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Cedars Hollow (German Edition)

Cedars Hollow (German Edition)

Titel: Cedars Hollow (German Edition)
Autoren: Charlotte Schaefer
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Minuten waren meine Finger steif und blau.
    Cedars Hollow war eine typische, bedeutungslose englische Kleinstadt. Ein Kaff. Ich hasste diesen Ort und begriff einfach nicht, warum meine Eltern beschlossen hatten, hier zu leben.
    Ich beschleunigte meine Schritte und versuchte, nicht allzu ausführlich über den Tag nachzudenken, der mir bevorstand. Seit dem Tod meiner Mom zählten meine Ängste nicht mehr. Eigentlich gab es nichts mehr, was zählte.
    Als ich das Schulgebäude erreichte, das wie ein graues M o nument in den ebenso grauen und trostlosen Himmel ragte, betrat ich es nur zögerlich. Innen war es warm, was mich ein wenig entspannte.
    „Hazel!“
    Ich war gerade in den Gang zu meinem Klassenzimmer ei n gebogen und wollte mich nicht umdrehen, doch es gab keine Möglichkeit, wegzulaufen. Langsam blickte ich über meine Schulter und sah Joa n ne auf mich zukommen. Ihr Gesichtsau s druck spiegelte Sorge wider.
    „Ich frage jetzt nicht, wie’s dir geht“, sagte sie und musterte mich. „Du siehst wirklich fertig aus.“
    „Danke“, erwiderte ich trocken. Vielleicht war Sarkasmus die einz i ge Waffe, die mir noch geblieben war, um mich vor den Worten a n derer zu schützen.
    „Ich habe ständig versucht, dich zu erreichen“, sagte Joanne.
    Ich erinnerte mich verschwommen an die vielen Anrufe in den let z ten Wochen, die ich nicht beantwortet hatte. Auch mein Vater nicht.
    „Tut mir leid“, sagte ich. „Ich war … nicht ganz bei mir.“ Was für eine Untertreibung.
    Joanne sah mich forschend an und blickte dann schnell beise i te. Ich fragte nicht nach, was sie in meinem Gesicht gesehen hatte, den n meine Gedanken schweiften schon wieder ab. Schweigend machten wir uns auf den Weg zum Klassenzimmer.
    Ich dachte an das Gesicht meiner Mutter, an die Lachfältchen um ihre Augen und das kastanienbraune Haar. Als ich noch klein war, hatte sie mir jeden Abend eine andere Geschichte e r zählt, und ihre Geschichten waren bis jetzt die besten, die ich kannte.
    Doch schnell verschwamm das Bild meiner lächelnden Mutter vor meinem inneren Auge und wurde durch ein anderes ersetzt. Meine Füße fühlten sich plötzlich taub an, und vor lauter Schreck blieb ich kurz stehen. Meine Mom, am Boden li e gend, mit leeren Augen und blutverschmierter Kehle, den Mund zu einem stummen Schrei aufg e rissen.
    „Was ist los?“, fragte Joanne und holte mich in die Realität zurück.
    „Nichts“, log ich schnell, wich ihrem Blick aus und setzte mich wieder in Bewegung. Ich wollte den mitleidigen Ausdruck in ihren Augen nicht sehen.
    Wir erreichten das Klassenzimmer. Joanne öffnete die Tür und ging voran, ich folgte ihr mit gesenktem Kopf. Als ich den Raum betrat, verstummten die vielen Stimmen, die bis vor einer Sekunde noch das Zimmer erfüllt hatten.
    Ich sah nicht auf, sondern ging schnurstracks zu meinem Platz n e ben Joanne und setzte mich. Einige Schüler flüsterten miteinander und ließen mich dabei nicht aus den Augen. Ich spürte, wie ich zu zittern begann, und nur mit Mühe gelang es mir, mich wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Ich war nie eines von den wahnsinnig beliebten Mädchen g e wesen, sondern hatte mich zusammen mit Joanne und einer Handvoll and e rer guter Freunde immer eher im Hintergrund gehalten. Ich mochte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen, und nahm daher fast automatisch einen Platz am Rand ein. Wenn das Leben ein Theaterstück war, dann spielte ich eine Neben- oder sogar Statistenrolle. Mir machte das nichts aus, denn ich hatte Freunde, die ähnlich dachten wie ich und die es mir nicht übel nahmen, dass ich kein Interesse daran hatte, irgendwelchen Trends hinterherzulaufen.
    Unsere Clique bestand aus sechs Leuten einschließlich mir: Da war Fred, ein lieber Junge mit Brille und einem Pickelpro b lem, der in seiner Freizeit am liebsten seiner Vorliebe für M o dellbauflugzeuge nachging. Hannah, die aus ärmlichen Verhäl t nissen kam und deshalb von vielen Klassenkameraden schief angesehen wurde. Chris, der sehr schüchtern und das Mathegenie der Klasse war, Megan, ein e t was pummliges Mädchen mit einem ansteckenden Lächeln, Joanne und ich.
    Normalerweise kamen Megan und Hannah vor dem Unterricht immer zu mir und Joanne an den Tisch, aber heute war alles anders. Es war, als stünde eine Wand aus Glas zwischen mir und den and e ren. Megan und Hannah unterhielten sich flüsternd miteinander. Ich wollte gerade wegsehen, als Megan einen Blick in meine Richtung warf und lächelte. Das Lächeln war so
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