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Cheffe versenken (German Edition)

Cheffe versenken (German Edition)

Titel: Cheffe versenken (German Edition)
Autoren: Christiane Güth
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Hornbrille in der linken Hand oder kaute auf einem Bügel herum. Mit der rechten Hand malte er grafische Muster auf ein Blatt Papier. Als er an der Reihe war, lehnte er sich leger nach vorn. Genüsslich nahm er die Sehhilfe aus dem Mund und schob sie sich auf die glänzende Stirn. Wie nannte man noch gleich eine männliche Diva?
    »Robert van Gendt mein Name. Zusammen mit Frau Muns leite ich die Redaktion. Frau Muns betreut die schlichten Titel, unsere Alltagsreisebegleiter fürs einfache Volk sozusagen. Ich verantworte die Kulturreiseführer. Aber das hat sie Ihnen sicherlich schon erklärt.«
    »Nein, Robert, dazu bin ich noch nicht gekommen«, funkte Edith dazwischen.
    »Wie dem auch sei. Wenn Sie mal Informationen für einen anspruchsvollen Urlaub benötigen, erfahren Sie alles Nötige von mir. Geheimtipps inklusive.«
    Dieser Verlagskram wurde sekündlich komplizierter. Mein Magen und mein Darm stimmten einen grummelnden Dialog an, und ich versuchte, die Geräusche durch ein Hüsteln zu übertönen.
    Es folgte Edith.
    »Auch wenn Frau Gellert in meinem Büro einen Platz hat, möchte ich mich kurz vorst–«
    Die Tür flog auf, und der gutaussehende Dunkelhaarige stürzte herein. Als er Bellersen erblickte, drosselte er sein Tempo und schritt zu einem freien Stuhl zwischen Edith und dem Glatzköpfigen. Seine kurzen braunen Haare glänzten, und auch seine Haut zeigte eine frisch gebräunte Note. Er trug Jeans. Sein Hemd hatte die Farbe von Flamingos. Ohne Zweifel, sein Erscheinen brachte einen reizvollen Anstrich in dieses dunkle Verlies.
    »Letzte Verwarnung, Tivendale!«
    Bernold Bellersen lief rot an, und seine Nase bekam wieder dieses putzige Zucken. Das konnte ich sogar im Dämmerlicht erkennen.
    »Sorry, mein Rechner hat sich aufgehängt. Ich musste noch die Entwürfe ausdrucken.«
    Freudig wedelte er mit ein paar bunten Blättern herum.
    »ICH hänge SIE eigenhändig auf, wenn Sie sich noch einmal eine derartige Verspätung leisten!«
    Kurze Stille in Wuppertal.
    »So, Frau Muns, wir wissen alle, was Sie hier machen. Yvonne, fahr du bitte fort.«
    Meine blonde Tischnachbarin war an der Reihe.
    Mit einer schwungvollen Kopfbewegung drehte sie sich zu mir um, obwohl sie direkt neben mir saß. Gleichzeitig warf sie sich die langen Haare über die Schultern. Erst links, dann rechts. Nicht nur ihre Gestikulation erinnerte mich an Miss Piggy.
    »Yvonne Strowe, Marketing. Ich glaube, wir haben uns gestern schon gesehen.«
    Ihr Blick wanderte einmal an mir herunter und wieder hinauf. Trug sie falsche Wimpern?
    »Bellersen steht für exzellentes Marketing. In Zeiten wie diesen ist professionelle Verkaufsförderung wichtiger, als manch einer hier denken mag.«
    Jetzt schaute sie langsam in die Runde.
    »Ach ja, und vorübergehend leite ich auch noch die Presseabteilung. Seit Paul Wiltmanns Tod erledige ich seine Arbeit mit.«
    Strowe lehnte sich zurück und genoss sichtlich ihre Position.
    »Wenn Sie gut schreiben, können Sie für mich ein paar Texte übernehmen.«
    »Kein Problem, mache ich gern.«
    Was redete ich da?
    Langsam wurde es unübersichtlich. Vertrieb, Redaktion, Marketing, Presse. Wie bei einem überdimensionierten Memoryspiel versuchte ich, mir alle Abteilungen und die dazugehörigen Personen zu merken. In diesem Moment sehnte ich mir die guten alten Namensschilder herbei.
    Es fehlten nur noch zwei Personen. Neben Yvonne Strowe hockte ein hagerer Riese. Unter seinem Strickpullunder entdeckte ich einen leichten Buckel.
    »Guten Tag, Frau Gellert. Ich bin Jens Powalowski. Der Herr der Bilder.«
    Er amüsierte sich über sein Wortspiel und gluckste leise. Alle anderen blieben still.
    »Dank meiner Arbeit bekommen die Leute was zu sehen für ihr Geld. Als Leiter der Bildredaktion beschaffe ich all die schönen Hochglanzfotos fürs Fernweh.«
    Eine intensive Wolke von morgendlichem Mundgeruch wehte über die Blondine bis zu mir herüber. Demonstrativ rückte sie mit ihrem Stuhl einen halben Meter zurück und machte den Weg frei für seine Emissionen.
    Mit einem lauten Grollen meldete sich mein Magen zurück. Ich war froh, dass ich den Muffin nicht gegessen hatte. Spätestens in diesem Moment hätte er sich aus meinem Inneren verabschiedet.
    Powalowski sah nicht wirklich wie ein Globetrotter-Fotograf aus. Mit seiner grauen Cordhose und dem braunen Wollteil über dem kurzärmeligen Hemd hätte er ebenso gut in einer Finanzbehörde sitzen können. Fettige graubraune Locken fielen wirr in sein hageres Gesicht.
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