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Chefs - Aufzucht, Haltung und Pflege

Chefs - Aufzucht, Haltung und Pflege

Titel: Chefs - Aufzucht, Haltung und Pflege
Autoren: Achim Neumair
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Facebook-Post à la »Kann man die Legionärskrankheit bekommen, wenn man nicht gedient hat?«, den Minesweeper-Highscore löschen oder einfach mal eine Mail an den ganz großen Verteiler zu schicken. Denn in unserem Unternehmen ist immer Zeit und Raum für gezieltes Mobbing, da das unserer Auffassung nach die natürliche Selektion beschleunigt.

    Aus besonderer Rücksichtnahme und dem Ergebnis einer nicht repräsentativen Intranet-Umfrage zufolge gilt für Frauen in den Stockwerken 2 bis 9 eine generelle Helmpflicht. Dadurch verspricht sich die Geschäftsleitung einerseits eine Reduzierung der Fehltage infolge von Kopfweh. Andererseits dient der Helm auch der Senkung der sexuellen Strahlkraft. Außer natürlich, Sie fühlen sich von Frauen in Helmen angezogen. In den großen Papprollen tragen Frauen vertrauliche und sonnenempfindliche Informationen tagelang quer durch das Bürogebäude. Diese Innovation hat die Rohrpost 1993 ersetzt und hilft die Kommunikationsstruktur unseres Global Players auf ein konkurrenzfähiges Niveau zu heben.

    Die absolute Innovation in unserem neuen Bürokomplex »Z5«, den wir 2009 eingeweiht haben, ist die sogenannte Zeitmaschine. Darin ist es uns mittels Teilchenbeschleunigung möglich, einzelne Mitarbeiter schneller von A nach B zu transferieren. Wir sparen dadurch Beförderungskosten und Spesen, und Sie sparen die lästigen Dienstreiseanträge. Aufgrund der Hyperbeschleunigung kommen Sie bestenfalls früher an als sie losgegangen sind, wodurch das Ausfüllen eines solchen Antrags weder steuerlich noch versicherungstechnisch sinnvoll ist. Das Unternehmen ist dadurch in der Lage, pro Außendienstmitarbeiter bis zu 96 Kundentermine pro Tag zu planen. Unsere Zielerreichungsquote hat sich so seit 2009 um 800 Prozent gesteigert. Einzig sechs Mitarbeiter sind bisher im Zeit-Raum-Kontinuum verschollen, falls Ihnen also zufällig verschwommene Personen auf der Straße begegnen sollten, wenden Sie sich an die zuständige Polizeistation.

    Endlich haben Sie die Chance zu zeigen, dass sich Ihre Waldorf-Schulbildung gelohnt hat. Im Rahmen Ihrer 80-Stunden-Woche, die als Führungsfigur absolut üblich ist, haben Sie Zeit genug Börsencharts nach- und auszumalen. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf und kommen Sie zu unkonventionellen Lösungsansätzen. Durch eine relativ verkrampfte Stifthaltung stellen Sie sicher, bald in Handkur zu gehen oder auf Linkshänder umzuschulen. Vorsicht: Wenn Sie spontane Müdigkeit heimsuchen sollte, knallen Sie direkt auf Ihr Fielmann-Gestell.

    Arbeiten wo andere Urlaub machen! Und natürlich auch: Arbeiten wenn andere Urlaub machen. Zum Beispiel mit Ihnen. Während Sie sich im leichten Leinen-Dress den aktuellen Kurszahlen widmen und »noch schnell ein, zwei E-Mails schreiben«, verliebt sich ihre Lebensabschnittspartnerin gerade in den muskulösen Surflehrer. Weil das Roaming aber zu teuer ist, werden Sie weder eine verlogene SMS noch eine entschuldigende Mail bekommen. Aber die Änderung ihres Beziehungsstatus bei Facebook wird Ihnen auf jeden Fall mitgeteilt. Was die Arbeit zusätzlich erschwert, ist das spiegelnde Display und die Sandkörner im USB-Slot. Aber für den Dienst-PC gilt: »Don’t be gentle – it’s a rental.«

    Geben Sie Drogen keine Chance. Gerade in der heutigen, von Leistungsdruck geprägten Welt, verfällt man schnell den Verlockungen der vermeintlich fördernden Wirkung von Aufputschmitteln und Durchhaltesubstanzen. Doch lassen Sie sich gesagt sein: Die Rechnung geht nicht auf, Sie zahlen einen hohen Preis. Ihr Gehirn weicht auf, und nicht selten kommt es zu schweren Halluzinationen. Das allein wäre ja nicht so schlimm. Richtig gemein wird es erst, wenn Sie Ihren Büronachbarn nicht mehr vom Chef und Mann nicht mehr von Frau unterscheiden können. Das »Graumännchen-Syndrom« zählt heute zu den größten durch Drogen verursachten Problemen am Arbeitsplatz. Die Weltgesundheitsbehörde WHO empfiehlt bei häufigem Auftreten dieser Erscheinung, unbedingt einen Psychiater aufzusuchen bzw. dreimal laut die Formel »Euch gibt es gar nicht wirklich – weichet, ihr Dämonen!« auszusprechen. Leider ohne Gelinggarantie.

    Auch wenn jetzt eine Welt für Sie zusammenbricht: Magie gibt es nicht. Nur Illusionen. Hätten Sie Ihren gewohnten Job, nur bei David Copperfield, wäre alles genau so, wie es jetzt ist. Mit dem Unterschied, dass Ihr Boss ständig mit seinen ausdrucksstarken Augenbrauen wackelt und ausladende, dramatische Gesten mit den
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