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Clara

Clara

Titel: Clara
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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weinte die ganze Zeit vor Erschöpfung; sie hatte seit mehr als zwei Wochen aus Sorge um ihre jüngste Tochter kaum geschlafen. Am 9. Februar hatte sie um 19
    Uhr in der Frauenhilfe einen Diavortrag gehalten über das kleine afrikanische Dorf, an das der Erlös vom Weihnachtsbazar gegangen war. Als sie danach nach Hause kam, mußte sie sich um Clara kümmern, die mit Fieber im Bett lag.
    Astrid fand sich in Grieth wieder, bekam prompt alle Angaben bestätigt und unaufgefordert noch einen Lobgesang auf die christliche und selbstlose Familie Albers, die das Vorbild und die Seele der Kirchengemeinde war.
    Die Schwiegertochter hatte sich am 9. Februar den ganzen Tag schon nicht wohlgefühlt und war, gleich nachdem sie ihre Kinder ins Bett gebracht hatte, selbst schlafen gegangen. Dasselbe hatte auch schon ihre Schwiegermutter erzählt.
    Für Donnerstag bestellte Heinrichs auch Klinger und Schmitz, die ihren Berichten nichts hinzuzufügen hatten. Auch Ackermann fiel auf, daß sich die Aussagen der vier Männer im Wortlaut immer ähnlicher wurden.
    Obwohl Haus Barbara nach wie vor verwaist war, erlebte van Appeldorn am Dienstag ein kleines Zwischenhoch. Er hatte endlich Kirsten Glade ausfindig gemacht, ein fünfzehnjähriges Mädchen aus Wachtendonk. Aber als er dann mit ihr und ihren Eltern sprach, erfuhr er lediglich, daß sie im Juli im Haus Barbara an Exerzitien teilgenommen hatte, eine der Veranstaltungen, bei der in Mühlenbecks Unterlagen die Teilnehmerliste fehlte. Angeblich war nichts Ungewöhnliches vorgefallen. Van Appeldorn wußte, daß sie log, aber auch sein zähes Drängen brachte sie nicht zum Reden. Von Frank Toenders wollte sie in ihrem Leben nie etwas gehört haben.
    Am Mittwoch war endlich die Fahndung erfolgreich.
    Mühlenbecks hatten sich in die Obhut des Mutterhauses begeben, und die ›Gemeinschaft‹ hatte inzwischen eine bundesweit prominente Anwaltskanzlei mit der Vertretung von Mühlenbecks Interessen betraut. Auch van Appeldorn hatte vorläufig das Ende einer Sackgasse erreicht.
    Toppe kochte allabendlich gegen seinen Frust an. Er hatte sich ein zweites italienisches Kochbuch gekauft und noch mehr köstliche Vorspeisen entdeckt. Als Gabi am Donnerstag abend den Kühlschrank und die Vorratskammer inspizierte, entschied sie, die Pasta, die sie als Hauptgericht geplant hatten, zu streichen, und machte statt dessen ein zweites Tiramisu.
    Astrid hatte ihre längst vergessene Liebe zum Joggen wiederentdeckt.
    Jeder ging jedem aus dem Weg.

    Schon seit Stunden atmete Opa Czesnik nur noch unregelmäßig, mit langen Pausen, und er war offenbar nicht bei Bewußtsein. Trotzdem hielt Christian seine Hand und streichelte ihm hin und wieder über den Kopf.
    Er schrak zusammen, als der alte Mann die Augen aufschlug. »Hast du es geschafft, Junge?« Seine Stimme war heiser, aber gut zu verstehen.
    »Noch nicht«, beugte Christian sich über ihn. »Aber heute, als ich am Fenster stand, da hat sie so getan, als müßte sie auf die Toilette, und als sie am Fenster vorbeikam, hat sie die Hand an die Scheibe gelegt und genickt. Ihre Augen haben ein bißchen gelächelt.«
    »Das ist sehr gut«, flüsterte Opa Czesnik.
    »Und für morgen habe ich einen neuen Spruch aufgeschrieben«, redete Christian weiter. »Wer den Schuldigen gerecht spricht und den Gerechten schuldig, die sind beide dem Herrn ein Greuel.«
    Er wartete, aber der alte Mann sagte nichts mehr. Der nächste Atemzug blieb aus.
    Christian weinte.

    Am Freitag rief Toppe mittags das Team zusammen.
    »Wir sehen alle aus wie die Vogelscheuchen«, begann er, und nicht mal Ackermann lachte.
    »Am Montag fängt die neue Chefin an, und da sollten wir doch ein etwas frischeres Bild abgeben. Deshalb schicke ich uns jetzt alle ins Wochenende. Dies ist nicht der erste Fall, bei dem wir uns totgelaufen haben. Also sehen wir zu, daß wir die Köpfe leer kriegen und dann am Montag noch mal ganz von vorn anfangen. Und wenn ihr morgen abend bei uns auf der Einweihung erscheint, dann will ich entspannte Gesichter sehen.«
    Astrid kümmerte sich nicht um die anderen und umarmte ihn. Er streichelte ihren Rücken. »Und wir beide gehen jetzt den Wein für morgen einkaufen. Wein und Schnaps.«
    »Ach ja, Chef«, meinte Ackermann. »Ich wollt mich noch ma’ bedanken, auch im Namen von meine Frau, dat Sie uns auch eingeladen haben.«

    Die Halle war prächtig. Wie hatten die beiden Frauen das bloß gezaubert?
    Die langen Biertische sahen aus wie eine Prunktafel in einem
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