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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen
Autoren: Stefan Jahnke
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der Chef mit ihm allein reden. Aber… das gibt sicher Verwicklungen!
    „Verwicklungen? Das gibt Ärger… richtigen Ärger! In unsrer Stadt, inmitten eines total offenen Falles, da stirbt ein Geheimdienstmann… Oh Gott!“
    Mira meint schniefend, „Geheimdienst? Hmm… BND oder so was?“
    Behringer schüttelt den Kopf.
    „Nein, Mossad!“
     
    Der junge Mann sitzt gemütlich neben seinem Beamer und genießt den Film. Es sind keine schönen Bilder mit dieser Hommage an den Tod. Er stellte leise Musik ein, wählte eine Oper… er selbst weiß nicht, wie sie heißt. Darin war sein Vater firm. Der hatte eben… Ahnung. Er schluckt. Nun ist der schon tot und er konnte ihm noch einen ganz interessanten Abgang verschaffen. So wollte er es sicher.
    Da kommt die Stelle. Er schaut genauer hin, stellt die Optik des Beamers nach und steht sogar auf, tritt zur Seite ans Bild heran und schaut an die Wand.
    Schüsse. Ganz klar. Das aufnehmende Flugzeug schoss. Und die Menschen unten neben der Elbe liefen, versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Kaum einer bekam eine Chance, wenn man den wenigen Filmsekunden trauen darf. Sie fielen hin und bewegten sich nicht mehr. Dann schaltet die Kamera um… nein, man schnitt hier einen anderen Film, eine andere Perspektive dran. Er erkennt die vorherigen Leichen. Ja, sie liegen noch. Auch hier wird geschossen, ehe die Maschine über die Häuser entlang des Flusses abdreht und weiter in Richtung Innenstadt fliegt.
    „Hmm… na und? Das war eben so. Er sah es nie und doch wusste er es… gut. Aber… dafür muss man sicher kein Leben lang kämpfen!“
    Er grinst noch einmal, öffnet die Bar und bereitet sich einen Scotch. Nur Eis hat er nicht. Das ist nicht weiter schlimm. Zwar herrschen draußen Temperaturen, die er gar nicht mag… dreißig Grad sollten es heute werden und immer noch kämpfen einige mit den Wassermassen entlang der Elbe… nur eben nicht in Dresden, sondern weiter im Norden…
    „Da können sie wenigstens im Wasser planschen und es wird ihnen nicht kalt!“
    Er grient dazu und wird wieder ernst, stürzt den Scotch hinunter, greift nach der DVD, die als Einzige noch existiert. Dann geht er zu der kleinen Tonne auf der Terrasse, in der sie gern Feuer machen. Nein, nein, sie wird er nicht zerstören. Er weiß, wohin sie gehört. Aber die Rollen müssen weg. Ganz schnell gar… Er nimmt sie aus den Öltüchern heraus. In den Blechschachteln wirken sie in einem TOP-Zustand, doch er weiß noch, welch Kraftakt es war, sie nur einmal im Original anschauen zu können. Nun, er sollte sich keine Sorgen machen… er braucht sie nicht mehr. Dann wirft er das alte Zelluloid aus den Dosen in die Tonne, in der noch Glut vom Vortag schwelt. Vorsichtig tritt er zurück. Es gibt eine Stichflamme, die sich wieder erholt, langsam jeden Zentimeter des alten Materials verbrennt, sich bis zu den Spulen frisst, diese auch unkenntlich werden lässt. Ja, das ist erledigt, denkt er, greift nach der DVD und dem Wagenschlüssel, geht zum schwarzen Wagen draußen in der Einfahrt.
    Tolkewitz hat verschiedene Geschichten zu berichten. Natürlich wurden einige vom Krematorium, dem größten und inzwischen wohl einzigen der Stadt, bestimmt. Doch es gab einmal eine Gaststätte, die neben der Friedhofsmauer lag und dies auch noch in ihre Speisekarte schrieb. Heute steht jene Straßenbahn, die damals als einer der Gasträume diente, am Neumarkt in einem eigens dafür geschaffenen neuen Restaurant. Eine Fügung? Nein, soweit will er nicht gehen.
    Er fährt in den Drive vor dem Krematorium, erntet einen bösen Blick des Einweisers. Doch als er den Kranz aus dem Auto nimmt, lässt der Mann sein Schimpfen. Zumal der schwarze Anzug ihn unbedingt als Trauergast ausweist.
    Zielgerichtet geht er erst den asphaltierten Weg entlang, dann biegt er zwischen einigen Hecken ab und kommt bald an ein recht junges Grab, auf dem man noch nicht einmal den Stein setzte. Er erinnert sich an die hochgezogenen Augen der Mitarbeiterin des Bestattungsunternehmens, aber er bekam einen passenden Sarg.
    Nun steht er vor dem einfachen Holzkreuz.
    „So, Vater. Hier ist Dein Film… und nun gib bitte endlich Ruhe… ich habe dafür gesorgt, dass niemand mehr danach sucht. Klar?“
    Als wenn der Tote antworten würde, starrt er auf die handgeschriebenen Buchstaben vor ihm… Holm Weinert… dann wendet er sich ab. Die DVD versenkte er im noch recht lockeren Erdreich.
     
    „Behringer, schließen Sie den Fall ab… lassen Sie die
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