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Cevdet und seine Soehne

Cevdet und seine Soehne

Titel: Cevdet und seine Soehne
Autoren: Orhan Pamuk
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zogen damit los. Mein Bruder und
ich hatten uns in Ankara schnell eingelebt, denn in unserem Viertel dort ging
es viel nonchalanter zu als in Nişantaşı, und als wir beim
Fußballspielen mit unseren neuen Kameraden die Studenten vorbeimarschieren
sahen, schlossen wir uns ihnen sofort an, so dass der Demonstration ein
Rattenschwanz lärmender und lachender Acht- bis Zehnjähriger folgte.
    Für den Roman Cevdet und seine
Söhne habe ich mich im nachhinein jahrelang ein wenig geschämt, war er doch
sehr eng an die Tradition des europäischen »Familienromans« angelehnt und noch
dazu mein erstes Buch. Heute denke ich, er hat seine stärksten Seiten darin,
dass er fühlbar macht, wie die unbarmherzige Militär- und Staatsmacht Ankaras
im Istanbuler Alltagsleben als dumpfe Bedrohung wahrgenommen wurde. Auf den
letzten Romanseiten gehen Ahmet Işıkçi, dem Vertreter der dritten Generation,
Putschgerüchte im Kopf herum, aber das ist leider nicht nur ein Phänomen der
damaligen, sondern auch der heutigen Zeit. Im Gegensatz zu vielen türkischen
Oberschichtintellektuellen, die in der Jugend modernen, westlichen Ideen
anhängen oder gar mit dem Marxismus liebäugeln, doch mit zunehmenden Jahren
immer nationalistischer und für einen Militärputsch empfänglicher werden, lässt
sich von meinem Helden doch immerhin behaupten, er bemühe sich stets darum, ein
guter Mensch zu sein.
    Ende der achtziger Jahre zog die
Familie Işikçı von Nişantaşı auf einen Hügel mit
Bosporusblick. Manchmal traf ich sie noch, wenn sie zum Einkaufen oder zum
Essen in einem der schicken neuen Lokale nach Beyoğlu oder
Nişantaşı herunterkamen. Cevdets Enkel Ahmet Işıkçi hat übrigens
seinen Plan, Maler zu werden, nicht aufgegeben. Aufmerksamen Lesern wird nicht
entgangen sein, dass er dankenswerterweise manchmal sogar bei der Umschlaggestaltung
meiner Bücher mitwirkt. Jahrelang wohnte er im Dachgeschoss des Hauses seiner
Familie in Nişantaşı. Immer wenn ich ihm begegne, denke ich
zuerst, dass von den alteingesessenen Familien fast niemand mehr in
Nişantaşı lebt, aber dann merke ich wieder, dass das ein Gedanke
der ständig klagenden Nigân hätte sein können, und dann schmunzle ich über mich
selbst.
    Orhan Pamuk
2010

Impressum
    Die türkische Originalausgabe erschien 1982 unter dem Titel Cevdet Bey ve Oğullari bei Karacan in
Istanbul.
    © Iletişim Yayıncılık A.Ş., 1982, 1995
Alle Rechte der deutschen Ausgabe
© Carl Hanser Verlag München 2011
Satz: Satz für Satz. Barbara Reischmann, Leutkirch
Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm
    ISBN 978-3-446-23639-4
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