“, meint er, während er mir sein Reich zeigt,
    „wie findest du es? Gefällt dir mein Ghetto?“
    „Nur keine falsche Bescheidenheit. Im Land der
    Straffreiheit wird von den Haien erwartet, daß sie
    den Rachen doppelt voll nehmen.“
    Er lacht, packt mich am Ellenbogen und zieht
    mich hinter sich her. „Komm, ich stelle dich ein
    paar Freunden vor. Könnte sein, daß unter ihnen
    jemand ist, der dir deine Kleider kostenlos reinigt.“
    Ich habe kaum Zeit, meinen Schlips zurechtzurü-
    cken, schon führt er mich wie eine surrealistische
    Trophäe einer Bande von korrupten Beamten vor,
    die ihre Körperfülle unglaublich stolz zur Schau
    tragen.
    „Messieurs, ich habe die Ehre, Ihnen den genials-
    ten Polizisten des Landes vorzustellen.“
    Kaum daß sie mir einen Blick schenken, diese
    Neo-Beys von Algier. Mein ehrwürdiger Vater
    sagte immer, es gebe keinen schlimmeren Tyran-
    nen als einen zum Sultan aufgestiegenen Eselsfüh-
    rer. Gestern Hirten, heute Würdenträger, haben die
    Honoratioren meines Landes unglaubliche Reich-
    tümer angehäuft, aber sie werden es niemals schaf-
    fen, Volk und Viehbestand auseinanderzuhalten.
    Der Größte von ihnen dreht sich um und murrt:
    „Ist das dein Held?“
    Der Stämmigste schneidet eine verächtliche Gri-
    masse und fragt mich: „Wie schaffen Sie es, über
    einer so abscheulichen Krawatte noch Ihr Lächeln
    zu bewahren, Kommissar?“
    „Dazu brauche ich nur Sie anzuschauen.“
    Ihre Hoheit ist nicht erfreut. „Vorsicht, Sie spre-
    chen mit einem Abgeordneten!“ warnt er mich.
    Ich
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