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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe
Autoren: Benzoni Juliette
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von Le Puy seid Ihr vom Bischof als unser Reiseleiter ausgewählt worden, um an der Spitze unseres Trupps zu gehen, weil Ihr ihm als besonnener Mann erschienen seid und diesen Weg schon einmal zurückgelegt habt. Aber Ihr seid nicht unser ›Führer‹ in dem von Euch verstandenen Sinn.«
    »Was heißt das?«
    »Ihr seid ebensowenig Hauptmann, wie wir Soldaten sind. Begnügt Euch, ›mein Bruder‹, uns die Straßen entlangzuführen, und befaßt Euch nicht weiter mit uns! Dame Gillette wünscht die Reise fortzusetzen, und sie wird sie fortsetzen!«
    Ein Zornesfunkeln, das Cathérine bereits zu erkennen gelernt hatte, blitzte gefährlich in den grauen Augen des Mannes auf. Er trat einen Schritt auf die junge Frau zu.
    »Ihr wagt es, meiner Autorität zu trotzen?« rief er mit bebender Stimme.
    Cathérine hielt seinem Blick ohne Wimperzucken stand und warf ihm sogar ein kaltes Lächeln zu.
    »Ich trotze ihr nicht, ich weigere mich lediglich, sie anzuerkennen, so wie Ihr sie uns aufzwingen wollt. Im übrigen, beruhigt Euch, Dame Gillette wird Euch keinerlei Mühe machen. Sie wird den Weg zu Pferd fortsetzen.«
    »Zu Pferd? Wo glaubt Ihr wohl, ein Pferd auftreiben zu können?«
    Ermengarde, die dem Gespräch bis dahin mit Interesse gefolgt war, fand es jetzt an der Zeit, sich einzumischen. Sie humpelte zu Gerbert heran.
    »Ich habe Pferde, denkt Euch, und ich werde ihr eins geben! Habt Ihr etwas dagegen?«
    Diese Einmischung paßte dem Clermonteser ganz offensichtlich nicht. Er runzelte die Stirn und blickte die alte Dame mit unmißverständlicher Verachtung an:
    »Wer ist die da?« fragte er. »Woher kommt Ihr, gute Frau?«
    Das bekam ihm schlecht. Die Edle von Châteauvillain wurde plötzlich puterrot. Fest auf ihre Krücken gestützt, richtete sie sich zu ihrer vollen Höhe auf, was ihr Gesicht fast auf gleiche Höhe mit dem Bohats brachte. »Euch, mein Junge, müßte man fragen, woher Ihr kommt, daß Ihr Euch so flegelhaft benehmt! Himmelkreuzdonnerwetter! Ihr seid wahrhaftig der erste, der es gewagt hat, mich ›gute Frau‹ zu nennen, und ich rate Euch, es nicht noch einmal zu tun, wenn Ihr nicht wollt, daß meine Männer Euch Höflichkeit beibringen. Trotzdem, da ich die Absicht habe, mich Euch anzuschließen, um den Weg mit meiner Freundin, der Gräfin de Be… de Montsalvy, zurückzulegen, willige ich ein, Euch zu sagen, daß ich Ermengarde heiße, Dame und Gräfin de Châteauvillain im Lande Burgund, und daß selbst Herzog Philippe seine Worte wägt, wenn er mit mir spricht! Noch etwas?«
    Gerbert Bohat zögerte, mit sichtlicher Mühe eine unverschämte Bemerkung zurückhaltend, aber der herrische Ton der alten Dame verfehlte trotz allem seine Wirkung nicht.
    Er öffnete den Mund, schloß ihn wieder, hob die Schultern und sagte schließlich:
    »Ich habe nicht die Macht, sosehr ich es wünschte, Euch zu hindern, Euch uns anzuschließen, auch nicht, diese Frau mitzunehmen, da Ihr Euch um ihre Beförderung kümmert.«
    »Danke, Bruder«, sagte Gillette freundlich und mit einem schwachen Lächeln. »Seht, ich muß zum Grab des heiligen Jakob pilgern, es ist nötig … damit mein Sohn seine Gesundheit wiedererlange.«
    Cathérine, deren scharfe Augen nicht von dem Gesicht Bohats wichen, hatte den Eindruck, daß sein Zorn verebbte. Etwas, das an Bedauern gemahnte, war in seinen Augen zu lesen. Er wandte den Kopf ab.
    »Macht, was Ihr wollt!« sagte er barsch. »Dankt mir nicht!« Er entfernte sich, aber im Vorbeigehen fing Cathérine den Blick auf, den er ihr zuwarf. Von nun an war dieser Mann ihr Feind, dessen war sie sicher. Was sie aber nicht verstehen konnte, war der sonderbare Ausdruck in seinem Blick, als er sie angesehen hatte. Hinter der kalten Wut und der Rachsucht lag noch etwas. Und dieses Etwas war, hätte Cathérine schwören können, Angst.
    An all dies dachte sie in der eiskalten Kapelle, inmitten des Lärms der schlecht aufeinander abgestimmten Stimmen, die feierlich ihr Gottvertrauen bekundeten. Was war an ihr, das einem so selbstsicheren Mann wie Gerbert Bohat Furcht einflößen konnte? … Da es auf diese Frage im Augenblick keine Antwort gab, beschloß die junge Frau, das Nachdenken darüber auf später zu vertagen. Übrigens würde ihr die große Menschenkenntnis Ermengardes bei Gelegenheit vielleicht noch nützlich sein können.
    Mechanisch verließ sie die Kirche wie die anderen, empfing wie die anderen das Stück Brot, das der Pater für die Verpflegung an der Pforte des Hospizes den
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