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Coltan

Coltan

Titel: Coltan
Autoren: Ivo Andress
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ohne jedes
Anzeichen von Spott. Jetzt hat auch das Jüngelchen begriffen, was auf dem Spiel
steht. Mader war mir, wie so oft, um ein wesentliches Detail voraus. Schenkendorff
war nicht nur Lilys Anwalt. Er, aber das erklärte sie mir erst danach, gehört
zu einem der Zirkel, die es nicht nötig haben, in Talkshows ihre Botschaften zu
verkünden.
    „Dann sind wir uns ja jetzt einig?“, Martens
jungenhaft, frech. Der einzig Sieche am Tisch bin ich. Der Alte schaut auf die
Uhr, nickt und erhebt sich.
    „Sie informieren dann den Herrn Senator?“
    Der Abgesandte hat bereits sein Handy am Ohr
und flüstert aufgeregt. Martens zieht sein Jackett straff, wirft ein
„Feierabend“ in die Runde und schlendert davon.
    Bleiben wir drei. Mader hat das Schlusswort: „Darauf
sollten wir anstoßen. Kommt.“

113
    „Die Dinge sind außer Kontrolle. Die Nutte hat einen
Abschiedsbrief hinterlassen!“
    „Bosche moi!“
    „Der hilft uns jetzt auch nicht weiter.“
    „Ich – habe – eine – Lösung.“
    „Wann?“
    „Zwei, drei Tage.“
    „Das muss schneller gehen!“
    „Ich tue, was ich kann.“
    „Sorgen Sie dafür, dass das aufhört. Mir sind die
Hände gebunden“

114
    Donnerstag.
    06:30 Uhr. Der erste Anruf auf dem Handy. Ich hatte
seit Tagen zum ersten Mal wieder traumlos und tief geschlafen.
    06:31 Uhr, die Mailbox, kann warten.
    Wieder das Handy. Es muss in der Nähe liegen,
aber wo? Meine Augen sind verklebt, ich taste den Boden ab, endlich, unter der
Hose neben dem Bett.
    „Gallert.“
    Ein trockener Husten: „Er ist tot.“
    „Wer?“
    „Starnhagen. Transportfertig verpackt.
Zumindest sein Kopf.“
    „Enthauptet?“
    „Quatsch, eingepackt. Soll ich ihn mir schon
mal genauer ansehen?“
    „Wart noch.“
    06.34 Uhr. Ich rufe Mader an, sie lässt mich
gar nicht erst zu Wort kommen: „Ich hol Dich ab, in 15 Minuten.“ Klingt, als
wäre sie schon seit Stunden wach.
    Auf dem Armaturenbrett ein Kaffee für mich: „Selbstmord?“
    „Er soll den Kopf in einer Tüte haben.“
    „Aldi oder KaDeWe?“
    Mader tritt aufs Gaspedal. Die Stadt noch ferienleer,
die Straße vor seiner Villa schon abgesperrt. Funkwagen, Krankenwagen, ein
Bestatter. Überall Flatterbänder.
    Martens lehnt am Zaun: „Der Alte kommt auch gleich.“
    „BKA?“
    „Noch nicht.“
    „Dann gehört er uns.“
    Ein junger Polizist in Uniform: „Dräger. Morgen
auch. Er liegt im Schlafzimmer.“
    „Wer hat angerufen?“
    „Seine Frau. Um 05:50 Uhr.“ Er sagt Null- fünf
– fünfzig , als stünden wir vorm Ausbruch des nächsten Krieges.
    „Wo ist sie?“
    „Hinterm Haus, im Garten.“
    Mader kennt den Weg, ich folge Dräger. Über
eine breite Treppe, durch die offene Tür. Dann 17 Stufen aus Buchenholz, die
sich an die Wand anschmiegen. Jetzt auf der Galerie weiter: feine klassische
Sandsteinstelen, auf denen schwer ein Balken aus dunklem Holz ruht. Teuer,
elegant, was zum Vorzeigen. Unter uns die Diele und vor uns das Zimmer, sein
Zimmer. Die Tür exakt in der Zentralachse des Raumes, direkt gegenüber an der
Wand ein französisches Doppelbett. Und wieder in der Achse - Arthur Starnhagen,
die Beine leicht gespreizt, ohne Decke, bekleidet nur mit Boxershorts, aus
denen schlaff ein Stück Fleisch heraushängt.
    Schneiderhannes beugt sich schon über ihn: „Zieh
Dir was über die Schuhe, pronto.“
    Aus dem Raum fliegen mir ein paar blaue
Überzieher und Latexhandschuhe entgegen. Weder Aldi noch KaDeWe, sein Kopf steckt
in einer durchsichtigen Mülltüte mit Henkeln. Wahrscheinlich die 25 Liter
Variante, Selbstüberschätzung bis zum Schluss. Seine Augen sind geschlossen.
    „Selbstmord?“
    Schneiderhannes lässt unschlüssig den Kopf kreisen.
    „Wäre die eleganteste Lösung. Für alle.“
    Natürlich. Verdächtiger tot, Ermittlungen
eingestellt. „Abschiedsbrief?“
    „Zumindest kann man was auf dem Computer lesen.
Und mehr als seine Fingerabdrücke wirst Du garantiert nicht finden.“
    „Toxikologie?“
    „Der liegt schon seit über neun Stunden hier.“
    Da waren sie wieder, die Halbwertzeiten.
    Mader sitzt neben Eva Starnhagen auf der Bank.
    „Mein Beileid.“
    „Danke.“
    „Sie haben ihn gefunden?“
    „Ja, und danach sofort die Polizei gerufen.“
    „Warum waren Sie in seinem Schlafzimmer?“
    „Sie haben angerufen. Er hätte die Frühmaschine
nach Bonn nehmen sollen. War aber nicht am Flughafen. Sie versuchten es wohl zuerst
auf seinem Handy, dann bei mir.“
    „Wer hat angerufen?“
    „Die
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