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Cato 01 - Im Zeichen des Adlers

Titel: Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Autoren: Simon Scarrow
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zitterte leicht. Seine Kleidung war zwar durchnässt und aufgrund des langen Weges vom Stützpunkt in Aventicum bis hierher verdreckt, jedoch von erstaunlich guter Qualität. Was nun das Schreibgerät, die Bücher und den Brief an den Legaten anging … Nun, dieser Rekrut war von einem besonderen Schlag. Offenbar stammte er aus wohlhabenden Verhältnissen, aber warum in aller Welt trat er dann in die Armee ein?
    »Cato, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Man nennt mich Herr.« Macro lächelte.
    Als Cato so etwas wie Haltung annahm, lachte Macro. »Immer mit der Ruhe, Junge. Die Parade steht erst morgen an. Und jetzt wollen wir mal deinen Brief zustellen.«
    Macro versetzte dem jungen Burschen einen sanften Schubs in Richtung des Mittelpunkts des Stützpunkts, wo in der Ferne das Gebäude des Hauptquartiers aufragte.
    »Weißt du, was das für ein Siegel ist?«
    »Ja, Herr. Das kaiserliche Siegel.«
    »Und weshalb verwendet der kaiserliche Beamtenapparat einen Rekruten als Kurier?«
    »Ich habe keine Ahnung, Herr«, antwortete Cato.
    »Von wem ist der Brief?«
    »Vom Kaiser.«
    Macro unterdrückte einen Ausruf des Erstaunens. Der Bursche war sich seiner Aufmerksamkeit jetzt sicher. Warum in aller Welt ließ der Kaiser eine kaiserliche Botschaft durch einen verdammten Legionärsrekruten übermitteln? Aber vielleicht steckte ja mehr hinter dem Jungen, als man auf den ersten Blick meinen mochte. Macro kam zu dem Schluss, dass hier ein besonders taktvolles Vorgehen angebracht war, wenn er mehr in Erfahrung bringen wollte.
    »Entschuldige die Frage, aber was machst du hier?«
    »Was ich hier mache, Herr? Ich trete der Armee bei, Herr.«
    »Aber warum?«, hakte Macro nach.
    »Das hat mit meinem Vater zu tun. Er stand bis zu seinem Tod im Dienst des Kaisers.«
    »Was hat er gemacht?«
    Statt zu antworten, senkte der Junge den Kopf und schaute bekümmert drein.
    »Nun?«
    »Er war ein Sklave, Herr.« Selbst ein so rauer Bursche wie Macro spürte die Verlegenheit, mit der das Eingeständnis vorgebracht wurde. »Bis Tiberius ihn freiließ. Ich wurde kurz vorher geboren.«
    »Das ist hart.« Macro hatte Mitgefühl mit ihm; der Status des freien Bürgers bezog die Nachkommen nicht ein. »Ich nehme an, du wurdest bald darauf freigelassen. Hat dein Vater dich freigekauft?«
    »Das wurde ihm nicht gestattet, Herr. Aus irgendeinem Grund hat Tiberius ihm das untersagt. Mein Vater starb vor einigen Monaten. In seinem Testament bat er darum, mich unter der Bedingung freizulassen, dass ich weiterhin dem Reich diene. Kaiser Claudius willigte unter der Voraussetzung ein, dass ich in die Armee eintrete, und da bin ich nun.«
    »Hmmm. Nicht sonderlich großzügig.«
    »Da bin ich anderer Meinung, Herr. Jetzt bin ich frei. Das ist besser als ein Sklavenleben.«
    »Glaubst du wirklich?« Macro lächelte. Ihm erschien der Tausch eher ungünstig: die Annehmlichkeiten des Palasts gegen das entbehrungsreiche Leben in der Armee – und hin und wieder die Gelegenheit, in der Schlacht Leib und Leben aufs Spiel zu setzen. Macro hatte gehört, dass einige der wohlhabendsten und mächtigsten Männer Roms Sklaven und Freigelassene im kaiserlichen Dienst waren.
    »Wie dem auch sei, Herr«, fuhr Cato mit einem Anflug von Bitterkeit fort. »Ich hatte keine andere Wahl.«

2

    Als die beiden Gestalten aus der Dunkelheit auftauchten – der eine mit dem Kammhelm des Zenturios, der andere ein durchnässter Halbwüchsiger –, kreuzten die Wachen am Tor des Hauptquartiers die Speere. Sie traten in den flackernden Schein der Fackeln, die in Halterungen am Portikus festgeklemmt waren.
    »Losung?«, fragte einer der Wachposten.
    »Igel.«
    »Dein Anliegen, Herr?«
    »Der Bursche hat eine Nachricht für den Legaten.«
    »Einen Moment, Herr.« Der Soldat verschwand im Innenhof und ließ sie unter den wachsamen Blicken der übrigen drei Wachposten warten, allesamt große Männer – handverlesene Leibwächter des Legaten. Macro löste den Kinnriemen, nahm den Helm ab und klemmte ihn sich zur Vorbereitung auf die Begegnung mit einem ranghöheren Offizier unter den Arm. Cato streifte seine Kapuze zurück und strich sich das wirre Haar aus dem Gesicht. Macro bemerkte, dass der Bursche sich neugierig umsah, obwohl er vor Kälte zitterte. Ein Funken Mitgefühl regte sich in Macro, als er sich an seine eigenen Gefühle beim Eintritt in die Armee erinnerte: an die mit Angst vermischte Erregung, welche diese vollkommen unbekannte Welt mit ihren strengen Regeln, ihren Gefahren und
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