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Collector

Collector

Titel: Collector
Autoren: Markus Heitz
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sich ab einhundert solcher LSPs gesundheitliche Schäden einstellten. Physisch und psychisch. Der Mensch vertrug die fremde Technologie nicht besonders, doch in Ermangelung von Alternativen nutzte er sie noch immer.
    Anatol konnte sich genau an seinen ersten LSP erinnern: zuerst ein Ziehen im Genick, gefolgt von einem unerträglichen Brennen im ganzen Leib, dann ein Kribbeln, bis der Verstand mit einer Explosion barst - um gleich darauf im Interim zu erwachen.
    Das Interim war die Fahrrinne in der unbekannten Sphäre zwischen den Sternen, in der man immer eine Woche lang mit dem Raumschiff trieb, ehe es mit Schmerzen wieder hinausging. Jedes Mal hatten Anatol wie auch die Passagiere ein Stück ihrer Gesundheit als Tribut für die schnelle Reise dort zurückgelassen.
    Bei ihm waren es deutlich mehr als einhundert LSP und einige Hundert Kurzstreckensprünge gewesen. KSP wurden erst ab vierhundert gefährlich, wie man vermutete. Es hing auch von der Konstitution eines Menschen ab, aber vierhundert waren ungefähr die Grenze.
    400 Tois. Dafür, dass sie mich zum Krüppel gemacht haben, viel zu wenig.
    Sein Kom klingelte.
    Anatol riss sich von seinen Erinnerungen und dem Anblick der Berge los und fischte das Gerät aus der Manteltasche. Der Anzeige nach war es Fredinald Zumi, der Vorsitzende der Interstellaren Handelskommission von Hakup, der etwas von ihm wollte. Scheiße. Den habe ich total vergessen. Er nahm den Anruf entgegen. »Sie werden es ...«
    »Immer am Ersten«, fiel ihm der Mann leicht undeutlich ins Wort, »ist es der gleiche Mist mit Ihnen, Lyssander. Sie rennen Ihrer Rente nach, und wir sitzen hier und wollen die Verhandlungen beginnen. Wer ist nicht da?«
    »Ich?«
    »Richtig. Prächtig analysiert, Lyssander!«, rief Zumi scheinbar gut gelaunt und klang gleich darauf ätzend. »Ich habe ein Rudel Tiranoi zu Gast. Fliegen Sie ins Handelskontor! Sonst kürze ich Ihr Übersetzerentgelt!«
    Klick.
    Anatol grinste. Fühl dich nur stark, Zumi. Du weißt, dass es umgekehrt ist. Er ging die Stufen des Verwaltungsgebäudes hinab auf den See zu, wo einige Meter von ihm entfernt die offenen Schwebertaxis am Ufer warteten. Am schnellsten ging es nach Hakup-City übers Wasser.
    Er stieg in das erstbeste Taxi ein. Zwar stand am Raumhafen sein eigenes Schiff, aber er hatte bereits getrunken. Vier Schnäpse, mehr nicht. Einen Unfall wollte er jedoch nicht riskieren.
    Die Fahrt begann.
    Der Schweber ließ mit seinen vierhundert Stundenkilometern eine hohe, rote Gischtwolke hinter sich, die Anatol an Blut in Schwerelosigkeit erinnerte. Auch der Geruch war metallisch, echt ... Lichtreflexe brachen sich auf der Oberfläche, leuchteten ihm in die Augen. Er musste würgen und nahm den Diffusor heraus, um den drohenden Anfall mit knallharten Chemikalien zu ersticken - und verharrte.
    Schwer atmend betrachtete er das Gerät. Nein. Ich muss es aushalten, sonst verstehe ich die Tiranoi nicht richtig. Anatol steckte es unbenutzt zurück in die Tasche, dann klammerte er sich an seinen Sitz und starrte nach vorn.
    Hakup-City wuchs vor ihm in die Höhe. Eine Seite lag am See, die andere am Meer, das Anatol sehen konnte. Schwarz wie Teer breitete es sich aus und schuf einen harten Kontrast zum roten Wasser; ein schmaler Damm trennte die beiden.
    Die Stadt war Lebensraum für einundzwanzig Millionen Menschen, die in gewaltigen Hochhäusern lebten. Landeplattformen für Schweber standen wie kleine Blätter aus dicken Chrom-Betonstängeln hervor. In einer Sonderzone inmitten des Zentrums lebten die Kreaturen, die ahuman waren und eine Bleibegenehmigung von der GUSA bekommen hatten.
    Anatol hörte in diesem Zusammenhang immer wieder von kritischen Personen die Worte Ghetto und Abschottung. Dazu musste man nicht ahuman sein, denn das beherrschten die Menschen selbst recht gut untereinander. Hakup-City zerfiel in viele kleine Gruppierungen und bildete damit keine Ausnahme in der Unzahl von menschlichen Städten im Universum.
    Unsere Ahnen haben die Probleme von der Erde einfach ins Weltall mitgenommen. Viele Utopien aus Science-Fiction-Romanen der vorangegangenen Jahrhunderte hatten sich nicht bewahrheitet. Weder die düstersten noch die schönsten.
    Ins Auge stach der TechScraper, in dem das Unternehmen 20T Technology seine Basis unterhielt. Die Automaten hatten nicht nur das größte Hochhaus aus silbernem, goldenem und rubinrotem Chrom gebaut, nein, sie hatten es als eine überdimensionale Werbetafel errichtet. Auf den Fronten warben
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