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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Schatten von gestern (Smiley Bd 1)
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im Ministerium einen völlig erschöpfenden Bericht
über diese Affäre verlangen, und meine besondere Aufgabe ist es, ihn zu geben.
Besonders jede Art von Information über Fennans Gemütszustand unmittelbar nach
der Einvernahme durch . . . durch uns. Vielleicht hat er mit seiner Frau
darüber gesprochen. Es muß nicht sein, aber wir müssen realistisch denken.«
    »Wünschen
Sie, daß ich hingehe?«
    »Irgendwer
muß es ja. Da ist noch die Frage der Leichenschau. Natürlich wird das das
Innenministerium entscheiden müssen, aber im Augenblick haben wir einfach
keine Tatsachen. Die Zeit drängt, und Sie kennen den Fall, weil Sie ja die Hintergründe
untersucht haben. In dieser kurzen Zeit kann sich niemand in die Sache
einarbeiten. Wenn überhaupt wer geht, dann werden Sie es sein müssen, Smiley.«
    »Und wann
soll ich gehen?«
    »Es
scheint, als wäre Mrs. Fennan eine etwas ungewöhnliche Frau. Eine Ausländerin,
auch Jüdin, die während des Krieges schrecklich gelitten hat, was die
Verwirrung nur noch größer macht. Sie hat einen starken Charakter und ist durch
den Tod ihres Mannes verhältnismäßig wenig bewegt. Das ist zweifellos nur an
der Oberfläche so. Aber sie ist feinfühlig und sie redet. Nach dem, was mir
Sparrow sagt, verschließt sie sich nicht und wird Sie wahrscheinlich
empfangen, sobald Sie hinkommen können. Die Polizei von Surrey kann ihr
mitteilen, daß Sie auf dem Wege zu ihr sind, und Sie können sie gleich in der
Früh besuchen. Ich werde Sie dann dort später am Tag anrufen.«
    Smiley
wandte sich zum Gehen.
    »Oh . . .
übrigens, Smiley . . .« Er fühlte Mastons Hand auf seinem Arm und drehte sich
um. Maston hatte das Lächeln aufgesetzt, das er gewöhnlich für die älteren
Damen des Dienstes reserviert hatte. »Smiley, Sie können natürlich auf mich
zählen, das wissen Sie ja. Sie können mit meiner Unterstützung rechnen.«
    Mein Gott,
dachte Smiley, der arbeitet wirklich Tag und Nacht. Wie ein Kabarett, das
vierundzwanzig Stunden spielt. »Bei uns ist Tag und Nacht was los.« Er trat
auf die Straße hinaus.
     
    Elsa Fennari
     
    Merridale
Lane ist einer von jenen Winkeln in Surrey, wo die Einheimischen einen
pausenlosen Verteidigungskrieg gegen das Stigma der Provinz führen. Bäume, die
in allen Vorgärten nach Kräften gedüngt und sorgfältig gehegt werden, verbergen
zum Teil die langweilig schäbigen Einheits-Wohnstätten, die sich hinter sie
ducken. Die Ländlichkeit der Gegend wird noch unterstrichen durch die
geschnitzten Eulen, die die Hausnamen bewachen, und Gartenzwerge, von denen
die Farbe abblättert und die sich unermüdlich über Goldfischteiche beugen. Die
Bewohner von Merridale Lane streichen ihre Zwerge nicht, weil sie glauben, daß
das eine provinzielle Untugend wäre, und aus demselben Grund geben sie auch
ihren Eulen keinen neuen Firnis, sondern warten geduldig darauf, daß der Zahn
der Zeit diesen Schätzen das verwitterte Aussehen von Antiquitäten verleihen
werde, auf daß eines Tages sogar die Balken der Garage mit ihren Käfern und
Bohrwürmern prahlen mögen.
    Es ist
nicht gerade eine Sackgasse, obwohl die Grundstücksmakler das behaupten. Nach
wenigen Häusern degeneriert diese Abzweigung der Entlastungsstraße nach
Kingston verzagt zu einem Kiesweg, der seinerseits zu einem traurigen, kotigen
Pfad durch Merries Field dahinschwindet, dieser endlich mündet in eine Gasse,
die von Merridale Lane nicht zu unterscheiden ist. Bis etwa 1920 hatte dieser
Weg zur Pfarrkirche geführt, aber jetzt steht die Kirche auf einem Platz, der
eigentlich eine Verkehrsinsel an der Straße nach London ist, und der Pfad, auf
dem die Gläubigen einst zum Gottesdienst gingen, bildet heute eine überflüssige
Verbindung zwischen den Bewohnern von Merridale Lane und Cadogan Road. Der
Streifen offenen Landes, der Merries Field heißt, hat bereits eine Bedeutung
erlangt, die weit über seine Bestrebungen hinausgeht. Er hat einen tiefen Keil
in den Bezirksrat getrieben, und zwar zwischen die Fortschrittlichen, die das
Land erschließen, und die Konservativen, die den ursprünglichen Zustand
erhalten wollen, und das so erfolgreich, daß gelegentlich die ganze
Maschinerie der lokalen Verwaltung in Walliston blockiert war. Jetzt hat sich
eine Art von natürlichem Kompromiß herauskristallisiert. Durch die drei
Stahlmaste, die in regelmäßigen Abständen aufgestellt worden sind, wird
Merries Field weder erschlossen noch in seinem ursprünglichen Zustand belassen.
In der Mitte befindet
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