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Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Titel: Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt
Autoren: Emma Bieling
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Cinderella leise hinzu.
    »Aber natürlich. Ich denke, dass ich auf diesen Teil verzichten kann.«
    Der Portier wandte sich ab. Minuten später brachte er den gewünschten Anzeigenmarkt und eine weitere Tasse Kaffee. Dann verschwand er im Hinterzimmer des Empfangs.

Aller Anfang ist schwer
    Das Gebrüll zweier Kinder weckte Cinderella auf. Noch etwas benommen, blickte sie sich um. Wo war der Portier? An seiner Stelle stand eine junge Blondine hinter dem edlen Empfangsbereich aus Mahagoniholz und verabschiedete eine holländische Gastfamilie.
    O Gott, die Bank. Wie spät war es?
    Cinderella sprang auf und betastete ihren Mund. Den ungewöhnlich starken Speichelfluss hatte Tommy von ihr geerbt. Keinesfalls wollte sie mit einem Sabberfleck im Gesicht der hübschen Rezeptionistin gegenübertreten. Nein! Schließlich war sie jetzt auf Sylt. Und sie war eine vollkommen neue Cinderella.
    Tommy schlief noch seelenruhig. Blieb also genug Zeit, die Bank zu kontaktieren und das Geheimnis der geschluckten Karte zu lüften. Ihr Kleid sah etwas zerknittert aus. Cinderella fuhr mit ihren Händen darüber und versuchte die Spuren der ungewöhnlichen Nacht zu beseitigen. Mit geringem Erfolg. Dieser Stoff hatte die Eigenschaft von sechzigjähriger Gesichtshaut. Waren die Falten erst einmal drin, bekam man sie ohne technische Tricks nie wieder raus.
    Mit leicht zerzaustem Haar und einem prägnanten Sommer-Outfit schlurfte Cinderella zum Empfangstresen. »Verzeihen Sie – darf ich Ihr Telefon benutzen?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte die auffällige Tresenschönheit.
    Cinderella tippte hastig die Nummer ihrer Bankfiliale ein. Gleich würde sich ihre finanzielle Notlage in Wohlgefallenauflösen. Ganz gewiss! Ein Mann mit der Stimme eines Eunuchen meldete sich freundlich und fragte nach ihrem Anliegen.
    Schon wieder ein Neuer?
    Sie schilderte das peinliche Geschehnis am Geldautomaten.
    »Tut mir leid, Frau Preußer. Da kann ich Ihnen nicht helfen. Am besten Sie kommen vorbei und sprechen beim Leiter persönlich vor«, piepste der Banker in den Hörer.
    »
Persönlich? Ich bin nicht vor Ort, sondern auf Sylt. Und ich brauche dringend meine Karte zurück.«
    »Auf Sylt? Verstehe! Ich verbinde. Bitte bleiben Sie am Apparat.«
    Unterdessen checkte ein älteres Pärchen aus, das nach einem Taxi zum Bahnhof verlangte.
    »Sowie die junge Dame ihr Telefongespräch beendet hat, rufe ich einen Wagen für Sie«, verkündete die gut gestylte Hotelblondine lautstark und wies mit der Hand zum Telefon.
    Cinderella wurde nervös. Noch immer hing sie in der Warteschleife.
    Nun mach schon, geh ran!
    Sie konnte den Unmut der Wartenden regelrecht spüren.
    Minuten später hatte Cinderella eine Antwort. Und sie gefiel ihr überhaupt nicht. Der Filialleiter erklärte ihr in wenigen Sätzen, dass ihr Konto astronomisch überzogen war und gesperrt wurde. Sie knallte den Hörer auf die Kabel.
    Mike, du verdammter Dreckskerl!
    An Mikes Kontoverfügung hatte sie nicht gedacht. Erst recht nicht, sie zu kündigen. Weshalb auch? Schließlich wollten sie heiraten und zusammen alt werden. Da war es doch völlig normal, dass man sich ein Konto teilte. Oder etwa nicht? Und nun das!
    Cinderella schlich zurück zur Lobby und ließ sich in einen der Sessel fallen. Ihre Probleme waren gerade zu einem Mount Everest herangewachsen. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie ihrer Vergangenheit nicht so einfach entkommen konnte, ohne noch einmal darin einzutauchen.
    Tommy äugte aus einem kleinen Spalt der Decke hervor. »Mama, gibt’s was zu essen?«
    Er hatte recht! Vor lauter Sorgen hatte sie gar nicht bemerkt, dass auch ihr der Magen knurrte.
    »Komm, Tommy, wir gehen frühstücken.«
    »O ja! Ich will einen Krabbenburger.«
    Sie half ihm aufstehen und ordnete mit den Fingern sein Haar. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es keine Krabbenburger gibt.«
    »Doch, im Meer.«
    »Blödsinn! Die gibt es doch nur im Trickfilm, Tommy.«
    »Und im Meer.«
    Cinderella kapitulierte. Einen Fünfjährigen von der Realität zu überzeugen war noch schwerer, als einen Krabbenburger aufzutreiben. Sie nahm ihre Reisetaschen auf und steuerte mit wackligen Schritten auf den Ausgang des Hotels zu. Ihre Handtasche baumelte, wie eine tragbare Brotbüchse, vor ihrer Brust hin und her.
    Aschenputtel hatte wenigstens noch ein Pferd!
    Als sie die Tür öffnen wollte, hörte sie hinter sich die hübsche Hotelblondine rufen. »Frau Preußer, einen Moment noch.«
    Cinderella atmete tief durch
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