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Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Titel: Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt
Autoren: Emma Bieling
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soll?«
    Die hagere Rentnerin nickte lächelnd. »Ich denke nicht, dass meine Tochter etwas dagegen hätte. Zumal Sie es schließlich erschaffen haben.« Sie faltete ihre Hände wie zum Gebet und blickte zur Decke hinauf. »Manchmal spüre ich, dass sie da ist. Wie ein Engel, stets um mich herum. Glauben Sie an ein Dasein nach dem Tod?«
    Cinderella schaute ebenfalls hoch. »Ich bin sicher, dass Stephanie bei Ihnen ist.«
    Elsbeth Schmiedel nickte zufrieden. »Stephanies Tod traf mich unerwartet, wissen Sie. Ich wollte ihr noch so vieles sagen, so vieles geben. Aber dann …« Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Westentasche und schnäuzte sich. »… kam plötzlich dieser Anruf. Es war an einem Dienstagmorgen, eine Woche vor ihrer Heirat mit Gernot, einem gutsituierten Schreiner aus Hamburg. Ein lieber Junge und so fleißig.« Sie schluchzte. »An diesem Dienstag wollten wir uns treffen, um ein Brautkleid auszusuchen. Aber dazu kam es nicht mehr …« Elsbeth Schmiedel schlug die Hände vor ihre weit aufgerissenen Augen. »Dieser betrunkene Unhold hat sie einfach übersehen und mit seinem Lastwagen überfahren.«
    Cinderella ergriff die feuchten Hände der trauernden Seniorin. »Aber all das, was Sie ihr noch sagen und geben wollten, hat Ihre Tochter längst gehört und bekommen.«
    »Meinen Sie?«
    »Da bin ich mir sicher! Wo sie doch stets bei Ihnen ist.«
    Ein sachtes Klopfen an der Tür unterbrach das Gespräch. »Ist die Braut bereit?«, fragte Charlotte Wegener, die Mutter von Max. Sie hatte mit Cinderella zuvor alle Hochzeitsvorkehrungen getroffen und erwies sich als äußerst liebenswert für eine zukünftige Schwiegermutter. Und auch Tommy hatte sie, in Anbetracht ihrer unverhofften Oma-Existenz, den Tümpelschubser verziehen.
    »Noch nicht ganz«, erwiderte Cinderella und rieb mitfühlend über den Rücken der alten Dame, die ihr so sehr ans Herz gewachsen war. »Geht es wieder?«, flüsterte sie fragend.
    Elsbeth Schmiedel nickte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann klatschte sie in ihre Hände. »So, Kindchen, dreh dich noch einmal. So wie vorhin. Bezaubernd! Einfach bezaubernd!«
     
    Die Kirche, in der die Trauung stattfinden sollte, lag auf einem kleinen Hügel. Cinderella holte tief Luft und sah hinter sich. Jule hielt die Schleppe des Kleides fest in ihren Händen. Sie nickte Cinderella zu. »Auf geht’s! Dein Prinz wartet.« Langsam schritten beide die Stufen, die zum Gotteshaus führten, hinauf. Oben vorm Eingang stand Michael Wiedemann. Er lächelte, als er sie sah. »Wer hätte das gedacht?«, stammelte er vor sich hin.
    »Was?«, fragte Cinderella, deren Gesicht von einem seidenen Schleier verdeckt wurde. »Dass aus dem vorlauten Zimmermädchen die Frau des besten Freundes wird?«
    Er strich sich durchs gut gestylte Haar und lachte. »Immer noch genauso keck wie vorher.«
    Jule legte die Schleppe des Kleides auf den Boden und richtete sie aus. »So, Schätzchen, toi-toi-toi«, sagte sie. Dann blickte sie zu Michael Wiedemann. »Die Braut ist bereit, zum Altar geführt zu werden.«
    Er verbeugte sich. »Ich danke der wunderschönen Unbekannten«, erwiderte er, ihr zuzwinkernd.
    Jules Gesicht verfärbte sich. »Jule Schönwandt«, hauchte sie verschämt zurück.
    »Angenehm, Michael Wiedemann.« Er griff nach ihrer Hand und küsste sie.
    König Drosselbart und Jule?
Cinderella musste grinsen. Eine unpassendere Verbindung konnte es nicht geben. Als würde sich das Meer mit der Sonne vereinen. Dann wandte er sich Cinderella zu und hielt ihr seinen gebeugten Arm entgegen. »Bereit?«
    Cinderella nickte, hakte sich ein und verdrehte die Augen. »O Gott, ich glaube, ich muss …« Sie schlug die Hände vor ihren Mund und lief die steinerne Treppe hinunter.
    »Wo willst du hin? Warte!«, rief Jule und rannte hinterher. »Nicht doch! Deine Schleppe, pass auf!« Ein lautes Knacken, gefolgt von einem Ratsch, übertönte das Rauschen der See. »Das Kleid! Das schöne Kleid!«, schrie Jule aufgeregt.
     
    Nachdem sich Cinderella ihres Mageninhalts entledigt hatte, tupfte Jule mit einem Tuch an ihrem Mund herum. »Was war das denn? Die letzte Kotzattacke vor der Ehe oder die erste vor einer Nervenbelastung mit achtzehnjährigem Wohnrecht?«
    Cinderella blickte Jule fragend an.
Schwanger? Ich?
»Das ist nicht witzig!«, fauchte sie erzürnt.
    Jule riss schützend die Hände hoch. »Hallo? Als ob ich was dafür könnte!«
    »Blödsinn! Ich bin nicht schwanger!«
    »Gut! Dann hör auf zu kotzen und
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