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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra
Autoren: Felix Thijssen
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Mann hatte diesen Grad von Gewissenlosigkeit einfach nicht in sich. Finanzielle Machenschaften, ja, das waren Dinge, die auf dem Papier und übers Telefon geregelt wurden, wie dieser aus dem Ruder gelaufene Studentenscherz. Vielleicht kam sogar noch eine ähnliche Haltung hinzu wie das frühere Motto der Adligen: Quod licet Jovi non licet bovi – was Jupiter erlaubt ist, ist noch lange nicht jedem Ochsen erlaubt –, weil sie nun einmal das angeborene Recht besaßen, reicher und mächtiger zu sein als die anderen.
    Josef Cleveringa war ein Opportunist und dazu fähig, sich alles Mögliche einzureden.
    Mord war natürlich etwas anderes. Vielleicht hatte Scholte ihn vor vollendete Tatsachen gestellt und es fertig gebracht, ihn davon zu überzeugen, dass es keinen anderen Ausweg gegeben habe, was es dem Pragmatiker Cleveringa erlaubt hatte, den Mord zu verdrängen und seine Rolle einfach weiterzuspielen. Alle späteren Probleme, wie etwa der Brief aus Malta, überließ er einfach Scholte und wahrscheinlich wollte er nicht einmal wissen, welche Lösungen Scholte und Henkelman dafür fanden. Er war einfach ein unbeschreiblicher Heuchler.
    Trotzdem musste für ihn eine Welt zusammengebrochen sein, als er aus dem Ausland zurückkehrte und erfuhr, dass Lonneke und Helene auf eigene Faust aus dem Tennisplatz ein Schwimmbad machen ließen und der Bulldozer dabei das Skelett einer Leiche freigelegt hatte, die über fünfzehn Jahre lang im dunklen Keller seines Gedächtnisses verborgen gelegen hatte.
    Bernard hatte Recht. Cleveringa würde alles zugeben.
    »Hast du inzwischen noch einmal mit seiner Tochter gesprochen?«, fragte er.
    »Sie weiß, dass der Fall wieder an dich zurückgegangen ist.«
    »Hat es deswegen Probleme gegeben?«
    »Ich glaube nicht. War das alles?«
    »Ich halte dich auf dem Laufenden.« Er beendete das Gespräch.
    Ich dachte an die bittere Ironie, die darin lag, dass die Tochter für die Ermittlungen bezahlte, durch die ihr Vater im Gefängnis landen würde. Ohne Lonneke wäre gar nichts geschehen.
    Warum hatte sie die Sache ins Rollen gebracht? Marga hatte behauptet, kleine Mädchen würden mehr sehen, als man glaubte. Natürlich wusste sie, dass ihre Eltern keine gute Ehe geführt hatten, aber von da aus war es ein ziemlich großer Schritt, ihren Vater des Mordes zu verdächtigen. Hatten ihre Vermutungen mit der Reaktion ihres Vaters auf die anonyme Ansichtskarte begonnen, die ihr ihre Mutter aus Pisa geschickt hatte? Weil er jeden Gedanken daran, dass sie noch leben könnte, von vornherein von der Hand wies? Hatte es noch weitere Kleinigkeiten gegeben, falsche Bemerkungen, Gereiztheit, wenn sie von ihrer Mutter sprach, die in ihr einen Widerwillen gegen ihren Vater erregten, der sich nach und nach in Argwohn verwandelte?
    Der Gedanke kam in mir auf, dass Lonneke vollendete, was ihre Mutter geplant hatte. Sie trat in die Fußstapfen ihrer Mutter, die in den letzten Jahren nur noch von einem Ziel besessen gewesen war: sich an ihrem Mann zu rächen.
    Ich schaute hinaus. Es war schon dunkel. Marga wirtschaftete in der Küche.
    Ich nahm den Hörer vom Telefon.
    »Haus Buchenstein«, meldete sich eine Stimme.
    »Spreche ich mit Glinka?«
    »Ja?«
    »Hier ist Max Winter. Ist Lonneke in der Nähe? Es ist dringend.« »Lonneke ist … Einen Augenblick bitte.«
    In ihrem Zögern lag etwas Beunruhigendes.
    Zweimaliges Klicken. »Lonneke.«
    »Hier ist Max. Ich habe darüber nachgedacht und Sie haben Recht; ich hätte Sie früher informieren sollen.«
    »Das wird kaum mehr nötig sein.«
    Ihre Stimme klang irgendwie unecht, fiebrig. Meine Unruhe wuchs. »Können wir uns irgendwo treffen? Ich könnte jetzt direkt zu Ihnen kommen.«
    »Warum sollten Sie? Schicken Sie mir einfach Ihren Bericht und die Rechnung.«
    »Haben Sie mit Ihrem Vater gesprochen?«
    »Worüber ich mit meinem Vater spreche, ist meine Sache.«
    »Er ist doch zu Hause?«
    »Mein Vater ist in seinem Arbeitszimmer und ich glaube nicht, dass er das Bedürfnis hat, mit Ihnen zu telefonieren. Auf Wiederhören, Max.«
    Sie unterbrach die Verbindung.

 

15
     
    Die Hälfte der Fahrtzeit hatte ich das Telefon am Ohr. Nach Auskunft seiner Frau war Bernard noch im Büro. Ich wählte seine direkte Durchwahl, aber es war besetzt. Nach drei weiteren Versuchen war immer noch besetzt, so dass ich die Dame am Empfang anrief.
    »Es tut mir Leid, er hat ein Gespräch auf der anderen Leitung«, sagte sie.
    »Sie müssen es unterbrechen, es ist
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