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Chimären

Chimären

Titel: Chimären
Autoren: Alexander Kröger
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öffnete die Augen. Er lächelte. „Sind eben noch Unreife, diese Großmäuler. Da hapert’s mit der Logik. Aber können wir, bevor sie es merken, mit unserer unverhofften Zweisamkeit etwas anfangen?“
      „Ich habe Verbindung zu Fred. Wir könnten Sie vielleicht verschwinden lassen. Kommen Sie erst einmal mit zu mir. Wir überlegen.“ Und sie dachte in diesem Augenblick an Erwin, den alten kundigen Fremdenführer.

    „ A chtzehnuhrzweiundzwanzig, Bewegung östlich Pavillon!“ Der Po
    sten befestigte das Handfunkgerät an seinem Gürtel und half seinem Partner beim Richten der Kamera. Dann stellte er sich mit dem Fernglas in Positur, beobachtete und meldete: „Weiter Bewegung dort. Beine sehe ich, ein Mensch hält sich mit gestreckten Armen an der Mauerkante… Oben, hinter den Zinnen, kurzzeitig der Kopf eines anderen.
      Der Mann stürzt! Nein! Ein Stück unterhalb der Krone. Er hängt an einem Seil, pendelt. Ich sehe ihn nur von hinten.
      Jetzt dreht er sich herum. Das Seil ist auf der Brust verknotet. Die Hände hat er frei. Ich erkenne sein Gesicht. Es scheint, er ist bei Sinnen. Sein Mund bewegt sich, er spricht zu einem, der sich über die Mauer beugt. Eine Frau? Der Haartracht nach eine Frau.
      Da, ein Hundekopf in der Scharte? Jetzt ist er wieder verschwunden.
      Die Kamera läuft.
      Das Pendeln des Hängenden lässt nach. Keine Bewegung bei der Frau.
      „Situation unverändert. Pause“
      Der Mann setzte das Gerät ab, wartete einige Minuten, meldete weiter: „Birke eins hier, Birke zwei bitte kommen.“
      „Birke zwei hört!“
      „Keine Bewegung, Situation unverändert. Der Mann hängt ruhig mit dem Gesicht zum Fluss; Kamera läuft.
      Achtung jetzt. Die Frau beugt sich vor, verschwindet.
      Bewegung beim Mann. Er wendet sich mit dem Gesicht zur Mauer.
      Die Frau ist wieder da, sie beugt sich sehr weit vor, hat etwas in den Händen… Etwas Rötliches… einen Ziegel, ein Stück Ziegelstein. Was will sie mit einem Ziegelstein…
      Bewegung beim Mann. Er stemmt sich mit den Füßen von der Mauerung ab. Die Frau klemmt den Stein oben unter das Seil, wo es über die Kante läuft.
      Der Mann hangelt sich nach oben. Es fällt ihm offenbar schwer. Langsam… Er schafft es, hat die Mauerkrone erreicht, kriecht durch die Scharte, verschwindet…“
      Der Sprecher schwieg, beobachtete aber weiter intensiv durch das Fernglas, ein, zwei Minuten lang. Dann verständigten sich die beiden Männer durch Kopfnicken.
      „Oben keine Bewegung mehr, wir bauen ab, Ende.“ „Eine kindische Demonstration!“, urteilte der Polizeiobere Matenstock herablassend.
      „Wenn sie im Stande sind, einen Menschen zu quälen, dann können sie ihn auch töten“, behauptete Uwe Lehmann.
      „Es sind Kinder“, betonte Shirley Lindsey gedankenvoll, anknüpfend an Matenstocks Bemerkung.
      „Und das alles sollen Hunde vollbringen oder inszenieren, wollen Sie uns weismachen“, sagte Frau Doktor Rabe zweifelnd.

    Sie hatten sich zum Zeitpunkt, zu dem das Ultimatum ablief, zu dritt zusammengefunden, um im Falle unvorhergesehener Ereignisse schnell entscheiden und reagieren zu können. Der Bürgermeister ließ sich entschuldigen, eine Vertretung wurde abgelehnt, um den Kreis der Wissenden nicht noch zu vergrößern.
      Das Hauptanliegen sollte sein, eine Verlängerung dieser aberwitzigen Terminstellung zu erwirken.
      Man hatte Master Shirley Lindsey, sozusagen in letzter Minute, auf Lehmanns Fürsprache zum erlauchten Kreis der Leiter hinzugezogen, in der Annahme, dass sie den größeren Einfluss auf den Anführer der gegnerischen Seite habe. Sie also sollte den Vorstoß wagen.
      Dass Lux zunächst verhältnismäßig schnell zu einer Terminänderung bereit war, hatte bei dem Triumvirat freudige Genugtuung ausgelöst. Umso bestürzter zeigten sie sich von Lux’ ekelhaftem Anhängsel.
      Zunächst jedoch schenkten die drei der verklausulierten Ankündigung einer Untat keinen Glauben.
      Shirley erreichte jedoch, dass wenigstens einer der Doppelposten, die seit Tagen rings um die Festung patrouillierten, abschirmten und beobachteten, insbesondere den besagten Ort des vermeintlichen Geschehens zum angekündigten Zeitpunkt im Auge behalten sollte.
      Die detaillierte Meldung über das dann doch verwirklichte Ereignis, die Matenstock persönlich per Handfunk entgegennahm, löste dann natürlich eine umso heftigere Empörung und Betroffenheit aus.
    Matenstock
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