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Code Freebird

Code Freebird

Titel: Code Freebird
Autoren: Administrator
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können, ist, dass es sich bei dem Getöteten nicht um einen Araber oder einen Menschen aus der Region östlich des Balkans handelt. Sein Gensatz entspricht dem eines reinrassigen Mitteleuropäers.«
    »Es könnte also ein Deutscher sein.«
    »Möglich. Aber auch ein Schweizer, Österreicher, Holländer, Däne …«
    »Schweizer verüben keine Bombenanschläge.«
    Michaelis schmunzelte. »Wer weiß, wie so einer reagiert, wenn er von seiner Alm vertrieben wird.«
    Sie hatte wieder zur alten Gelassenheit zurückgefunden. Levy war erstaunt und irgendwie auch über die Normalisierung dankbar. »Dann haben wir es vermutlich nicht mit einem Täter zu tun, der sich und andere in die Luft sprengen wollte, sondern mit einem Opfer, das gezielt getötet wurde.«
    »Noch ist nichts bewiesen. Beide Varianten sind denkbar. Wie weit bist du mit dem Studium der Akten gekommen?«
    »Über einen ersten Blick bin ich nicht hinausgekommen. Es ist noch zu früh, etwas zu sagen.«
    »Das kommt mir bekannt vor. Hast du nicht damals bei Anubis …«
    Sie stockte, als ihr klar wurde, was sie gesagt hatte. Wieder hatte sie das Gespräch auf seinen Bruder gebracht, der unter dem Namen Anubis mehrere Menschen brutal ermordet und zu Schaufensterpuppen ausstaffiert hatte. Damals, als Levy gegen Michaelis’ Willen, aber durch die Fürsprache Demandts den Fall bekommen hatte, hatte er sich ähnlich geäußert. Nun waren die Vorzeichen vertauscht. Michaelis wollte ihn unter allen Umständen dabeihaben, Demandt schoss quer.
    »Was ist eigentlich mit Sven los?«, fragte Levy. »Hat er inzwischen eingelenkt?«
    »Kein Stück«, antwortete sie. »Irgendwas läuft da hinter meinem Rücken ab. Der Innensenator hat mich zwar gewarnt, dass ich mit allerlei Gegenwind zu rechnen habe, aber dass Sven sich mir so offenkundig in den Weg stellt, verblüfft mich sehr. Hat er dir gegenüber etwas erwähnt?«
    »Nein, du hast ihn ja gestern erlebt. Er tut fast so, als ob ich völlig inkompetent sei.«
    »Das kommt mir bekannt vor«, erwiderte sie schmunzelnd. »Mach dir keine Sorgen, ich und das Team stehen hinter dir.«
    »Sven könnte aber recht behalten. Du gehst ein Risiko mit mir ein.«
    Dieses Déjà-vu ersparte sie sich. »Wer hat gesagt, dass unser Job ohne Risiko ist? Das war der Grund, wieso ich überhaupt in den Dienst eingetreten bin.«
    Sie strahlte, und Levy sah in ihren Augen ehrliche Begeisterung. Oder war es etwas anderes?
    »Komm«, sagte sie, »lass uns zum Kino fahren.«

5
    Der umstrittene Film Tal der Wölfe stand für die Abendvorstellung auf dem Programm. Die türkische Produktion zeigte in bester Rambo-Manier, wie es aussehen kann, wenn die Amis einmal die Schurken waren. Der Film stieß in der Türkei und großen Teilen der islamischen Welt auf Begeisterung.
    Levy überlegte, wann er das letzte Mal im Kino gewesen war. Das musste Jahre her sein. Wieso auch, fragte er sich, sein Leben war aufregend genug. Leichen, Blut und Mordinstrumente gehörten zu seinem Alltag.
    Michaelis durchtrennte das Siegel der Kripo an der Eingangstür und schloss auf. Nachdem die Spurensicherung tags zuvor mit ihrer Arbeit fertig geworden war, blieb das kleine Haus bis auf weiteres geschlossen; so lange, bis die Ermittlungsleiterin es wieder freigeben würde. Und Michaelis wollte, dass sich Levy ebenfalls den Tatort ansah.
    Mit der Ermittlungsakte in den Händen ging sie voraus. Was nun folgte, war die übliche Tatortbegehung. Levy hatte nicht darum gebeten, eigentlich kam sie einen Tag zu früh. Gern hätte er die Tatortfotos, Zeugenaussagen und die anderen Protokolle im Vorfeld studiert, damit er später am Tatort wusste, worauf er genauer eingehen wollte.
    Doch ganz ungelegen kam es für ihn dann doch nicht. Wie er bereits in den Morgenstunden festgestellt hatte, unterschied sich dieser Tatort von den vorangegangenen. Mal sehen, ob es noch weitere Anhaltspunkte gab.
    Während eine Glühbirne an der Decke ein gelbliches Licht auf den mit rotem Samt ausgelegten Gang warf, schlug Michaelis die Akte auf und begann, die bisher ermittelten Ergebnisse vorzutragen.
    »Die Kassiererin Emma Wieczorek«, begann sie und zeigte dabei auf ein kleines Kabuff zur Rechten, das rund einen halben Meter erhöht und mit einer ungepflegten Glasscheibe vom Gang abgetrennt war, »verkaufte an jenem Nachmittag gerade mal fünf Eintrittskarten. An eine Frau, zwei Jugendliche und zwei Männer. Einer von ihnen ist das noch unbekannte Opfer. Die Identitäten der anderen wurden bisher
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