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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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besonders gut zur Geltung. Und Daddy war bei ihr, immer war Daddy bei ihr. Ich sah Bilder von Leigh in der Schule, beim Schwimmen am Strand, in privaten Swimmingpools, stolz auf ihre gerade entwickelte Figur. Ihre Haltung zeigte mir, daß sie stolz war, und ringsherum standen bewundernde Freude. Und dann, ganz plötzlich, verschwand Daddy aus den Bildern.
    Und mit ihm verschwand auch Leighs glückliches Lachen, düster blickten jetzt ihre Augen, und ihre Lippen verloren die Fähigkeit zum Lachen. Da war Mammi mit einem neuen Mann, viel jünger und hübscher. Spontan wußte ich, dieser tiefbraune, blonde Mann war der zwanzigjährige Tony Tatterton. Und seltsamerweise konnte das hübsche, strahlende Mädchen, das zuvor so überwältigend in die Kamera gelächelt hatte, nicht einmal ein leichtes, falsches Lächeln zustande bringen. Nun konnte sie nur noch leicht distanziert neben ihrer Mutter mit dem neuen Mann dastehen.
    Rasch schlug ich die letzte Seite um. Aha, Jillians zweite Hochzeit! Meine zwölfjährige Mutter im langen, pinkfarbenen Brautjungfernkleid, mit einem Strauß aus zartrosa Rosen. Knapp neben ihr ein sehr kleiner Junge, der zu lächeln versuchte, obwohl Leigh VanVoreen nicht die geringsten Anstalten dazu machte. Der kleine Junge mußte Tonys Bruder Troy sein, ein schmächtiger Junge mit einem dunklen Haarschopf und riesigen Augen, die nicht gerade glücklich dreinsahen. Müde und emotional leer wollte ich jetzt nur noch allem, was da so schnell auf mich einstürmte, entfliehen. Meine Mutter hatte ihrem Stiefvater mißtraut oder ihn nicht ausstehen können! Wie konnte ich ihm da jetzt vertrauen? Trotzdem mußte ich bleiben, um meinen College-Abschluß zu erreichen, der meine ganze Zukunft bedeutete.
    Ich stand am Fenster und sah auf die Auffahrt hinunter, die im Kreis herumführte, bis sie in einer langen, kurvenreichen Straße nach draußen führte. Und dabei beobachtete ich Jillian und Tony, die in Abendgarderobe in ein schönes, nagelneues Auto stiegen, das er steuerte. Diesmal also keine Limousine… vielleicht weil sie keinen Chauffeur auf sich warten lassen wollten?
    Als ihr Auto außer Sichtweite war, fühlte ich mich einsam, ganz schrecklich einsam.
    Was sollte ich bis sieben Uhr mit mir anfangen? Ich war schon jetzt hungrig. Warum hatte ich das nicht zu Percy gesagt? Was war denn nicht in Ordnung mit mir, daß ich mich so schüchtern und verletzbar fühlte, während ich doch beschlossen hatte, stark zu sein? Es war, weil ich zu lange eingesperrt war, im Flugzeug, im Auto und dann hier. Deshalb ging ich hinunter und zog meinen blauen Mantel aus einem Schrank, der ein halbes Dutzend von Jillians Pelzmänteln barg. Und dann ging ich direkt zur Haustür.

 
    3. K APITEL
     
    J ENSEITS DES L ABYRINTHS
     
     
     
    Rasch und wütend rannte ich davon, ohne zu wissen, wohin. Mir war nur bewußt, daß ich, wie sich Tony ausgedrückt hatte, tief »den Salzgeruch des Meeres« einatmete. Einige Male drehte ich mich um, um Farthy von außen bewundern zu können. So viele Fenster zu putzen, so hohe und breite Fenster! Und der ganze Marmor – wie hielten sie das sauber? Während ich etwas langsamer rückwärts ging, versuchte ich herauszufinden, welches meine Fenster waren. Plötzlich stieß ich mit etwas zusammen, und als ich mich rasch umdrehte, stand ich vor einer Hecke, die fast wie eine Mauer wirkte, so hoch war sie, und sie schien endlos. Fasziniert von dem Gedanken, was das sein könnte, folgte ich der Hecke, bis ich mir sicher war. Ja, es handelte sich um ein englisches Labyrinth! Und mit einem gewissen kindischen Vergnügen betrat ich es, wobei ich keinen Augenblick daran dachte, daß es mich auch in die Irre führen könnte. Ich würde den Ausgang schon finden, denn bei Puzzles war ich immer gut gewesen. Wenn es um Intelligenztests ging, hatten Tom und ich es immer verstanden, unsere Mäuse zum Käse oder unsere Piraten zu den Schatztruhen zu schicken.
    Hübsch war es hier drinnen mit den Hecken, die zehn Fuß hoch wuchsen und exakt im rechten Winkel liefen, und so still! Das ganz leise Zwitschern der Gartenvögel hörte man schwach und nur von Ferne, sogar die klagenden Schreie der Seemöwen hoch droben klangen gedämpft, weit weg. Obwohl das Haus so nahe gewirkt hatte, war es jetzt, als ich mich danach umdrehte, verschwunden – wo war es? Die riesigen Hecken schlossen die Wärme der untergehenden Sonne aus, und bald wurde es mehr als nur angenehm kühl. Meine Schritte wurden schneller.

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