Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clementine schreibt einen Brief

Clementine schreibt einen Brief

Titel: Clementine schreibt einen Brief
Autoren: Sara Pennypacker
Vom Netzwerk:
Ich hab nie Ärger.«
    »Es war bestimmt deine eigene Schuld, Clementine«, fiel Margret ihr ins Wort, obwohl ich doch gar nicht, N-I-C-H-T mit ihr sprach. »Du hast bestimmt irgendeinen Unsinn gemacht. Du machst immer irgendeinen Unsinn. Warum siehst du für den Rest der Woche nicht einfach Lilly zu und machst dasselbe wie sie?«
    »Das klingt nach einer blöden Idee«, sagte ich.
    Willy bohrte mir den Finger in den Nacken. »Ich mach das immer«, sagte er. »Und ich krieg auch nie Ärger.«
    Ich ließ mich auf meinem Sitz nach unten rutschen. »Na gut, meinetwegen«, sagte ich. »Ich mach’s.«
     

4. KAPITEL
    Als ich aus der Schule nach Hause kam, packte ich meine Hausaufgaben aus, legte sie auf den Küchentisch und starrte das leere Blatt an.
    Meine Mom kam herein und fragte, ob ich schnell etwas essen wollte.
    »Nein«, sagte ich. Ich biss dabei die Zähne zusammen und das Nein klang wie ein Knurren. Ein wütendes Knurren. »Ich will, dass mein Lehrer nicht weggeht.«
    Meine Mom gab mir trotzdem Käse und Saft. »Herr D’Matz geht weg? Ach, das ist aber schade. Du magst ihn doch so gern. Willst du mir davon erzählen?«

 

 
    In diesem Moment hörten wir aus dem Nebenzimmer ein Krachen und mein Bruder lachte laut. Das bedeutete, dass er schon wieder im Schrank mit den Malsachen herumwühlte.
    »Wollen wir hoffen, dass er die Filzstifte nicht gefunden hat!« Meine Mom stürzte aus dem Zimmer.
    Dann kam mein Dad herein. Er warf einen Blick auf mein Gesicht und hakte die Schlüssel von seinem Gürtel. »Möchtest du eine Runde drehen?«, fragte er.
    Wenn ich sauer bin, lässt mein Dad mich immer mit dem Lastenaufzug fahren, bis ich mich wieder beruhigt habe.
    »Nein.« Ich knurrte schon wieder. »Was ich will, ist, diese Hausaufgaben nicht machen zu müssen.«
    Mein Dad setzte sich neben mich. »Harte Nuss, was? Möchtest du mir davon erzählen?«, fragte er. Und ob ich das wollte. Aber gerade in diesem Moment klingelte sein Jobtelefon.
    Als er zurückkam, sagte er: »Tut mir leid, Kumpel, das muss warten. Der Fahrstuhl hat schon wieder seinen Geist aufgegeben. Wir reden später weiter.«
    Mein Dad ist der Hausmeister in unserem Wohnblock. Er sagt, das bedeutet, dass alle Probleme an ihm hängenbleiben. Aber das Gute bleibt auch an ihm hängen.
    Wie zum Beispiel das Dach. Manchmal gehen wir an Sommerabenden mit der ganzen Familie auf das Dach, und das ist acht Stockwerke hoch. Von dort aus können wir ganz Boston sehen. Wir nehmen eine große Pizza mit extra viel Käse und eine Lampe mit einer wirklich langen Verlängerungsschnur mit und dann spielen wir alle Spiel des Lebens oben über der Stadt. Na gut, meinetwegen, meine Eltern und ich spielen Spiel des Lebens – Broccoli bohrt einfach nur Stifte in die kleinen Plastikwagen und lässt sie auf dem Brett herumjagen. Das bringt meine Eltern zum Lachen – sie sagen, dass mein Bruder sein Leben wirklich auf der Überholspur lebt.
    In diesem Moment kam mein kleiner Kater in die Küche und sprang auf meinen Schoß. Ich streichelte ihn und gab ihm Stückchen von meinem Käse. Er fing an zu schnurren.
    »Keine Sorge. Ich gehe nicht weg«, sagte ich. »Auf mich kannst du dich verlassen. Wenn ich sage, ich bleibe hier, dann bleibe ich auch hier, Kamillosan.«
    Jetzt kam auch mein Bruder in die Küche. »Spiel mit mir!«
    Ich hielt meinen Zettel hoch. »Geht nicht, Limabohne. Ich muss Hausaufgaben machen.« Mein Bruder lachte, als ob ich einen richtig guten Witz gemacht hätte, und kletterte neben Kamillosan auf meinen Schoß.
    »Das ist nicht komisch«, sagte ich ihm. »Du wirst schon sehen. In fünf Jahren bist du in der dritten Klasse wie ich jetzt und dann musst du auch so blöde Hausaufgaben machen.«
     

     
    Dabei bin ich mir da gar nicht so sicher. Wenn mein Bruder aufwacht, streckt er immer einen Fuß in die Luft und strahlt, wenn er ihn sieht – als ob der Fuß sein bester Freund wäre, nach dem er sich die ganze Nacht gesehnt hat. Er wackelt damit hin und her und glaubt, dass der Fuß ihm zuwinkt. »Huhu, Fuß«, schreit er. Und dann macht er das alles noch einmal mit seinem anderen Fuß.
    Ich glaube nicht, dass jemand, der morgens seine eigenen Füße mit »huhu« begrüßt, es jemals bis in die dritte Klasse schaffen wird.
    Ich nehme an, mein Bruder glaubte auch nicht, dass er es jemals bis zur dritten Klasse schaffen würde. Er miaute mich ganz einfach an und dann aßen er und Kamillosan abwechselnd meinen Käse. Als der alle war, sprangen sie von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher