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Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Titel: Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt
Autoren: Emma Bieling
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sie noch. Blieb nurnoch das Problem einer zwanzigminütigen und kostenfreien Kinderbetreuung.
    »Verzeihung, aber könnten Sie eventuell einige Minuten auf meinen Sohn und das Gepäck achten?«
    Der Mann räusperte sich. »Ich habe gerade eine Menge zu tun – tut mir leid. Aber ihre Taschen können Sie hier neben den Tresen stellen.«
    Mist! Ein Vorstellungsgespräch mit Tommy? Das würde kaum gutgehen.
    Nachdem Cinderella ihr äußerliches Erscheinungsbild auf der Hoteltoilette wiederhergestellt hatte, war Tommy an der Reihe. Er setzte sich jedoch zur Wehr.
    »Nee! Ich will die doofe Creme nicht.«
    »Halt still und schließ die Augen.«
    »Die stinkt aber, die Creme.«
    »Die ist parfümfrei, die kann nicht stinken.«
    »Tut sie aber doch!«
    Cinderella kapitulierte. Sie übersprang das Eincremen und kämmte nur sein Haar. Dann blickte sie in den großen Standspiegel neben den Waschtischen. Das gewählte Kleid war lang und schlicht, das Muster dezent im dunklen Grau gehalten. Cinderella mochte es nicht sonderlich. Es ließ sie noch blasser erscheinen. Aber wenigstens war es knitterfrei. Ihre lange, gelockte Mähne zähmte sie kurzerhand mit einem Haargummi.
    Nicht gerade umwerfend, aber okay.
    Die Dame im Personalbüro trat Cinderella freundlich entgegen. Auch gegen Kinder schien sie nichts zu haben. Sie überreichte Tommy Malstifte und leere Blätter und bot ihm einen Platz neben sich an.
    »Malst du mir ein schönes Haus mit Garten?«, fragte sie ihn.
    Und tatsächlich: Tommy nahm die Stifte und legte los.
    Cinderella setzte sich auf den zugewiesenen Stuhl und lehnte sich entspannt zurück. Auf dem Schreibtisch stand ein Bild, auf dem ein Mann zu sehen war, der mit zwei Kindern im schulfähigen Alter herumtobte.
    Die Dame öffnete eine Schublade und zog eine Tüte Gebäck heraus. Sie reichte sie Tommy, der gierig nach dem größten Stück griff. Dann wandte sie sich zu Cinderella.
    »Mögen Sie?«
    »Nein, danke.«
    »Vielleicht einen Kaffee?«
    Cinderella zögerte. »Wenn es keine Umstände macht.«
    Die Dame lächelte und stand auf. »Ach, ich könnte jetzt auch etwas Koffein gebrauchen.«
    Mit wenigen Handgriffen hatte sie zwei Tassen, eine Zuckerdose und ein Kännchen Milch auf dem Tisch platziert. Sie goss den Kaffee ein und setzte sich Cinderella gegenüber.
    »Sie sind also wegen der Stelle als Zimmermädchen hier? Woher wissen Sie davon? Die Stelle wurde noch gar nicht öffentlich ausgeschrieben.«
    »Ich habe das vom Portier Ihres Hauses erfahren.«
    »Ach, dann sind Sie gewissermaßen ein Hotelgast, verstehe.«
    »Ja …, ich meine nein. Wir habe nur die vergangene Nacht im Haus übernachtet.«
    Tommy, der das Gespräch aufmerksam verfolgte, legte die Buntstifte beiseite und vervollständigte die zweifelhafte Antwort seiner Mutter.
    »Auf dem großen Sofa, neben der Blumenecke. Und der Onkel hat uns dann eine Decke gebracht. Stimmt’s, Mama?«
    Cinderella spürte, wie die Peinlichkeit förmlich ihren Körper durchströmte. Musste er ihr ausgerechnet jetzt ins Wortfallen? Sie presste ihre Lippen aufeinander und kniff die Augen streng zusammen. Und der böse Mutterblick zeigte Wirkung. Tommy verstummte. Die Personalchefin nippte an ihrem Kaffee und analysierte die seltsame Bewerberin.
    »Tja … haben Sie denn Vorkenntnisse in diesem Bereich? Unser Haus legt großen Wert auf eine gute Ausbildung und Erfahrung.«
    Cinderella seufzte traurig auf. »Die habe ich leider nicht. Ich habe bisher in der Änderungsschneiderei meiner Stiefmutter gearbeitet. Aber glauben Sie mir, ich kann das bestimmt!«
    »Das glaube ich gerne. Nur leider benötigen wir eine erfahrene Kraft, die sofort einsetzbar ist.«
    »Ich könnte sofort anfangen, gleich morgen früh, wenn Sie möchten.«
    »Das ist wirklich nett von Ihnen, aber wollen Sie nicht erstmal Ihren Urlaub beenden? Sie können mir Ihre Bewerbungsunterlagen gerne von daheim schicken.«
    »Nein, das geht nicht! Bitte, ich brauche diesen Job.«
    Nach einigen Sekunden der Stille erklärte Cinderella ihre Situation. Sie erzählte von ihrer gescheiterten Beziehung, ihren Verbindlichkeiten und der Hoffnung, die sie an Sylt geknüpft hatte. Die Leiterin lauschte gespannt der Geschichte. Dabei umfasste sie die Tasse, als müsse sie ihre kalt gewordenen Hände wärmen. Nur ab und zu atmete sie schwer aus und schüttelte den Kopf. Als Cinderella fertig war, stand sie auf und ging zu einem der Schränke. Sie griff nach einer Mappe, warf sie auf den Bürotisch und beugte sich zu
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