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Cato 02 - Im Auftrag des Adlers

Titel: Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
Autoren: Simon Scarrow
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vielmehr, er hatte.«
    »Herr?«
    »Du weißt, dass Oberzenturio Bestia seinen Wunden erlegen ist?«
    »Ja, Herr.«
    »Bevor er gestern Nacht das Bewusstsein verlor, hat er vor Zeugen eine mündliche Testamentserklärung abgegeben. Er hat mich gebeten, sein Testamentsvollstrecker zu sein.«
    »Ein mündliches Testament?« Cato runzelte die Stirn.
    »In Gegenwart von Zeugen kann jeder Soldat mündlich erklären, wie im Falle seines Todes mit seinem im Lager befindlichen Eigentum verfahren werden soll. Das ist eher ein Gewohnheitsrecht denn ein förmlich festgeschriebenes Gesetz. Anscheinend wollte Bestia, dass du einige seiner Sachen erhältst.«
    »Ich!«, rief Cato aus. »Er wollte, dass ich etwas bekomme, Herr?«
    »Offensichtlich.«
    »Aber warum denn um alles in der Welt? Er konnte mich nicht ausstehen.«
    »Bestia sagt, er habe dich wie einen Veteranen kämpfen sehen, ohne Rüstung, nur mit Helm und Schild. Du seist genau so an die Sache herangegangen, wie er es euch beigebracht hat. Er sagte, er habe sich in dir getäuscht. Er habe dich für einen Dummkopf und Feigling gehalten. Nun sei er eines Besseren belehrt worden und will dich wissen lassen, dass er stolz auf dich ist.«
    »Das hat er wirklich gesagt, Herr?«
    »Genau so, mein Sohn.«
    Cato machte den Mund auf, doch es kamen keine Worte heraus. Er konnte es einfach nicht fassen; es kam ihm unmöglich vor. Dass er sich so vollständig in jemandem verschätzen konnte! Er hatte Bestia für unrettbar böse gehalten, jeden positiven Gefühls unfähig.
    »Äh … Was wollte er mir denn zukommen lassen, Herr?«
    »Das finde nur selbst heraus, mein Sohn«, antwortete Vespasian. »Bestias Leiche liegt noch im Lazarettzelt, zusammen mit seiner persönlichen Habe. Die Hilfskraft des Chirurgen weiß, was sie dir geben soll. Bestias Leiche wird gleich bei Sonnenaufgang verbrannt. Ihr seid entlassen.«

4

    Draußen stieß Cato angesichts der Aussicht auf Bestias Vermächtnis einen erstaunten Pfiff aus. Doch der Zenturio schenkte seinem Optio wenig Aufmerksamkeit; er befühlte den Halsreif und freute sich an seinem beträchtlichen Gewicht. Schweigend gingen sie zum Lazarettzelt, bis Macro den Blick schließlich doch auf den hoch gewachsenen Optio richtete.
    »Na, also ich bin ja gespannt, was Bestia dir hinterlassen hat.«
    Cato räusperte sich, die Kehle wie zugeschnürt. »Keine Ahnung, Herr.«
    »Ich hatte nicht den geringsten Schimmer, dass der alte Knabe zu solchen Gesten überhaupt fähig war. Während meiner ganzen Dienstzeit in der Legion habe ich noch nie irgendetwas dergleichen von ihm gehört. Da musst du also schließlich doch ganz schön Eindruck bei ihm geschunden haben.«
    »Das muss wohl so sein, Herr. Aber ich kann es kaum glauben.«
    Macro dachte einen Moment lang nach und schüttelte dann den Kopf. »Ich auch nicht. Ich will dich bestimmt nicht kränken, aber, na ja, du hast einfach nicht seiner Vorstellung von einem Soldaten entsprochen. Ich muss zugeben, auch ich habe eine Weile gebraucht, um dahinter zu kommen, dass du mehr bist als nur ein Bücherwurm in Bohnenstangenformat. Du wirkst einfach nicht wie ein Soldat.«
    »Nein, Herr«, kam die verdrossene Antwort. »Ich werde mich bemühen, von nun an danach auszusehen.«
    »Mach dir mal keine Sorgen, Junge. Ich weiß, dass du ein Killer bist, ohne jeden Zweifel, auch wenn du selbst es nicht weißt. Schließlich habe ich dich bei der Arbeit gesehen, oder?«
    Beim Wort ›Killer‹ zuckte Cato zusammen. Als ein Killer wollte er nun wirklich nicht dastehen. Ein Soldat, ja, in diesem Wort lag ein gewisses Maß an zivilisierter Glaubwürdigkeit. Das Soldatsein schloss zwar offensichtlich die Möglichkeit ein, andere Menschen zu töten, doch das, sagte sich Cato, gehörte nicht zum eigentlichen Wesen des Berufs, sondern war nur ein Nebeneffekt. Killer dagegen waren einfach nur Wüstlinge, die kaum moralische Werte kannten, wenn überhaupt. Jene Barbaren, die in der Dunkelheit der großen germanischen Wälder hausten, das waren echte Killer. Die metzelten andere einfach aus purem Spaß nieder, wie ihre endlosen, jämmerlichen Stammesstreitigkeiten nur allzu deutlich zeigten. Gewiss hatte auch Rom in seiner Geschichte Zeiten des Bürgerkriegs durchgemacht, doch unter der von den Kaisern auferlegten Ordnung war die Drohung innerer Konflikte praktisch verschwunden. Die römische Armee kämpfte mit einem moralischen Anspruch: die Ausbreitung zivilisierter Werte unter den rückständigen Wilden, die an den
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