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Clementines verrückte Woche

Clementines verrückte Woche

Titel: Clementines verrückte Woche
Autoren: Sara Pennypacker
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beschlossen, die Sache mit den Komplimenten aufzugeben und es mit Geschenken zu versuchen. Und mir war die gute Idee mit der Goldenen Regel gekommen: Wenn du willst, dass andere dir Tattoos antun, dann füg auch ihnen Tattoos zu!
    Im Erdkundeunterricht machte ich ein Schild: TATTOOS, heute gratis – sonst 40 Dollar! Dann schrieb ich noch eine 0 dahinter, damit alle begriffen, dass es wirklich ein Wahnsinnsgeschenk war.
     

     
    In der Pause steckte ich meine Filzstifte in die Tasche und ging mit meinem Schild nach draußen. Ich schob es in den Zaun ganz weit weg von der Stelle, wo die Lehrer Streife gingen, um sicherzustellen, dass die aus der sechsten Klasse sich beim Völkerball nicht gegenseitig umbrachten, und wartete.
    Als Erster kam Charlie zu mir herüber. »Gratis-Tattoos«, sagte ich zu ihm. »Normalerweise nehme ich vierhundert Dollar.«
    »Mein Onkel hat eine nackte Frau auf seinem Arm«, sagte Charlie. »Sie sitzt auf einem Anker.«
    »Ich glaube nicht, dass ich eine nackte Frau zeichnen kann«, sagte ich ihm. »Das habe ich noch nie versucht.«
    »Macht nichts«, sagte Charlie. »Ich will gar keine. Ich wollte dir das nur erzählen.« Ich dankte ihm und zeichnete dann einen Anker auf seinen Arm. Auf den Anker setzte ich noch einen Fisch.
    »Der ist nackt«, teilte ich ihm mit.
    Als Nächstes kam Rasheed. Er sagte, er habe sich noch nie überlegt, was für ein Tattoo er gern hätte … ob ich etwas vorschlagen könnte?
    »Na ja«, sagte ich. »Ich male mir gerne etwas zur Erinnerung auf den Arm.« Ich zeigte ihm, was ich am Montag geschrieben hatte.
    »A. S. S. Absoluter Super-Spieler«, sagte Rasheed.
    Diese Margret!
    »Sehr gut, das gefällt mir, das nehme ich.« Er krempelte seinen Ärmel hoch. »Aber die Fragezeichen kannst du weglassen.«

 
    Lilly wollte ihr übliches Bild – einen Regenbogen über drei Tulpen. Ich sitze im Unterricht neben Lilly und habe diesen Regenbogen und diese Tulpen ganz schön satt. Ich versuchte sie zu etwas Interessanterem zu überreden. »Wie wäre es mit einem Teller Spaghetti mit Fleischklößchen unter dem Regenbogen?«, schlug ich vor. »Wie wäre es mit einem Zebra, das die Tulpen aufisst?«
    Aber Lilly hat nicht besonders viel Fantasie. Sie schüttelte den Kopf. »Ich bleibe beim Regenbogen. Aber wenn du unbedingt willst, kannst du vier Tulpen machen.«
     
    Lillys Zwillingsbruder Willy wollte ebenfalls das Übliche. Mit ihm verhandelte ich nicht, weil ich gern Zombiehaie male, auch wenn er auf jeder Menge spitzer Zähne besteht, und spitze Dinge mag ich nicht so gern. Ich dachte daran, dass sie schließlich auf seinem Arm waren und nicht auf meinem. Auf seinem blauen Fleck malte ich besonders sanft, und der Hai wurde ganz grün und lila und schwarz, und das fand er super.
    Alles ging gut, bis Maria an die Reihe kam. »Ich möchte ein Zicklein«, sagte sie. »Wir waren vorigen Sommer in einem Streichelzoo und da hab ich eins gesehen.«
    Obwohl ich eine wirklich gute Künstlerin bin, wusste ich nicht weiter. Ein Zicklein war so ungefähr das Einzige auf der Welt, was ich noch nie gemalt hatte – außer einer nackten Frau –, und ausgerechnet das wollte Maria. Aber am Ende fand ich eine Lösung.
    »Was ist das denn?«, fragte Maria, als ich fertig war. »Was ist das für ein Gekritzel? Was sind das für Punkte?«
    »Das ist ein Busch«, erklärte ich. »Das Zicklein sitzt drinnen und frisst Beeren.«
    »Mann«, sagte Maria. »Du bist noch besser, als ich gedacht hatte!«
    Der Nächste war Norris-Boris-Morris-Horace-Brontosaurus. Eigentlich heißt er Norris, aber zu Anfang des Jahres konnte ich mir das nicht merken, und deshalb habe ich ihm alle Namen auf -orris gegeben, die mir überhaupt einfielen. Das fand er super. Eine Minute lang fürchtete ich, ich sollte die Namen auf seinen Arm tätowieren, aber nix da.
    Er krempelte sich die Jeans hoch. »Mach aus meinen Beinen Bäume«, sagte er. »Mit Rinde und Blättern und allem Drum und Dran. Und mal auch Eicheln rein. Wenn ich dann mit meiner Oma in den Park gehen und mit ihr auf der Bank sitzen muss, während sie strickt, laufen mir vielleicht Eichhörnchen die Beine hoch.«
    Ich hielt das für eine gute Idee. Aber inzwischen stand hinter ihm eine lange Schlange. »Tut mir leid, Norris-Boris«, sagte ich. »Baumbeine dauern zu lange.«
    Er seufzte und rollte seine Hosenbeine wieder herunter. »Dann ist es mir egal«, sagte er. »Mach, was du willst.«
    Ich malte ihm ein paar Erdnüsse auf den Arm. »Leg dich im
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