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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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Störung, Ciao.“
    Er drehte sich vorsichtig um und ging zügig, aber nicht hektisch, zurück zur Holztür. Seine Augen hinten im Kopf, deren Existenz ihm vorher nie bewusst geworden war, kontrollierten die Hunde. Erst als er die Tür geschlossen hatte, wagte er noch einmal einen richtigen Blick auf das Gelände. Die vier Männer standen unverändert dort, wo sie ihn gestoppt hatten, schweigsam, die stillen aber konzentrierten Hunde neben sich. Weit dahinter, auf der großen Wiese, spazierten die Mensch-Hund-Trainigseinheiten. Auf den ersten Blick sah es friedlich aus, dachte Massimo, aber nur auf den ersten!

    *

    Als er in der Redaktion ankam, war es später Nachmittag und sein Chef schoss gleich auf ihn zu. „Oh, der Herr Reporter beehrt uns! Sag’ mal, schreibst du noch für uns? Was machst du den ganzen Tag? Liegst du im Bett? Warum hast du dein Handy ausgeschaltet? Ich habe zehnmal versucht, dich anzurufen. Was machen wir? Was bringen wir heute in Sachen Wettmafia?“
    Massimo sah ihn ratlos an. Über seinen Besuch bei den Hundeleuten schwieg er besser. Den hätte sein Chef sicher nicht als journalistische Glanztat gewertet, im Gegenteil. Also versuchte er, sich mit seinem Vormittagserfolg zu retten und erzählte, wie er den Stein im Park gefunden hatte, der exakt denen entsprach, die man bei der toten Wasserleiche gefunden hatte. „Und an dem Stein war Blut“, endete Massimo, inzwischen, im Laufe seiner kurzen Fakten-Präsentation, sogar etwas stolz geworden.
    Der Moment währte allerdings nicht lange. Sein Chef war rot angelaufen und verlegte sich nun aufs Brüllen: „Sag’ mal, was hast du im Hirn? Was hast du mit dem Menschen mit den Steinen zu schaffen? Nichts! Überhaupt nichts, null, niente! Das ist nicht deine Story! Ist das so schwer zu kapieren? Weißt du, wie wir jetzt dastehen? Du kündigst einen Riesenskandal an, und dann, puff! Alle! Nichts! Dann kommt nichts!“
    Er bekam einen Hustenanfall. Als der überstanden war, zog er ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich Stirn und Gesicht ab. Er keuchte, redete aber etwas gefasster, leiser weiter. „Du hast den Auftrag, dich um den Fall des jungen Fußballers zu kümmern. Wie er in die Hände der Wettmafia fiel! Was die von ihm wollten! Was er gemacht hat! Was ihn in den Tod getrieben hat! Wer ihn ermordet hat! Ist das klar? Geht das in dein deutsches Hirn? Wenn du das alles weißt und es ordentlich aufgeschrieben hast, dann kannst du dich kümmern, um was du willst! Dann! Nicht jetzt! Jetzt will ich eine Geschichte, eine Fortsetzung, eine Story, klar? Um zehn will ich das Manuskript, und komm nicht mit weniger als 300 Zeilen!“ Der Chefredakteur rauschte ab und Massimo ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. „Scheiße“, murmelte er, „große Scheiße!“

    *

    So ähnlich wurde sein Artikel. Er hatte mit Gott und der Welt telefoniert, um wenigstens ein paar neue Bröckchen zusammenzukriegen. Viel wurde es nicht.
    „Als seriöser Journalist sollte man auf bloße Gerüchte nicht viel geben, finden Sie nicht“, hatte die De Francesca ihm gleich auf die erste Frage am Telefon schnippisch geantwortet.
    „Welche Gerüchte“, hatte er zurückgefragt, „erzählen Sie doch mal, was es für Gerüchte gibt.“
    Da war die Pressetante ganz schön irritiert gewesen, hatte gestammelt, sie meine nichts Konkretes, nur so allgemein, und er habe ja schließlich auch in seinem Artikel über eine Verbindung Mottis zu illegalen Wettbüros spekuliert.
    „Also gibt es Gerüchte“, ließ Massimo nicht locker, „auch bei Ihnen im Verein?“
    Aber nein, doch ja, überall gäbe es jetzt natürlich Leute, die dies und das behaupteten, aber nichts davon müsste stimmen. Nervös war die sonst so smarte Dame, das war auffallend, ansonsten hatte Massimo von der AS Roma-Sprecherin nicht eine einzige Information bekommen. Immerhin konnte er trotzdem vier, fünf Absätze darüber schreiben, dass Mottis Verein in großer Aufregung war, in Sorge, in einem großen Skandal zu versinken - einem Wettskandal natürlich.
    Auch Roberto, Mottis Ex-Kollege, brachte die Story eine kleine Drehung weiter. „Ich weiß nichts, ruf mich morgen oder übermorgen an, vielleicht habe ich dann was für Dich!“
    Mehr hatte er nicht gesagt. Aber Massimo konnte auf dieser Basis ein paar einfühlsame Absätze schreiben, wie die Angst unter Mottis Ex-Kollegen umging. Die einen fürchteten vielleicht, im Zuge der Mord-Ermittlungen aufzufliegen. Ihre Karriere wäre
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