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Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Titel: Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
Autoren: Chloe Neill
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Tod in den Abgrund zu reißen drohte. Malik arbeitete unermüdlich, aber die meiste Zeit musste er darauf verwenden, sich mit dem neuesten Fluch unseres Daseins auseinanderzusetzen.
    Der Fluch hatte einen Namen und eine Funktion: Franklin Theodore Cabot, Verwalter des Hauses Cadogan, ernannt durch das Greenwich Presidium, dessen Anführer Darius West zu dem Schluss gekommen war, dass er es nicht mochte, wie das Haus geführt wurde. Daher hatte man »Frank« nach Chicago geschickt, um das Haus zu inspizieren und zu bewerten. Das Greenwich Presidium behauptete, Ethan habe das Haus nicht effektiv geleitet – was eine dreiste Lüge war. Jedenfalls hatten sie keine Zeit verschwendet und den Verwalter geschickt, um unsere Zimmer, unsere Geschäftsbücher und unsere Akten zu durchwühlen. Ich war mir nicht sicher, nach welchen Unterlagen Frank eigentlich suchte und warum sie sich solche Mühe bei einem Haus machten, das einen ganzen Ozean weit entfernt lag.
    Welche Gründe sie auch haben mochten, Frank war kein angenehmer Gast. Er war unausstehlich, selbstherrlich und ein Ordnungsfanatiker, der sich auf Vorschriften bezog, von denen ich noch nie gehört hatte und die alle anderen, bisherigen für ungültig erklärten. Tatsächlich lernte ich sie relativ schnell kennen, denn Frank hatte eine Wand im Erdgeschoss mit den neuen Hausvorschriften tapezieren lassen – und den Bestrafungen, die folgten, sollten sie von irgendjemandem missachtet werden. Dieses Verfahren sei notwendig, hatte er gesagt, denn die Hausdisziplin sei vernachlässigt worden.
    Es überrascht daher vermutlich nicht, dass ich Frank von Anfang an nicht leiden konnte – was übrigens auch daran lag, dass er einer adligen Familie entstammte und an einer Ivy-League-Universität seinen Abschluss gemacht hatte, natürlich an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Seine kleine Antrittsrede in Cadogan garnierte er mit abgedroschenen Phrasen wie »Wir müssen Synergieeffekte nutzen« oder »Führungskräfte müssen immer auch Querdenker sein«. Dabei drohte er ganz offen damit, dass das Haus dauerhaft durch das Greenwich Presidium übernommen oder gar aufgelöst werde, falls er mit dem, was er hier vorfinde, nicht zufrieden sei.
    Ich hatte das Glück, aus einer vermögenden Familie zu kommen, und es gab in unserem Haus noch einige andere Vampire, die dem alten Geldadel entstammten. Was mich aber wirklich ärgerte, war Franks Anspruchsdenken. Der Mann trug Bootsschuhe, verdammt noch mal! Und er befand sich definitiv nicht auf einem Boot. Trotz der Aufgabe, die er vom Greenwich Presidium erhalten hatte, war er nur ein Novize (wenn auch vermögend) aus einem der Häuser an der Ostküste. Zwar war das Haus von einem seiner Vorfahren gegründet worden, seitdem aber schon längst in die Hände eines anderen Meisters übergegangen.
    Schlimmer noch, Frank redete mit uns, als ob er ein Mitglied unseres Hauses wäre, als ob sein Reichtum und seine Verbindungen ihm Ansehen innerhalb Cadogans verschafften. Es war absolut lächerlich, dass Frank so tat, als ob er ein Mitglied unseres Hauses wäre, denn seine einzige Aufgabe bestand darin, die Dinge aufzulisten, bei denen wir uns nicht den allgemeinen Vorgaben unterordneten. Er war ein Außenseiter, den man uns aufgezwungen hatte, um uns als Widerständler zu brandmarken und das, was nicht passte, passend zu machen.
    Da Malik sich Sorgen um das Haus machte und die Befehlskette durchaus respektierte, hatte er Frank erlaubt, sich frei im Haus zu bewegen. Er nahm einfach an, dass Frank eine Schlacht war, die er nicht gewinnen konnte, und sparte sich sein politisches Kapital für die nächste Runde.
    Wie auch immer, Frank war jetzt in Hyde Park, und ich war hier in Downtown, mit einem Ersatz-Vampirpartner, der sich dazu entschlossen hatte, mir beizubringen, wie man von einem Gebäude sprang, ohne jemanden umzubringen … oder die Grenzen meiner eigenen Unsterblichkeit zu überschreiten.
    Ich sah erneut über den Rand, und der Anblick ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich fühlte mich hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen, mich auf die Knie zu werfen und zur Treppe zurückzukriechen oder mich über den Rand in die Tiefe hinabzustürzen.
    Aber dann sagte er die Worte, die mich am ehesten dazu brachten, eine Entscheidung zu treffen.
    »Ein neuer Tag wird anbrechen. Schon bald, Merit.«
    Der Mythos, dass Vampire kein Sonnenlicht vertragen, ist wahr – wenn ich mich bei Sonnenaufgang hier auf dem Dach aufhielte,
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