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Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
Autoren: Cassandra Clare
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Brise frischer Luft strömte in den Saal und ließ die Kerzen flackern. Clary hörte, wie er den unten versammelten Wölfen etwas zurief.
    Sie wandte sich wieder Jace zu. »Alles wird gut«, sagte sie zögernd, obwohl sie wusste, dass das möglicherweise nicht stimmte, und legte eine Hand auf seine Schulter. Der Stoff seines Hemdes fühlte sich rau und schweißdurchtränkt an, irgendwie seltsam beruhigend. »Wir haben meine Mutter wieder. Wir haben dich. Wir haben alles, was wirklich wichtig ist.«
    »Er hatte recht. Deshalb konnte ich mich auch nicht dazu überwinden, durch das Portal zu gehen«, flüsterte Jace. »Ich konnte es einfach nicht. Ich konnte ihn nicht töten.«
    »Du hättest nur dann wahrhaftig versagt, wenn du es getan hättest – wenn du ihn getötet hättest«, entgegnete Clary.
    Er erwiderte nichts darauf, murmelte nur leise etwas vor sich hin, das sie nicht verstehen konnte. Sie beugte sich vor und nahm ihm den Glassplitter aus der Hand. Er blutete aus zwei feinen Schnittwunden, die die Scherbe in seiner Handfläche hinterlassen hatte. Sie legte das Bruchstück beiseite, nahm behutsam seine Hand und schloss seine Finger über der verletzten Haut. »Also ehrlich, Jace«, tadelte sie ihn milde, »du solltest doch wissen, dass man nicht mit Glasscherben spielt.«
    Er stieß einen Laut hervor, der wie ein unterdrücktes Lachen klang, und zog sie in seine Arme. Clary wusste, dass Luke sie vom Fenster aus beobachtete, doch sie kniff entschlossen die Augen zu und vergrub ihr Gesicht in Jace’ Schulter. Er roch nach Salz und Blut, und erst als sein Mund dicht an ihrem Ohr war, verstand sie, was er da sagte, was er die ganze Zeit vor sich hin gemurmelt hatte wie eine Beschwörung: ihren Namen, immer wieder ihren Namen.

Epilog
    D ER A UFSTIEG LOCKT
    Der Krankenhausflur erstrahlte in blendendem Weiß. Nach so vielen Tagen, die Clary im Schein von Fackeln, Gaslaternen und gespenstischem Elbenlicht verbracht hatte, wirkte das Kunstlicht der Neonröhren auf sie fahl und unnatürlich. Als sie sich am Empfang in die Besucherliste eintrug, bemerkte sie, dass die Haut der Krankenschwester, die ihr das Klemmbrett reichte, unter der grellen Beleuchtung gelblich schimmerte. Vielleicht ist sie ja ein Dämon, dachte Clary und gab ihr die Liste zurück.
    »Die letzte Tür am Ende des Ganges«, erklärte die Schwester und schenkte ihr ein freundliches Lächeln.
    Oder ich werde allmählich verrückt, überlegte Clary und erwiderte laut: »Ich weiß. Ich war gestern schon hier.« Und vorgestern und vorvorgestern. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt und die meisten Besucher waren längst gegangen. Auf dem Flur kamen ihr nur ein alter Mann in Bademantel und Pantoffeln mit einem Sauerstoffgerät und zwei Ärzte in grüner OP-Kleidung entgegen. Sie hielten Plastikbecher in den Händen, aus denen heißer Kaffeedampf aufstieg. Obwohl das Wetter inzwischen umgeschlagen hatte und der Herbst in der Luft lag, lief die Klimaanlage im Krankenhaus noch auf vollen Touren.
    Clary erreichte das Zimmer am Ende des Ganges und warf vorsichtig einen Blick durch die weit geöffnete Tür. Sie wollte Luke nicht wecken, falls er im Stuhl neben dem Bett eingenickt war – so wie bei ihren beiden letzten Besuchen. Doch er stand am Fenster und unterhielt sich mit einem groß gewachsenen Mann, der die pergamentfarbene Robe der Stillen Brüder trug und sich im selben Moment umdrehte, als habe er Clarys Kommen gespürt. Es war Bruder Jeremiah.
    Clary verschränkte die Arme vor der Brust. »Was ist los?«
    Luke wirkte mit seinem Dreitagebart und den müden Augen hinter der hochgeschobenen Brille erschöpft. Unter seinem weiten Holzfällerhemd konnte sie den dicken Verband erkennen, der um seine Brust gewickelt war. »Bruder Jeremiah wollte gerade gehen«, sagte er.
    Jeremiah zog die Kapuze über den Kopf und bewegte sich auf die Tür zu, doch Clary versperrte ihm den Weg. »Und? Werden Sie meiner Mutter helfen?«, fragte sie fordernd.
    Jeremiah kam auf sie zu; sie konnte die Kälte spüren, die sein Körper verströmte – wie die frostigen Schwaden eines Eisbergs. Du kannst niemand anderen retten, ohne dich zuerst selbst zu retten, verkündete die Stimme in Clarys Kopf.
    »Diese Glückskeks-Weisheiten gehen mir allmählich auf die Nerven«, erwiderte Clary. »Was fehlt meiner Mutter? Können die Stillen Brüder ihr nicht helfen, so wie sie Alec geholfen haben?«
    Wir haben niemandem geholfen, sagte Jeremiah. Und es ist auch nicht unsere
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