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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow
Autoren: Polina Daschkowa
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drehte sich jäh mit dem ganzen Körper in die Richtung, aus der die Stimme kam, und im selben Moment krachten gleichzeitig zwei Schüsse. Mit ohrenbetäubendem Krächzen flog eine schwarze Wolke von Krähen zum Himmel auf. Margarita schwankte und fiel dann langsam in die Grube.
    Der junge Leutnant atmete schwer und blickte erschrocken um sich. Auf seiner Panzerweste war auf der linken Seite deutlich die Spur einer Kugel zu sehen.
    ***
    Der schwarze Lada fuhr über die Dmitrowskoje-Chaussee auf Moskau zu. Die Schultern schmerzten immer noch, dieArme wollten ihr nicht gehorchen. An den Handgelenken waren tiefe blaurote Striemen zurückgeblieben, und Katja massierte sie mit schwachen, geschwollenen Fingern.
    »Vor ein paar Wochen bin ich auf den Boden gestiegen. Ich habe viele alte Schallplatten und wollte endlich meinen ›Estonia‹-Plattenspieler herunterholen, der dort schon fast zwanzig Jahre herumsteht, und gucken, was man damit noch anfangen kann. Und ganz hinten in der Ecke habe ich einen Sack mit Sachen meiner Ex-Frau entdeckt. Das war der Sack, der im Zimmer lag.«
    »Hat deine Ex-Frau eine Perücke getragen?« fragte Katja erstaunt.
    »Sie hat sich mal die Haare ganz kurz schneiden lassen, fast kahl, eine ihrer merkwürdigen dummen Launen. Danach hat sie diese Perücke gekauft, hat sie aber nie aufgesetzt. Und das Parfum habe ich für dich gekauft. Im Oktober ist es ein Jahr her, daß wir uns kennengelernt haben. Die Verkäuferin sagte, es sei eine ganz bekannte Marke. Ich verstehe nichts davon und dachte, wenn es so teuer ist, muß es auch gut sein. Du hast in der Aufregung nicht bemerkt, daß die Perücke schon ganz alt, staubig und ramponiert ist. Und die Parfumschachtel war noch versiegelt.«
    Katja vergrub ihren Kopf an Pawels Schulter und begann zu weinen.
    Im Auto spielte leise Musik. Der süße Tenor von Joe Williams, dem berühmten schwarzen Jazzsänger aus den frühen fünfziger Jahren, sang von der großen, reinen Liebe, die es auf der Welt nicht gibt.

Epilog
    »Patientin Guskowa, wachen Sie auf, Sie werden abgeholt!«
    »Von wem?«
    »Von wem wohl? Von Ihrer Enkelin natürlich.«
    Olga betrat den Krankensaal, setzte sich auf den Bettrand, streichelte der Oma über den Kopf und fuhr mit leichter Hand über die zotteligen grauen Haare.
    »Oma, laß uns nach Hause fahren.«
    »Na endlich«, brummte Iwetta Tichonowna und sprang behende aus dem Bett. »Aber wie siehst du bloß aus? So kann ich doch nicht mit dir auf die Straße gehen, ich muß mich ja für dich schämen! Du, als die Tochter eines Offiziers.«
    Olga trug ihre karierte Hausjacke aus Flanell und die uralten, völlig verschossenen Jeans.
    »Und wie bleich und mager du bist, du siehst ja zum Fürchten aus. Gehen wir, Genossin«, wandte sie sich streng an die Krankenschwester, »wo sind meine Sachen? Olga, hat dir dieser große Milizionär meine Bitte nicht ausgerichtet? Aber natürlich, du hast wieder nichts mitgebracht, nicht die Waffeln mit der rosa Füllung und noch nicht einmal Schokolade. Das konnte ich mir ja denken! Du hättest dich wenigstens kämmen können, du siehst aus wie eine Schlampe.«
    Sie traten auf die Straße. Es war ein warmer, heller Vormittag. Altweibersommer.
    »Wohin rennst du denn? Ich kann nicht so schnell. Warte, es ist noch Rot. Seit deiner Kindheit predige ich dir, über die Straße darfst du nur bei Grün gehen. So, jetzt können wir gehen.«
    Der Wind zerzauste die langen hellbraunen Haare. Die riesigen dunkelblauen Augen leuchteten weich auf dem blassen, durchscheinenden Gesicht. Die Passanten drehten sich unwillkürlich um, schauten ein zweites Mal hin, blieben für einen Moment wie verzaubert stehen und liefen dann eilig weiter, ihren morgendlichen Geschäften nach.
    »Was für ein merkwürdiger Geruch«, sagte Iwetta Tichonowna und rümpfte die Nase. »Wonach riechst du?«
    »Nach Gefängnis, Oma.«

Informationen zum Buch
    Die attraktive Primaballerina Katja Orlowa wird von ihrem Ehemann, einem reichen Casinobesitzer, ständig betrogen. Eines Abends, als er sie aus dem Theater abholt, wird er vor ihren Augen erschossen. Der Verdacht fällt auf seine schüchterne Geliebte. Doch Katja beginnt bald an ihrer Schuld zu zweifeln - erst recht, als ein zweiter Mord geschieht.
     
    "Das ist große Kriminalliteratur!"
    Literaturen
     
    "Ein Kriminalroman, der den Leser permanent in Atem hält."
    Deutsche Welle

Informationen zur Autorin
    POLINA DASCHKOWA, geboren 1960, studierte am Gorki-Literaturinstitut in
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