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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe
Autoren: Benzoni Juliette
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Scheidenden reichte, und nahm ihren Platz inmitten ihrer Gefährten wieder ein. Sie hatte das Pferd, das Ermengarde ihr anbot, abgelehnt. Ihre Füße, deren einer eine große, jetzt aufgegangene Blase hatte, waren von Schwester Leonarde geschickt verbunden worden, und sie fühlte sich fähig zu marschieren.
    »Ich werde Euch um Hilfe bitten, wenn ich nicht mehr weiter kann«, sagte sie zu Ermengarde, die zwei Barmherzige Schwestern auf ein großes, ebenso rotes Pferd wie sie selbst hoben. Zwei andere hatten Gillette auf einen lammfrommen Zelter gesetzt, der bislang eine der Frauen der Edlen getragen hatte. Die beiden Kammerzofen, die mit vier Bewaffneten das gesamte Gefolge der Dame Ermengarde bildeten, begnügten sich mit einem gemeinsamen Pferd und hatten sich in der Nachhut unter einige Berittene des Trupps eingereiht.
    Das Portal öffnete sich wieder vor der ausgeruhten Kolonne. Der Schnee und der Nebel des vergangenen Tages waren nur noch eine Erinnerung. Die Sonne schien am blauen, völlig wolkenlosen Himmel, und die Frische der morgendlichen Stunde ließ trotz allem eine schöne und milde Reise erhoffen. Kaum hatten sie die Mauern des alten Hospizes hinter sich, wurde der Weg breit und steinig und senkte sich auf die Sohle einer mit frischem Gras bewachsenen Mulde, erster Absatz vor dem tiefen Tal des Lot, aus dem dichter bläulicher Nebel aufstieg. Josse Rallard und Colin des Epinettes marschierten wie auf Verabredung zu beiden Seiten Catherines. Der letztere schien seine mißmutige Miene von tags zuvor abgelegt zu haben. Er betrachtete die an diesem klaren Morgen so freundliche Landschaft mit einem zufriedenen Lächeln.
    »Die Natur!« schwärmte er Cathérine vor. »Welche Pracht! Wie kann man nur in unseren stinkenden Städten wohnen, wenn man soviel Frische, Sauberkeit und Freiheit um sich hat!«
    »Besonders, wenn es in besagten Städten so viele unmögliche Frauen gibt!« meinte Josse mit einem liebenswürdig-boshaften Lächeln zu seinem Gefährten hinüber. Aber der Bürger aus Paris schien den Einwurf nicht sonderlich zu schätzen, denn er machte plötzlich ein saures Gesicht, hob die Schultern und schritt ein wenig voran. Cathérine warf ihrem Nachbarn einen fragenden Blick zu. »Warum ist er böse?« fragte sie. »Habt Ihr etwas Unangenehmes zu ihm gesagt?«
    Josse brach in Lachen aus, zwinkerte der jungen Frau zu und hob munter seinen Bettelsack auf die Schulter.
    »Wenn Ihr Euch mit dem ausgezeichneten Colin gutstellen wollt«, flüsterte er, »dann vermeidet vor allem, über Frauen im allgemeinen und die seine im besonderen mit ihm zu sprechen.«
    »Warum denn?«
    »Weil es die schrecklichste Xanthippe ist, die der Teufel jemals auf die Erde gebracht hat, und wenn unser würdiger Freund, der nichts von einem fahrenden Ritter oder einem Paladin an sich hat, sich in die Abenteuer einer Pilgerfahrt gestürzt hat, dann einzig und allein, um ihr zu entwischen. Er besitzt alles: Gesundheit, Vermögen, Achtbarkeit. Aber leider auch die Dame Aubierge, und um von ihr entfernt zu leben, glaube ich, wäre er fähig, bis in den ägyptischen Sudan zu laufen! Ich bin sicher, daß er, wenn er die Wahl zwischen Sklavenketten und seinem Sessel in der Rue des Haudriettes hätte, die Ketten vorzöge!«
    »So steht es also?« rief Cathérine erschrocken. »Streitet sie sich so mit ihm?«
    »Noch schlimmer!« erwiderte Josse betrübt. »Sie prügelt ihn windelweich!«
    Nachdem er dies gesagt und Gerbert Bohat an der Spitze des Zuges eine Litanei angestimmt hatte, um den Rhythmus des Marsches anzugeben, begann Josse ein Trinklied zu trällern, das den Vorzug hatte, unendlich lustiger zu sein.

Kapitel 2
    Man legte in zwei Tagen die schwierige Strecke zurück, die durch das Tal des Lot und die steilen Schluchten des Doudou von Aubracin die heilige Stadt Conques führte. Zwanzig Wegstunden waren es, unterbrochen nur von einer kurzen Nacht in Espalion in der uralten Kommandantur der Tempelritter, wo andere Mönchssoldaten, die Barmherzigen Brüder von Sankt Johann aus Jerusalem, ihr Bestes taten, die Pilger zu laben und zu stärken. Gerbert Bohat schien von einer Art Wut besessen zu sein und wollte nichts von Klagen noch von den Schmerzen seines Trupps hören.
    Für Cathérine waren diese beiden Tage ein Stück Hölle gewesen. Ihr verletzter Fuß machte ihr schwer zu schaffen, aber sie hatte sich hartnäckig geweigert, ein Pferd zu besteigen. Wenn sie diese Reise nicht wie die Bedürftigsten der Pilger zurücklegte und
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