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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
Autoren: V.C. Andrews
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überdachte die Situation: Ich könnte mich umdrehen und zurückgehen – aber bei einem Blick über die Schulter mußte ich feststellen, daß der Nebel noch dichter geworden war und ich nicht einmal das Labyrinth sehen konnte!
    Nach dem beißenden Geruch von brennendem Holz zu schließen mußte dort Rauch aufsteigen. Das war’s – ein Gärtnerhäuschen! Und drinnen ein älterer Mann mit seiner Frau, die sich gerade zu einem einfachen Essen hinsetzten. So etwas würde meinem Appetit sicher mehr Spaß machen als alle Feinschmecker-Delikatessen, die in einer Küche zubereitet worden waren, die Tony nicht einmal das Vorzeigen wert gewesen war.
    Das Licht aus den Fenstern strahlte nicht nach draußen auf den Weg, um es für mich heller zu machen. Gedämpft schien es, als ob es gleich wieder verschwinden würde. Ich steuerte auf die Fensteröffnungen zu, bevor auch sie sich noch im Nebel auflösen würden.
    An der Haustüre zögerte ich, bevor ich klopfte.
    Drei-, viermal schlug ich an die dicke Tür, an der ich meine Hände beim Klopfen verletzte – und noch immer keine Antwort! Irgend jemand war da drinnen, ich wußte, daß jemand drinnen war! Wer auch immer, er ignorierte mich, und das machte mich ungeduldig. Im Vertrauen, jetzt ein mehr oder weniger bedeutendes Mitglied der Tatterton Familie zu sein, drehte ich den Türknopf und betrat einen halbdunklen Raum, der nur vom Feuer erhellt wurde. In der Hütte war es sehr warm. Mit dem Rücken zur Tür blieb ich stehen und starrte auf einen jungen Mann, der dasaß und mir seinerseits den Rücken zukehrte. Nach seinen langen, schlanken Beinen, die in engen schwarzen Hosen steckten, zu urteilen, mußte er groß sein. Er hatte breite Schultern und dunkelbraune Locken, die an den Spitzen vom Feuerschein rötlich schimmerten. Ich starrte auf diese Locken und mußte daran denken, daß ich immer geglaubt hatte, Keiths Haare würden so aussehen, wenn er einmal ein erwachsener Mann wäre. Kräftige Locken waren es, die sich in seinem Nacken nach oben kräuselten. Ganz leicht berührten sie den weißen Kragen seines dünnen Hemdes, das mit den weiten Ärmeln wie das Kostüm eines Künstlers oder Dichters wirkte.
    Er drehte sich ein wenig herum, als ob ihm meine Gegenwart erst durch meine ziemlich lange Musterung bewußt geworden wäre. Jetzt konnte ich sein Profil betrachten, und ich hielt den Atem an – und das nicht nur wegen seines tollen Aussehens! Auch Pa sah auf seine kräftige, animalische und brutale Art gut aus, auch Logan war in seiner eigenwilligen Art ein klassischer Typ. Aber dieser Mann hatte etwas ganz anderes an sich, etwas Besonderes, wie ich es bisher noch nie gesehen hatte. Plötzlich tauchte Logans Bild vor meinen Augen auf, und ich bekam ein schlechtes Gewissen. Aber Logan hatte mich doch im Stich gelassen, er hatte mich auf dem Friedhof mitten im Regen allein stehenlassen. Logan hatte nicht mehr verstehen wollen, daß ein fünfzehn oder sechzehnjähriges Mädchen einen Mann, der sich um sie gekümmert hatte, manchmal nicht bändigen kann, außer indem es nachgab. Und das alles nur, damit er ihr Freund bliebe. Aber die Geschichte mit Logan war vorbei, und soweit ich sah, würde ich ihn nie mehr treffen. Versonnen starrte ich weiter auf diesen Mann, denn die unerwartete Art mit der mein Körper auf seinen bloßen Anblick reagierte, verblüffte mich. Ohne mich auch nur anzusehen, wirkte er hautnah auf mich, als ob er mich dringend brauchen würde, als ob er mir suggerieren wollte, auch bei mir wäre es so! Das Gefühl, das von ihm ausging, warnte mich aber auch, langsam vorzugehen und vorsichtig zu sein, auf Distanz zu bleiben. In dieser Phase meines Lebens brauchte und wollte ich keine Liebesaffäre. Von Männern, die mich zu Sex zwangen, obwohl ich noch gar nicht dazu bereit war, hatte ich die Nase voll. Und trotzdem stand ich hier zitternd und fragte mich verwundert, wie ich denn reagieren würde, wenn er sich erst ganz herumdrehen würde. Hatte mich doch schon sein Profil so sehr erregt. Zynisch redete ich mir ein, er hätte irgendeinen Fehler, wenn ich ihn ganz betrachten könnte. Und das wäre dann auch der Grund, warum er peinlichst bemüht war, sein Gesicht ihm Schatten zu verbergen. Immer noch saß er still da, halb zur Seite gedreht. Aber auch so ging von ihm eine Empfindsamkeit aus, wie vom Idealbild eines romantischen Dichters – oder war es eher der Eindruck einer wilden Antilope, die regungslos verharrt und lauscht, hellwach und jederzeit bereit
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