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Chimaeren

Chimaeren

Titel: Chimaeren
Autoren: Vampira VA
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Stadt.
    Intuition gehörte unabdingbar zu ihrem Job.
    Ohne diese Intuition wäre sie über das Volontariat beim Herald wahrscheinlich nie hinausgekommen. Moe Marxx scharte keine Versager um sich. Der zynische Chefredakteur des SMH hatte ein Auge, aber kein Herz für gute Journalisten .
    Seven merkte, wie sie sich an Überlegungen klammerte, die nichts, absolut gar nichts mit dem eigentlichen Grund ihrer nächtlichen Odyssee zu tun hatten.
    Von Marxx und ihrer Arbeit für den Herald schweiften ihre Gedanken ab zu Dingen, die durch die fast magische Begegnung mit Maguire in den Hintergrund gerückt waren, sich nun aber wieder drängend zu Wort meldeten.
    Leslie Bentwick, ihre »Lebensabschnittsgefährtin«, zum Beispiel, die die gemeinsame Loft-Wohnung gekränkt verlassen hatte, als Se-ven ohne Vorwarnung mit Maguire dort angetanzt war.
    Wie konnte ich ihr das antun?
    Bei aller Unberechenbarkeit, die Seven sonst an den Tag legte, die-sen Ausrutscher würde Leslie ihr nicht verzeihen ...
    Die Reporterin bog um die gleiche Ecke wie Maguire eine Minute zuvor.
    Keine Menschenseele hielt sich im Umkreis der Kathedrale auf. Auch Maguire nicht.
    Sie blieb stehen. Der Weg führte zwischen niedrigen Mauern, die mit schwarzen, gußeisernen Ziergittern versehen waren, auf den zu der Kirche gehörenden Friedhof zu, dessen Pforte nachts verschlossen war. Das Tor war doppelt mannshoch und ebenfalls aus schwarzen Eisenstäben gefertigt, deren vertikale Streben in lanzenartigen Spitzen endeten. Niemand sollte auf den Gedanken kommen, das Tor oder die Friedhofsmauer, die ebenfalls gesichert war, überklettern zu wollen.
    Kein vernünftiger Mensch hätte dies auch versucht, und dennoch ... flatterte an einer der eisernen Zinnen ein Stoffetzen von derselben Farbe, wie Ryder Maguires Hose sie hatte .
    Benommen ging Seven auf die Pforte zu. Erst unmittelbar davor blieb sie stehen. Als sie hochblickte, sah es aus, als winke ihr jemand mit einem Taschentuch.
    Sie war nicht wirklich sicher, ob der Fetzen von Maguire stammte. Fakt war jedoch, daß er wie vom Erdboden verschwunden und dies eine Sackgasse war, die zum Friedhof hin führte. Eine Möglichkeit, die Kathedale zu umrunden, gab es nicht. Hohe Mauern verhinderten dies nach allen Richtungen.
    Wenn er nicht auf dieser Seite des Tores ist, kann er nur auf der anderen sein. Hier gibt es keine Versteckmöglichkeiten .
    Aber was, um alles in der Welt, veranlaßte ihn, ausgerechnet einen Friedhof aufzusuchen?
    Sevens Gedanken gerannen, als der schaurigste Schrei, den sie je in ihrem Leben gehört hatte, sie von jenseits des Tores erreichte. Ein schrecklicher Schrei, dem nichts Menschliches anhaftete, außer daß Todesangst darin vibrierte!
    Beinahe so schnell, wie er erklungen war, erstarb der entsetzliche Ton auch wieder.
    Sevens Lähmung hielt länger an.
    Das war nicht Maguire gewesen - das konnte er nicht gewesen sein Was war geschehen, drüben auf dem Totenacker?
    Seven schauderte.
    Dann tat sie erneut, was kein Mensch bei Verstand getan hätte: Sie hinterließ neben dem bereits vorhandenen Stoffetzen einen zweiten - von ihrer Kleidung.
    Und landete federnd auf dem Steinweg eines Friedhofs, von dessen Friede nur noch das trügerische Wort geblieben war.
    Seven ging weiter -
    - und begegnete dem Tod.
    *
    Der Kadaver hatte nur noch zwei Beine. Zu Lebzeiten waren es vier gewesen, graugelb und großporig wie Elefantenhaut, die den Eindruck erweckte, in eine um viele Nummern zu große Haut hineingeboren worden zu sein.
    Ein Skink, erkannte Seven. Die Gecko-Art wurde etwa unterarmlang, aber dieses Exemplar maß nur noch knapp die Hälfte. Etwas hatte es förmlich in der Mitte auseinandergerissen. Gedärm quoll hervor, aber kaum Blut. Seven schauderte. Dennoch starrte sie eine Weile auf die halbe Echsenleiche, als müßte sie jedes grausige Detail in sich aufnehmen.
    Was hatte dieses Tier aus seinem Nachtversteck geschreckt? Wer oder was hatte es gefunden?
    Nach Sevens Wissen gab es - zumindest in Städten wie Sydney -keine natürlichen Feinde für einen Skink. Draußen im Outback mochten verwilderte Dingos auch keine Echse verschmähen. Aber hier .?
    Ohne sich dessen richtig gewahr zu werden, folgte Seven den Blutstropfen, die die verschwundene Skinkhälfte als unübersehbare Spur auf dem Steinweg hinterlassen hatte.
    Keines der Gräber im Schatten der Kathedrale sah aus wie das andere. Alle besaßen ihre persönliche Note, die Rückschlüsse auf die Verstorbenen, zumindest aber auf die
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