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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade
Autoren: Lilli Beck
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Konrad hat seinen Beruf. Er kennt keine Langeweile. Ich brauche dringend auch eine sinnvolle Beschäftigung, denke ich entschlossen und erinnere mich an meine Zeit als Sekretärin im Architekturbüro Meyer. Die Arbeit hat mir immer großen Spaß gemacht. Sogar der Stress und die vielen Überstunden, wenn große Projekte anstanden. Das Gefühl, gebraucht zu werden, war befriedigend. Ob ich vielleicht wieder arbeiten sollte? Viele Frauen gehen doch zurück in den Beruf, wenn die Familie sie nicht mehr braucht. Und immerhin war ich mal eine wirklich gute Sekretärin. Wenn auch nur für ein paar Jahre. Ja, warum eigentlich nicht?
    Mein plötzlicher Einfall stimmt mich zuversichtlich, und ich beginne, die Stellenanzeigen in der Zeitung zu studieren. Doch beim gründlichen Durchforsten des Arbeitsmarkts realisiere ich, dass ernstzunehmende Anzeigen ausschließlich gut ausgebildete junge Leute mit Hochschulabschluss ansprechen. Für Hausfrauen Ende vierzig gibt es nicht mal Halbtagsjobs – höchstens im Callcenter, bei Sex-Hotlines oder als Hauspersonal. Was für eine absurde Vorstellung, wenn ich Konrad sagen würde: Ab sofort koche und putze ich in einem anderen Haushalt!
    Während ich mir die darauf folgende Diskussion ausmale, klingelt das Telefon erneut.
    Es ist Konrad. Ohne sich groß mit Höflichkeiten aufzuhalten, kommt er direkt zum Grund seines Anrufs. «Ich wollte dir nur sagen, dass es spät werden kann. Dr. Preysing hat diverse Sonderwünsche, die noch vor Baubeginn berücksichtigt werden müssen. Du brauchst also nicht mit dem Essen auf mich zu warten.»
    «Gut», antworte ich einsilbig und überlege, das Thema Jobsuche gleich jetzt anzusprechen. Solange er in seinem Büro ist, würde Konrad sicher keine Diskussion anfangen, schließlich könnte jemand zuhören und denken, seine Ehe sei nicht in Ordnung. Was einer Katastrophe gleichkäme! Die Familie Meyer legt nämlich allergrößten Wert auf einen tadellosen Ruf. Aber ich komme nicht mal dazu, Konrad vom Anruf unserer Kinder zu berichten, denn da verabschiedet er sich schon.
    Nach diesem kurzen unpersönlichen Gespräch gehe ich die Anzeigen noch einmal gründlich durch. Und tatsächlich stoße ich zwischen den zahlreichen Annoncen für gut ausgebildetes Fachpersonal und Manager auf zwei kleine Anzeigen, in denen Büropersonal ohne Altersbeschränkung gesucht wird. Dort werde ich mich bewerben.
    Im Zimmer der Zwillinge stehen noch ein alter Computer sowie ein Drucker, die ich beide bedienen kann. Ich weiß noch genau, wie meine Söhne mich überzeugt haben, einen Computerkurs an der Volkshochschule zu belegen. «Mami, willst du eines Tages wie eine Analphabetin dastehen?», haben sie argumentiert. Ach ja, seufze ich gerührt, ohne meine wunderbaren Jungs könnte ich nicht mal eine ordentliche Bewerbung schreiben.
    Dennoch kostet mich die Formulierung viel Zeit. Aber so bin ich wenigstens den Rest des Tages beschäftigt. Konrad kommt wie versprochen erst spät nach Hause. Ich liege bereits im Bett und stelle mich schlafend, als er sich im Dunkel neben mich legt. Anscheinend möchte er nicht mit mir sprechen. Wozu sollte ich es dann wollen?
    Bevor ich in einen unruhigen Schlaf falle, erkenne ich die traurige Wahrheit: Aus unserer Ehe ist eine Zweckgemeinschaft geworden. Gemeinsamkeiten oder gar Erotik gibt es längst nicht mehr. Nicht mal Gutenachtküsse. Auch auf ein zärtliches «Schneckchen», ein kleines Lächeln oder ein Zeichen, dass er meine körperliche Nähe suchen würde, warte ich schon lange nicht mehr.
    Alles, was von einer ehemals glücklichen Ehe geblieben ist, sind die Abende mit Konrads Geschäftskunden. Dann darf ich die Architektengattin spielen – und natürlich kochen. Oscar war der letzte Anlass für ein relativ normales Gespräch.
    Und eines weiß ich sicher: Wenn ich weiterhin nur zu Hause sitze und auf Konrads Heimkehr oder die Bewirtung seiner Gäste warte, werde ich am Ende noch verrückt.

[zur Inhaltsübersicht]
3
    Ungeduldig warte ich Montagmorgen darauf, dass Konrad ins Büro verschwindet. Ich will doch auf eine Anzeige antworten, die mir interessant erscheint:
    Aushilfe für kleines Reisebüro gesucht!
    Daneben ist nur eine Telefonnummer angegeben. Doch mein Mann frühstückt derart ausgiebig, dass ich schon befürchte, er ahne etwas von meiner Job-Suche. Ich habe nämlich beschlossen, ihm zunächst nichts von meinen Plänen zu sagen, sondern ihn irgendwann vor vollendete Tatsachen zu stellen.
    Wie sollte ich das Konrad
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