Chefs - Aufzucht, Haltung und Pflege

Fortschritte nachvollziehbar zu machen, bekommen die Mitarbeiter Notizbücher, die laut Firmenregel unter dem rechten Arm zu liegen haben. Darüber sollte man sich keine Gedanken machen, schließlich liefert der normale Alltag schon genug Probleme.

    Vorsicht bei der Kostümwahl! Damen in hellen Oberteilen stehen bei uns automatisch unter Sonderbeobachtung. Jede E-Mail wird eigens vom Vorstand, der Rechtsabteilung und der Gleichstellungsbeauftragten gegengelesen. Da bleibt leider keine Zeit, um das ehemals perlende Wasser zu trinken. Unsere Partner in Asien oder Amerika warten dringend auf diesen Bericht. Der leicht naive Charme der Hornbrille entspricht zwar den Fantasien des Abteilungsleiters, hilft aber der Formulierung des Anschreibens in Mandarin eher wenig.

    Dank der neuinstallierten Klimaanlage in unserer Buchhaltung wird jegliche Form der Drüsenaktivität unterbunden. Statt einer Mittagspause reicht es den – auf den Punkt ausgelasteten – Arbeitnehmern, sich einfach kurz zu räkeln. Nebenbei signalisieren unsere Young Professionals damit auch den Takt ihrer inneren Eieruhr und freuen sich über eine Dinner-Einladung nach Feierabend.

    Natürlich ist das Surfen für private Zwecke erlaubt. Sofern Sie einen eigenen Dienstcomputer haben. Wir sind davon überzeugt, dass es die Gemeinschaft stärkt, sich in Kleingruppen pikante Bilder von Kollegen während der letzten Weihnachtsfeier anzuschauen. Denn als Marktführer müssen wir uns immer neue Gegner suchen – warum nicht im eigenen Büro.

    Auch unsere älteren Mitarbeiter sind neuen Medien gegenüber aufgeschlossen und kontrollieren eigenhändig die Richtigkeit digital vermittelter Börsenkurse im Vergleich zu den gedruckten Daten von gestern Abend.
    Durch ein ausgeklügeltes Sozialsystem sind wir in der Lage, unsere Betriebs-Best-Ager beim Kauf von farblich abgestimmten Haarteilen mit einem Anteil von bis zu 75 Prozent zu unterstützen. Gleiches gilt für die als Sammelposten angeschafften Kassengestelle, die in der Kaffeeküche zum Probetragen ausliegen.

    Unsere Firma hat eine bestechend lange Tradition im Umgang mit neutral dreinblickenden Mitarbeitern. Es war uns stets ein Anliegen, die technischen Arbeitsmittel auf dem neuesten Stand zu halten. So haben wir bereits kurz nach der Jahrtausendwende alle Brieftauben zu einem herzhaften Hühnerfrikassee verarbeitet und bis heute keine Beschwerden erhalten. Aus Gründen der Gleichstellung besteht keine Krawattenpflicht mehr für weibliche Mitarbeiter. Gleiches gilt für Schnauzbärte und Hochräder.

    Rein architektonisch haben wir uns damals so richtig aus dem Fenster gelehnt. Viel Freiheit nach oben (zum Denken), und seit der letzten krisenbedingten Entlassungswelle ist auch seitlich wieder etwas mehr Platz. Ach ja, die Regale sind extra aufgemalt worden – alles, was Sie wissen müssen, wird sowieso auf dem Flur getratscht.

    Wir sind traditionell ein sehr familienfreundliches Unternehmen! Immerhin hat der Sohn des Chefs letztes Jahr die Gesamtleitung übernommen und wegen der hundsmiserablen Jahresbilanz mussten wir leider zuerst die firmeneigene KITA schließen. Seitdem ist zwar der Betriebsrat auf den Barrikaden, aber wir finden es doch auch schön, dass die lieben Kleinen jetzt wieder näher am Arbeitsplatz ihrer Eltern sind. Hauptsache, die Bälger halten Sie nicht vom Arbeiten ab, sonst hagelt es Überstunden. Fragen Sie also doch mal Ihre Eltern, ob die familienfreundlich sein könnten.

    Erfolg ist eine tragende Säule unseres Unternehmens. Wenn Sie einen Lauf haben, dauert es nicht lang, bis die ersten Schulterklopfer kommen und ihnen den Platz ganz vorne freimachen. Da bläst nämlich der Fön auch am stärksten, wenn die Sache wieder andersrum läuft. Langjährige Mitarbeiter haben eben schon viele Yuppies kommen und gehen sehen.

    Besonders viel Spaß hatte unser Ausbildungsjahrgang 2008/10 zur Bürokauffrau/-mann. Sie waren dankbar für die qualifizierte Ausbildung, die sie in unserem Unternehmen genossen haben. Dabei versuchen wir vor allem unserer sozialen Verantwortung in der Region gerecht zu werden und stellen Kinder von Angestellten unabhängig vom Bildungsgrad und Haarschnitt ein. Ein »lustiges« Abschlussfoto ist natürlich auch drin (Unkostenbeitrag: 7,50 €).

    Wenn einer der Kollegen gerade mal »klein« muss, sind die restlichen Büromitglieder gerne bereit, die Chance zu nutzen und den ungesicherten PC für den ein oder anderen »lustigen Gag« zu nutzen: Ein