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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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war
in dieser Nacht nicht tatsächlich eine Kleinigkeit schiefgegangen?« fragte
Smiley und dachte an Sam Collins und die Frage, ob Ellis erschossen wurde.
Haydon gab zu, daß es so gewesen sei. Wäre alles nach Plan gegangen, so hätten
die ersten tschechischen Bulletins um zehn Uhr dreißig einlaufen müssen. Haydon
hätte Gelegenheit gehabt, in seinem Club die Meldungen des Fernschreibers zu
lesen, nachdem Collins Ann angerufen hatte und ehe er zum Circus ging, um die
Sache in die Hand zu nehmen. Aber weil Jim getroffen worden war, hatte es am
tschechischen Ende Kuddelmuddel gegeben und das Bulletin war erst herausgekommen,
nachdem sein Club geschlossen hatte. »Ein Glück, daß keiner es nachgeprüft
hat«, sagte er und nahm sich noch eine von Smileys Zigaretten. »Welcher war ich
übrigens?« fragte er leichthin. »Ich hab's vergessen.«
    »König.
Ich war Dame.«
    Smiley
hatte nun genug und ging, ohne sich zu verabschieden. Er stieg in sein Auto und
fuhr eine Stunde lang blindlings dahin, bis er sich mit hundertzwanzig auf
einer Landstraße nach Oxford befand, also machte er halt, aß zu Mittag und fuhr
nach London zurück. Er konnte sich noch immer nicht entschließen, in die
Bywater Street zurückzukehren und ging ins Kino, aß irgendwo zu Abend und kam
um Mitternacht leicht angetrunken nach Hause, wo er Lacon und Miles Sercombe
auf der Türschwelle vorfand und Sercombes blödsinnigen Rolls-Royce, die
schwarze Bettpfanne, in seinen ganzen fünfzehn Metern Länge schräg über den
Gehsteig geparkt sah.
    Sie fuhren
in einem Affentempo nach Sarratt, und dort saß, inmitten der Nacht unter einem
klaren Himmel, beleuchtet von mehreren Stablampen und angestarrt von mehreren
leichenblassen Insassen der Nursery, Bill
Haydon auf einer Gartenbank und blickte auf das mondbeschienene Kricketfeld. Er
trug einen gestreiften Pyjama unter seinem Mantel, der aussah wie ein Sträflingsanzug.
Seine Augen waren geöffnet und sein Kopf unnatürlich nach der Seite verdreht,
wie der Kopf eines Vogels, dem eine kundige Hand den Hals umgedreht hat. Über
das, was geschehen war, wurde weiter nicht geredet. Um 10 Uhr 30 hatte Haydon
vor seinen Wächtern über Schlaflosigkeit und Übelkeit geklagt, er meinte, er
müsse etwas frische Luft schöpfen. Da sein Fall für abgeschlossen galt, kam keiner
auf den Gedanken, ihn zu begleiten, und so spazierte er allein in die
Dunkelheit hinaus. Einer der Wächter erinnerte sich, wie er gescherzt habe, er
wolle »den Zustand des Kricket-Tores untersuchen«. Der andere war zu sehr ins
Fernsehen vertieft gewesen, als daß er sich an irgend etwas hatte erinnern
können. Nach einer halben Stunde wurde es ihnen mulmig, und der ältere Wächter
ging, um nachzuschauen, während sein Gehilfe im Haus blieb für den Fall, daß
Haydon zurückkommen sollte.
    Haydon
wurde dort gefunden, wo er jetzt saß. Zunächst nahm der Wächter an, er sei
eingeschlafen. Als er sich über ihn beugte,
    schlug ihm
eine Alkohol-Fahne entgegen - er vermutete Gin oder Wodka -, und er hielt
Haydon für betrunken.
    Dies
überraschte ihn, da sich in der Nursery offiziell
kein Alkohol befand.
    Erst als
er versuchte, Haydon hochzuheben, sackte dessen Kopf weg, und der Rest folgte
in seiner ganzen Schwere nach. Er mußte sich übergeben haben (die Spuren waren
an einem Baum zu besichtigen), und so stützte der Wächter ihn wieder auf und
schlug Alarm.
    Ob Haydon
während des Tages irgendwelche Nachrichten erhalten habe, fragte Smiley. Nein,
aber sein Anzug sei von der Reinigung zurückgekommen, und möglicherweise sei
darin eine Botschaft versteckt worden - zum Beispiel die Aufforderung zu einem
Treffen.
    »Die
Russen haben das also getan«, verkündete der Minister befriedigt in Richtung
Haydons regungsloser Gestalt. »Ihn am Ausplaudern zu hindern, nehme ich an.
Verdammte Bande!«
    »Nein«,
sagte Smiley. »Sie setzen alles daran, um ihre Leute zurückzubekommen .«
    »Wer zum
Teufel hat es dann getan?«
    Jeder
wartete auf Smileys Antwort, aber es kam keine. Die Stablampen verloschen, und
die Gruppe bewegte sich langsam auf den Wagen zu.
    »Können
wir ihn trotzdem hergeben?« fragte der Minister auf dem Rückweg.
    »Er war
sowjetischer Staatsbürger. Sollen sie ihn haben«, sagte Lacon, wobei er in der
Dunkelheit immer noch Smiley beobachtete.
    Sie waren
sich darüber einig, daß es um die Netze schade sei. Mal sehen, ob Karla
trotzdem auf den Handel eingehen würde. »Bestimmt nicht«, sagte Smiley.
     
    George
Smiley kehrt zu
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